„Absolute Respektlosigkeit“ – Laschet wegen Terminkollisionen scharf angegriffen
Die Union liegt in den Umfragen kurz vor der Bundestagswahl am 26. September auf einem historischen Tiefstand. Dementsprechend hoch sind die Erwartungen gegenüber dem Kanzlerkandidaten der Union, Armin Laschet.
Auch die rot-grüne Opposition in seiner Heimat Nordrhein-Westfalen macht Druck auf den CDU-Ministerpräsidenten: Das Verhalten des Kanzlerkandidaten, dessen Wahlkampf- und Diensttermine sich manchmal überschneiden, trifft auf Unverständnis und Kritik.
Nachdem Laschet am Mittwochmorgen (8.9.) im Landtag der 49 Toten der Hochwasserkatastrophe in Nordrhein-Westfalen gedachte, eilte er vor Beendigung der parlamentarischen Unterrichtung nach Paris, zu einem Treffen mit Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron.
„Ein Affront gegen dieses Parlament“
SPD-Abgeordnete Sarah Philipp beklagte, Laschets Verhalten sei „zum wiederholten Male ein Affront gegen dieses Parlament“ und eine „absolute Respektlosigkeit“. Sie habe gehofft, dass der Kanzlerkandidat „zur Vernunft“ gekommen sei und sich von seinem ursprünglichen Plan verabschiedet hätte – „für das Parlament, für Nordrhein-Westfalen und gegen einen Wahlkampftermin in Paris“. Das sei aber offensichtlich „nicht der Fall“, monierte Philipp. Die Opposition forderte, Laschet solle ins Parlament zurückgeholt oder die Beratungen ausgesetzt werden – für den Vorstoß gab es aber keine Mehrheit.
Aus der CDU-Fraktion hieß es zur Verteidigung Laschets: Man solle jetzt nicht „Wahlkampf auf dem Rücken unserer Beziehungen zu Frankreich machen“. Auf Anfrage der „Süddeutschen Zeitung“ erklärte ein Sprecher der Staatskanzlei, dass die Reise des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten zum „Kanon anerkannter Entschuldigungsgründe“ gehöre, der zwischen den Parteien vereinbart wurde.
Reden für Flutopfer stoßen auf Kritik
Laschet hielt im Gedenken an die Flutopfer eine Rede im Landtag. Trotz früher Hinweise und Warnungen auf das kommende Unwetter hatte Laschet keinen Krisenstab eingerichtet, was ihm massive Kritik einbrachte. Während seiner Ansprache versprach er der Landesregierung, den Katastrophenschutz zu verbessern und den Betroffenen zu helfen. „Wir sind es den Opfern schuldig, den Wiederaufbau voranzutreiben. Eine solche Aufbauleistung haben wir zuletzt im Zweiten Weltkrieg bewältigen müssen“, sagte Laschet und betonte mit Blick in die Zukunft: „Wir müssen besser werden im Warnen.“
Innenminister Herbert Reul und Umweltministerin Ursula Heinen-Esser von der CDU betonen in ausführlichen Berichten, dass es sich bei der Flut im Ahrtal um ein Jahrhundertereignis gehandelt habe und dass eine präzise Unwetterwarnung für einzelne Gemeinden gar nicht möglich gewesen wäre. Die schwarz-gelbe Landesregierung versprach Verbesserungen, um frühere Warnungen zu ermöglichen.
SPD und Grüne zeigten sich wenig überzeugt von den Argumenten. Stattdessen fordern sie einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss. „Die Menschen wollen wissen, warum 49 Menschen gestorben sind“, sagte SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty. Es werde versucht, „mit Nebelkerzen zu werfen und vom eigenen Versagen abzulenken“.
Kutschaty interpretierte Laschets Reise nach Paris als Zeichen dafür, dass dieser inzwischen „jeden Anspruch aufgegeben hat, das Land NRW noch anständig regieren zu wollen“. Der Sozialdemokrat bekundete zwar Verständnis für Laschets Zwänge als Kanzlerkandidat und den Aufgaben, die das Amt als „Bevollmächtigter der Bundesrepublik Deutschland für kulturelle Angelegenheiten“ mit sich bringen würde: „Aber dass ein Ministerpräsident bei der Einbringung seines Haushalts noch nicht einmal anwesend ist, habe ich noch nicht erlebt.“ Dies sei schließlich „das Herzstück einer Regierungsarbeit“.
In Anspielung auf die seit Wochen miserablen Umfragewerte des CDU-Vorsitzenden fügte Kutschaty hinzu: „Die Nerven liegen blank!“
Auch die Grünen-Fraktionschefin Verena Schäffer echauffierte sich über die Rede von Politikern der Landesregierung und dem CDU-Vorsitzenden: „Die Verantwortung auf die Menschen abzuschieben, auf die Kommunen, auf den Deutschen Wetterdienst, so eine Rechtfertigungshaltung: Ich finde das eine Unverschämtheit.“
Zur Abwesenheit Armin Laschets bei der Haushaltsdebatte schrieben Schäffer und Josefine Paul laut „Süddeutscher Zeitung“, man habe „keinerlei Verständnis“ für Laschets Exkursionen, wenn die Haushaltsdebatten stattfänden. Laschet missachte den Landtag, denn die Termine der Plenarsitzungen stünden seit Monaten fest. (nw)
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