SPD-Parteitag: Lars Klingbeil neuer Generalsekretär – Schulz verteidigt Vorstoß für Vereinigte Staaten von Europa
![Titelbild](https://images-de.epochtimes.de/uploads/2017/12/urn-newsml-dpa-com-20090101-171206-99-162096_large_4_3_Die_Delegierten_der_SPD_entscheiden_auf_dem_am_Donnerstag_be-800x450.jpg)
Lars Klingbeil wurde zum Generalsekretär gewählt. Der Digitalpolitiker Klingbeil erhielt mit 70,6 Prozent ein eher schwaches Ergebnis. Zuvor hatte es Einwände gegen den Personalvorschlag von Schulz gegeben, weil manche in der SPD lieber eine Frau auf dem Posten des Generalsekretärs gesehen hätten oder eine stärkere Berücksichtigung des linken Parteiflügels anmahnten.
Der 39-jährige Bundestagsabgeordnete Klingbeil zählt zum rechten Parteiflügel. In seiner Rede schwor er die Partei nach der Niederlage bei der Bundestagswahl auf einen Kurs der Erneuerung ein: „Ich trete als Generalsekretär nicht dafür an, dass es gemütlich wird in der Partei“, sagte er. „Ich trete an, dass die Menschen uns wieder die Zukunft des Landes anvertrauen.“ Klingbeil löst Hubertus Heil ab, der nicht erneut kandidierte.
Bei den Vorstandswahlen schaffte unter anderem die bisherige Juso-Chefin Johanna Uekermann gleich im ersten Anlauf den Sprung in das auf 45 Mitglieder vergrößerte Führungsgremium. Hohe Zustimmungsraten erzielten besonders die rheinland-pfälzische Finanzministerin Doris Ahnen und Familienministerin Katarina Barley. Erst im zweiten Durchgang gewählt wurden Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller und der sächsische Landeschef Martin Dulig.
Kompass2018
Der Parteitag beschloss am Freitag in Berlin einen von der Parteispitze vorgeschlagenen Fahrplan, der zunächst einen Klärungsprozess mit dem Namen „Kompass2018“ vorsieht.
Auf Grundlage der Ergebnisse soll dann nach dem außerordentlichen Bundesparteitag 2018 ein Prozess zur Erarbeitung eines neuen Grundsatzprogramms eingeleitet werden. Das aktuelle Grundsatzprogramm der SPD stammt aus dem Jahr 2007.
Nach der schweren Niederlage bei der Bundestagswahl hatte SPD-Chef Martin Schulz eine personelle, inhaltliche und organisatorische Erneuerung der Partei angekündigt.
In den vergangenen Wochen diskutierte die SPD-Führung auf acht Regionalkonferenzen mit der Basis über Konsequenzen aus der Wahlschlappe und eine Neuaufstellung. Die Ergebnisse flossen in den Leitantrag „Die SPD erneuern: Unser Weg nach vorn“ ein, der auf dem von Donnerstag bis Samstag dauernden Parteitag zur Debatte steht.
Schulz verteidigt Umwandlung der EU zu Vereinigte Staaten von Europa
Der SPD-Vorsitzende Martin Schulz hat seinen Vorstoß für die Umwandlung der Europäischen Union in die Vereinigten Staaten von Europa gegen Kritik aus der Union verteidigt. Beim SPD-Parteitag in Berlin antwortete er den Skeptikern mit einem Zitat des englischen Dichters Robert Browning.
„Ich wage von Dingen zu träumen, die es niemals gab, und frage: Warum nicht?“ Schulz fügte hinzu: „Lasst uns in diesem Sinne die Vereinigten Staaten von Europa schaffen.“ Schulz hatte gestern gefordert, die Idee von den Vereinigten Staaten von Europa bis 2025 zu realisieren.
SPD fordert Ende der Austeritätspolitik in Europa
Die SPD will den Vorrang einer strikten Sparpolitik in Europa beenden. Ziel sei, „dass man die Austeritätspolitik überwinden will“, heißt es in einem Beschluss des Bundesparteitags in Berlin vom Freitag, der in diesem Punkt im Vergleich zur Vorlage der Parteiführung schärfer formuliert wurde. Konkret gefordert wird nun auch „ein menschenwürdiges Leben aller in Europa“.
SPD-Chef Martin Schulz bekräftigte in der Debatte sein am Donnerstag verkündetes Ziel, bis 2025 die europäischen Staaten zusammenzuführen: „Lasst uns die Vereinigten Staaten von Europa schaffen.“ Die Sozialdemokraten müssten eintreten „für ein Europa des Friedens, der Jugend, der Werte, der Gleichberechtigung, das die Menschenrechte aller Menschen in dieser Welt verteidigt“. Dafür lohne es zu streiten.
„Wir müssen wieder Leidenschaft für Europa entfachen“, warb Schulz für eine Wiederbelebung und Stärkung der europäischen Idee. Dazu gehöre aber auch, „dass Lohndumping und das Steuerdumping in Europa ein Ende haben müssen“. Da einzelne europäische Volkswirtschaften nicht im globalen Wettbewerb würden bestehen können, müsse Europa „im globalen Wettbewerb ein Schutz sein“.
Schulz lobte erneut die Initiativen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron für eine Reform der EU, auch wenn er nicht mit allen Vorschlägen im Detail übereinstimme. Der SPD-Chef beglückwünschte Macron zur Auszeichnung mit dem Internationalen Karlspreis zu Aachen: „Dazu will ich ihm hier von ganzem Herzen gratulieren.“ Zu den Vorschlägen Macrons gehören ein eigenständiges Budget und ein Finanzminister für die Eurozone.
In dem Parteitagsbeschluss wird unter anderem gefordert, „die EU als demokratische Wertegemeinschaft zu stärken“. Dazu gehöre auch sozialer Ausgleich „statt Marktradikalismus und reinem Sparzwang“. Die SPD wolle „Europa zu einem Raum der sozialen Sicherheit, der individuellen Freiheit und des Rechts machen“. Ziel sei eine „Demokratiegemeinschaft“, die „ökologische und soziale Mindeststandards und individuelle Grundrechte respektiert“.
Lars Klingbeil zum neuen Generalsekretär gewählt
Lars Klingbeil ist neuer Generalsekretär der SPD. Der Parteitag wählte den 39-Jährigen am Freitag mit 70,6 Prozent Zustimmung – einen Gegenkandidaten gab es nicht. Der SPD sei in den letzten Jahren „etwas verloren gegangen“ und die Partei müsse sich fragen, was das ist, sagte Klingbeil bei seiner Vorstellungsrede.
„Es liegt an uns, wir tragen die Verantwortung.“ Die Erneuerung der SPD sei die wichtigste Aufgabe der nächsten Jahre. Klingbeil, der als Internet-Experte gilt, kündigte neue Beteiligungsmöglichkeiten in der SPD an. Man könne am Smartphone fast das gesamte Leben organisieren – aber sich noch nicht politisch einbringen. „Wir werden das anbieten.“ Klingbeil war 2005 für knapp neun Monate und ist seit der Bundestagswahl 2009 erneut Abgeordneter im Deutschen Bundestag. Von 2003 bis 2007 war er stellvertretender Bundesvorsitzender der Jusos. Er löst Hubertus Heil als Generalsekretär ab, der erst im Juni 2017 das Amt von Katarina Barley übernommen hatte.
„Der Kern des Problems ist die Spaltung“
Die SPD muss nach den Worten von Fraktionschefin Andrea Nahles das Ringen um den Zusammenhalt der Gesellschaft in den Mittelpunkt ihrer politischen Arbeit stellen.
„Der Kern des Problems ist die Spaltung“, sowohl in Deutschland wie auch in anderen europäischen Staaten, sagte Nahles am Freitag auf dem SPD-Bundesparteitag in Berlin. Selbstkritisch fügte sie hinzu, die SPD habe trotz vieler Initiativen im Wahlkampf nicht hinreichend deutlich machen können, „was wir genau tun wollen, um den Zusammenhalt der Gesellschaft zu stärken“.
Spaltungslinien gebe es an vielen Stellen, sagte Nahles weiter. Da gebe es jene, die gesellschaftspolitisch „zurück in die 50er Jahre wollen“, und jene, „denen die Liberalisierung nicht schnell genug vorangeht“. Es gebe Menschen, die vom wirtschaftlichen Aufschwung profitieren und solche, „die seit Mitte der 90er Jahre keine Lohnerhöhung real mehr hatten“. Auch in der Bildung drifteten Schüler mit guten und mit schlechten Leistungen weiter auseinander, steigende Mieten verdrängten Menschen aus ihren angestammten Wohnquartieren.
„Wir werden alle parlamentarischen Mittel nutzen, um diese Themen der Zeit zu adressieren“, kündigte Nahles für die SPD-Bundestagsfraktion an. Dazu gehöre auch, dafür zu sorgen, „dass im digitalen Kapitalismus noch Mitbestimmung und gut bezahlte Arbeit existiert“. Unternehmerische Risiken dürften „nicht einfach auf den Einzelnen abgewälzt werden“. Zur Bekämpfung von Steuerflucht forderte Nahles „eine Mindeststeuer für Unternehmen, die hier Gewinne machen“.
Auf gesellschaftliche Spaltungen verwies Nahles auch beim Thema Einwanderung und Migration. Auch hier habe die SPD bisher „keine klare politische Antwort angeboten“. Die Fraktionschefin bekannte sich zum Grundrecht auf Asyl, fügte aber hinzu: „Wir sollten auch realistisch Schwierigkeiten, die da sind, benennen.“ Nahles bekräftigte die Forderung der SPD nach einem Einwanderungsgesetz. Dabei müsse aber klar sein: „Einwanderung benötigt auch Steuerung.“
Im Anschluss soll Lars Klingbeil zum neuen Generalsekretär gewählt werden. Er soll die Nachfolge von Hubertus Heil antreten, der nicht erneut kandidiert. Auch der Parteivorstand wird neu gewählt. Zudem stehen zahlreiche Anträge zu inhaltlichen und organisatorischen Fragen auf der Tagesordnung. Im Mittelpunkt steht dabei der Leitantrag der Parteispitze zur Erneuerung der SPD.
Zweiter Tag – SPD-Parteitag
Mit einer Rede von Bundestags-Fraktionschefin Andrea Nahles hat die SPD am Freitag ihren Bundesparteitag fortgesetzt.
Nahles beklagte vor den Delegierten in Berlin die Spaltung der Gesellschaft in Deutschland und Europa. Selbstkritisch fügte sie hinzu, die SPD habe trotz vieler Initiativen im Wahlkampf nicht hinreichend deutlich machen können, „was wir genau tun wollen, um den Zusammenhalt der Gesellschaft zu stärken“.
Im Anschluss soll Lars Klingbeil zum neuen Generalsekretär gewählt werden. Er soll die Nachfolge von Hubertus Heil antreten, der nicht erneut kandidiert. Auch der Parteivorstand wird neu gewählt.
Zudem stehen zahlreiche Anträge zu inhaltlichen und organisatorischen Fragen auf der Tagesordnung. Im Mittelpunkt steht dabei der Leitantrag der Parteispitze zur Erneuerung der SPD.
Am Donnerstag hatten die rund 600 Delegierten bereits Parteichef Martin Schulz im Amt bestätigt und die stellvertretenden Vorsitzenden gewählt. Zudem gab der Parteitag grünes Licht für die Aufnahme ergebnisoffener Gespräche mit der Union über eine Zusammenarbeit bei der Regierungsbildung. Der Parteitag endet am Samstag. (afp/dpa/dts)
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion