SPD-Politiker Bröker legt Geständnis ab – Landrat schwer belastet
Nach Monaten in Untersuchungshaft nun das Geständnis: Jens Bröker (SPD), einer der Hauptverdächtigen im Skandal um eine nordrhein-westfälische Schleuserbande, gab zu, seit 2018 Schmiergelder in einer Gesamthöhe von rund 300.000 Euro kassiert zu haben.
Im Gegenzug habe der Ex-Referatsleiter, der eine wichtige Rolle bei der Ansiedlung ausländischer Investoren im Kreis Düren spielte, die Ausländerbehörde und den Landrat Wolfgang Spelthahn (CDU) im Interesse der Schleuser beeinflusst. Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ (KStA) hatte als erstes Medium über diese womöglich entscheidende Einlassung Brökers berichtet.
Insgesamt stünden noch mehrere Dutzend Tatverdächtige im Visier der Ermittler – häufig aus Kreisen der nordrhein-westfälischen Kommunalpolitik und Wirtschaft. Im Fall einer Verurteilung wegen „gewerbsmäßigen Einschleusens“ drohen den Tatverdächtigen jeweils bis zu 15 Jahre Haft.
Bröker war am 17. April 2024 im Rahmen einer Großrazzia in acht Bundesländern verhaftet worden. Er soll sich zu einem schriftlichen Geständnis in der U-Haft am 4. Juli durchgerungen haben, wie der „KStA“ erst kürzlich erfahren hat. Danach sei er wieder auf freien Fuß gesetzt worden.
Bröker hatte laut dem „KStA“ zu Protokoll gegeben, „einen großen Fehler“ gemacht zu haben. Nun wolle er helfen, den gesamten Fall zu lösen.
Wie alles begonnen haben soll
Nach Darstellung Brökers soll Landrat Wolfgang Spelthahn eine wichtige Rolle im Geschäftsmodell der Schleuserbande gespielt haben, die jahrelang zahlungskräftigen Migranten – vorwiegend aus China – illegal Aufenthaltstitel in Deutschland verschafft haben soll.
Er selbst sei den mutmaßlichen Bandenchefs Claus Brockhaus und Johannes Dähnert, beide Rechtsanwälte, zum ersten Mal 2017 im Büro Spelthahns begegnet. Dabei habe man sich über ausländische Investoren unterhalten. Insbesondere der Frechener Anwalt Brockhaus habe jene Chancen betont, die wohlhabende Chinesen für den Landkreis bedeuten könnten. Danach habe er sich öfter mit ihm getroffen, wie Bröker dem „KStA“ zufolge im Protokoll bestätigt habe.
Im Frühjahr 2018 seien Brockhaus, Spelthahn, zwei Unternehmer und er selbst schließlich gemeinsam nach China gereist. Dort habe Bröker eigenen Angaben zufolge vor „Honoratioren“ Werbung für den Standort Düren gemacht: Die Region sei sicher und besitze eine exzellente Infrastruktur, auch in den Schulen. Im Herbst desselben Jahres sei man noch einmal nach Peking und Shanghai geflogen.
Bald habe sich Bröker regelmäßig als „Türöffner“ betätigt. Jeder erfolgreiche Antrag eines Einreisewilligen habe Bröker nach eigenen Angaben zwischen 500 und 1.500 Euro Schmiergeld eingebracht. Er habe die Geldscheine stets in Tüten erhalten – entweder von einem Kurier oder von Brockhaus persönlich, wie Bröker zu Protokoll gegeben hat. Seine Einnahmen habe er nicht mit dem Landrat Spelthahn geteilt. Dieser aber habe nach Darstellung Brökers bei einem Treffen am Ammersee im Jahr 2023 Geld für den 1. FC Düren verlangt: Andernfalls werde er nicht an einer erneut geplanten Reise nach China teilnehmen.
„Diese Äußerung ist weder wörtlich noch sinngemäß gefallen. Herr Spelthahn hat zu keinem Zeitpunkt einen China-Aufenthalt mit Zahlungen an den 1. FC Düren verknüpft“, hat Spelthahn-Anwalt Benedikt Pauka nach „KStA“-Angaben erklärt. Sein Klient habe vielmehr darauf bestanden, vor Ort auch die Automesse in Shanghai zu besuchen, damit er dort über die Wasserstoffpläne seines Kreises referieren konnte. So sei es letztlich auch gelaufen.
Landrat Spelthahn unter Druck
Nicht lange nach den Einlassungen Brökers am 9. Juli habe die Staatsanwaltschaft Düsseldorf das Büro des Landrats in Düren und auch dessen gemietete Villa am Ammersee durchsuchen lassen.
Gegen den Christdemokraten bestehe schon länger der Anfangsverdacht, gemeinsam mit Bröker gewerbs- und bandenmäßig Ausländer eingeschleust zu haben, zitiert „KStA“ die Staatsanwaltschaft. Beide stünden in insgesamt 81 Fällen im Verdacht, ihre Posten im Landkreis gemeinschaftlich dafür genutzt zu haben. Laut Staatsanwaltschaft seien die illegalen Aufenthaltsgenehmigungen manchmal sogar für solche Antragsteller verlängert worden, die gar nicht in Deutschland wohnten.
Mutmaßlicher Bandenchef Brockhaus kooperativ
Der mutmaßliche Bandenchef Brockhaus hatte nach Recherchen des „KStA“ bereits am 2. und 23. Mai in U-Haft ausgesagt, dass Spelthahn als Präsident des Regionalliga-Fußballvereins 1. FC Düren stets auf Sponsorensuche gewesen sei. Also sei eine Firma des Schleusernetzwerks als Trikotsponsor aufgetreten, ein weiteres Unternehmen habe für Bandenwerbung bezahlt. Darüber hinaus sollen aus Schleuserkreisen 600.000 Euro geflossen sein, um die Anzahlung für einen neuen Fußballplatz leisten zu können.
Nach Darstellung von Brockhaus hatten die Mitwisser generell bis zu 20.000 Euro pro bewilligtem Aufenthaltsstatus erhalten, berichtete der „KStA“. Außerdem seien einmalig 400.000 Euro an einen Komplizen Brökers gezahlt worden, als dieser ein Unternehmen gründen wollte. Dabei habe wahrscheinlich auch Landrat Spelthahn profitiert, vermute der Jurist.
Spelthahn-Anwälte weisen Vorwürfe zurück
Spelthahns Rechtsbeistände bestreiten jegliche Vorwürfe. Sein Strafverteidiger Christoph Arnold hat bereits vor Wochen erklärt, dass Sponsorenverträge „transparent dokumentiert, ordnungsgemäß versteuert und abgewickelt“ worden seien. Der gesamte Vereinsvorstand habe die Verträge mitgetragen. Bezüglich des Fußballplatzes habe ein Investor zwar Geld an den Verein bezahlt, allerdings nur 400.000 Euro. Es habe sich um eine Anzahlung für den Kauf des Vereinsgeländes gehandelt, auf dem der Geschäftsmann ein internationales Sportinternat habe aufbauen wollen. „Irgendeine Vorteilsgewährung“ zugunsten Spelthahns habe nie stattgefunden.
Spelthahns zweiter Rechtsanwalt Pauka hat ebenfalls erneut jegliche Verdachtsmomente zum Nachteil seines Klienten zurückgewiesen: „Herr Spelthahn hat sich zu keinem Zeitpunkt in irgendeiner Form an Schleusungen beteiligt und zu keinem Zeitpunkt Kenntnisse darüber gehabt. Der Sachverhalt ist ihm ausschließlich über die Medien und die Einsicht in die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Düsseldorf bekannt“, zitiert ihn der „KStA“.
Sein Mandant habe zudem niemals Mitarbeiter der Kreisverwaltung „außerhalb des gesetzlichen Rahmens“ beeinflusst: „Soweit allgemeine Besprechungen aus dem Bereich stattgefunden haben, waren stets Mitarbeiter der Fachbehörde anwesend und in jeder Hinsicht umfassend informiert“, so Pauka laut „KStA“.
Ausländerdezernat Düren: Aussage gegen Aussage
Auch in Bezug auf die Rolle der Dürener Ausländerbehörde bleibt es vorerst beim Prinzip Aussage gegen Aussage. Laut Brockmann sollen der ehemalige Leiter des Dürener Ausländerdezernats, Dirk Hürtgen (CDU), und dessen Nachfolgerin Sybille Haußmann (Grüne) ebenfalls von den Geschäftsmodellen gewusst haben, die den Hintergrund für die Schleusungen gebildet hätten.
Sowohl Hürtgen als auch Haußmann weisen laut „KStA“ jegliche Vorwürfe und Verdächtigungen zurück. Man habe sämtliche dienstlichen Entscheidungen stets „auf Basis der Gesetzeslage“ getroffen und von Firmenverflechtungen oder anderen illegalen Machenschaften zur Einschleusungen von Ausländern nichts gewusst. Vonseiten des Landrats habe es nie eine Beeinflussung gegeben.
Bröker verliert Anstellung bei indeland
Seinen Geschäftsführervertrag bei der kommunalen Entwicklungsgesellschaft indeland GmbH ist Bröker los. Nach Informationen des Jülicher Kultur- und Stadtmagazins „Herzog“ hatten ihn die Gesellschafter bereits Ende April 2024 abberufen und freigestellt. Am 18. Juli wurde Bröker fristlos gekündigt. Nach Angaben der „Aachener Zeitung“ war der Sozialdemokrat Bröker vor Jahren von Landrat Spelthahn auf die Stelle berufen worden – wegen seiner guten Kontakte zur SPD.
Nach Informationen von „Radio Rur“ will Bröker nun wenigstens um seinen „Minijob“ beim Landkreis Düren vor Gericht kämpfen. Dort sei er nach Bekanntwerden der Anschuldigungen ebenfalls fristlos gekündigt worden. Im September soll es einen Gütetermin geben.
Für alle Tatverdächtigen gilt die Unschuldsvermutung.
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