SPD-Innenminister wollen Sicherheitsüberprüfung für Parlamentsmitarbeiter
Die Innenminister der SPD haben am Montag, den 27. Mai, ein Treffen mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser im thüringischen Ohrdruf abgehalten. Hauptthema war dabei indirekt der Spionageskandal im EU-Parlament, wo ein mutmaßlicher Spion des chinesischen KP-Regimes sich das Vertrauen des AfD-Abgeordneten Maximilian Krah erschlichen hatte.
Nun will man eine gesetzliche Grundlage schaffen, um die „Integrität der Parlamente zu wahren“, wie der „Spiegel“ berichtet. Dies geht aus einer dreiseitigen Erklärung hervor, auf die sich die Minister geeinigt hätten. Diese skizziert ein Acht-Punkte-Arbeitsprogramm zur „Wehrhaftigkeit der Demokratie“ zum „Kampf gegen Extremisten“.
Pflicht zu Offenlegung und Sicherheitsüberprüfung mit Regelabfrage?
Federführende Autoren des Programms sind neben Faeser Hamburgs Innensenator Andy Grote und dessen thüringischer Amtskollege Georg Maier. Zu den zentralen Zielen des Papiers gehöre es, „Angehörige verfassungsfeindlicher Bestrebungen und andere Extremisten vom Zugang zu Räumen, vertraulichen Dokumenten und Informationen zuverlässig auszuschließen“.
Dazu denke man über eine „Offenlegung der Beschäftigten der Fraktionen und Abgeordnete“ nach. Gegebenenfalls müsse man die Grundlage für eine Sicherheitsüberprüfung einschließlich einer Regelabfrage bei den Verfassungsschutzämtern schaffen.
Dafür müsse unter anderem die Bundestagspolizei auf eine gesetzliche Grundlage gestellt werden. In einem solchen Gesetz ließe sich, so heißt es aus den Reihen der Minister, auch die Sicherheitsüberprüfung regeln.
Geltendes Gesetz betont Abgeordnetenprivileg
Derzeit ist das Sicherheitsüberprüfungsgesetz (SÜG) unklar formuliert, mit Blick auf die Problematik. Auf der einen Seite regelt es eine verpflichtende Sicherheitsüberprüfung für Personen, die Zugriff auf Dokumente ab einer bestimmten Geheimhaltungsstufe haben. Auf der anderen nimmt es gewählte Parlamentsabgeordnete explizit davon aus.
Zudem erscheint es als verfassungsrechtlich bedenklich, diesen Vorgaben über Personen machen zu wollen, derer sie sich zur Unterstützung der Ausübung ihres Mandats bedienen. Dies könnte eine Beeinträchtigung des freien Mandats darstellen.
Allerdings kann die Bundestagsverwaltung Mitarbeitern von Abgeordneten die Ausstellung eines Hausausweises verwehren, wenn sie Anhaltspunkte für Sicherheitsrisiken sieht. Dies war beispielsweise 2016 schon einmal der Fall. Damals ging es darum, dass der Linkspartei-Abgeordnete Dieter Dehm den verurteilten RAF-Terroristen Christian Klar mit der technischen Gestaltung seines Internetauftritts betraute. Dehm meldete Klar daraufhin als „persönlichen Gast“ an, sobald aus seiner Sicht dessen Anwesenheit vor Ort erforderlich war.
BR: AfD-Bundestagsfraktion beschäftigt mehr als 100 Extremisten
Die Spionageaffäre rund um Krah hätte – ganz ohne Gesetzesänderungen – der Verfassungsschutz möglicherweise selbst verhindern können. Immerhin war der in Rede stehende chinesische Mitarbeiter des Abgeordneten diesem kein Unbekannter. Das Amt hatte Jian G. seit 2007 als Informanten geführt, ehe es Mitte der 2010er-Jahre Verdacht zu schöpfen begann.
Anschließend habe man ihn überwacht und „konfrontativ befragt“, weil man ihn für einen möglichen Doppelagenten hielt. Der Verdacht habe sich zwar nicht erhärten lassen, im August 2018 habe man ihn jedoch als Quelle „abgeschaltet“. Dennoch hätte der Verfassungsschutz mit Krah das Gespräch suchen können – insbesondere, als Jian G. bereits zeitnah nach dessen Parlamentseinzug eine China-Reise organisiert hatte.
Den SPD-Ministern geht es aber offenbar nicht nur um Fälle wie Jian G., sondern auch um mögliche Extremisten, denen AfD-Abgeordnete als Beschäftigte Zugang zum Bundestag und zu Dokumenten ermöglichen könnten. Wie die ARD im März berichtete, sollen die AfD-Fraktion und ihre Abgeordneten allein im Bundestag mehr als 100 Personen mit Extremismus-Bezug beschäftigen.
SPD-Minister planen noch weitere Hürden
Thüringens Innenminister Maier attestiert der AfD, diese greife „die Demokratie von innen an“. Würden Extremisten als Mitarbeiter in Parlamente eingeschleust, müsse man dem „einen Riegel vorschieben“. Außerdem wollen die SPD-Minister den Straftatbestand der Abgeordnetenbestechung verschärfen und einen neuen Straftatbestand der „unzulässigen Interessenwahrnehmung“ schaffen.
Was darunter konkret zu verstehen sein soll und wie dies mit dem freien Mandat in Einklang zu bringen sei, bleibt bislang offen. Während juristische Fachkreise regelmäßig vor Anlassgesetzgebung warnen, gehen die SPD-Minister noch weiter und lassen sich auch von dem jüngsten erstinstanzlichen Urteil im Höcke-Prozess vor dem Landgericht Halle inspirieren.
So schlagen die Minister vor, etwa bei Verurteilungen wegen Volksverhetzung oder der Verwendung von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen von der Wählbarkeit auszuschließen. Bislang knüpft diese Option sich nicht an die Art von Tatbeständen, sondern an die Höhe von Strafen.
Kubicki: Sicherheitsüberprüfung bereits jetzt häufig vorgesehen
Skeptisch äußerte sich der stellvertretende Bundestagspräsident Wolfgang Kubicki mit Blick auf das Vorhaben. Im „Tagesspiegel“ wirft den SPD-Innenministern vor, die Gewaltenteilung zu missachten. „Ihre internen Angelegenheiten regeln die jeweiligen Gesetzgeber dankenswerterweise selbst“, betonte der FDP-Vize.
„Die SPD muss aufpassen, dass sie in ihrem selbsterklärten Kampf gegen Rechts das Recht nicht aus dem Blick verliert.“
Es gebe bereits jetzt Sicherheitsüberprüfungen im Kontext mit dem Zugang zu bestimmten Informationen. Sollten sich Lücken oder Nachbesserungsbedarf zeigen, müsse „die Initiative zur Anpassung aus der Mitte des Parlaments erfolgen und nicht aus dem Arbeitskreis der roten Sheriffs“.
Bundestagspräsidentin Bärbel Bas entgegnete, eine Diskussion über mehr Sicherheit im Bundestag sei im Kreis der Sicherheitsbeauftragten der Fraktionen sowie in Gesprächen mit den Vorsitzenden der sicherheitsrelevanten Ausschüsse bereits im Gange.
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