SPD-Chefin will Freiheitsrechte wegen Corona-Krise nicht aufgeben
SPD und Grüne haben kritisiert, dass Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) ohne Abstimmung mit anderen Bundesländern Ausgangsbeschränkungen beschlossen hat. Corona stelle alle vor eine beispiellose Herausforderung, sagte SPD-Chef Norbert Walter-Borjans den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Samstagsausgabe). „Wer jetzt so tut, als kenne sie oder er das Patentrezept im Umgang mit dieser Situation, streut den Bürgerinnen und Bürgern Sand in die Augen.“ Es wäre besser, wenn die Länder, wie vereinbart, mit der Kanzlerin abgestimmt handeln würden, erklärte der SPD-Vorsitzende.
SPD-Chefin Saskia Esken hat davor gewarnt, zur Bewältigung der Corona-Krise unverhältnismäßige Einschränkungen der Freiheit zu beschließen. „Ich will nicht, dass wir wegen der Corona-Krise, so schwerwiegend sie auch ist, unsere Freiheitsrechte aufgeben. Alle Einschränkungen, die wir jetzt in Kauf nehmen, müssen temporär sein“, sagte Esken dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Samstagausgaben).
Überwachung der Ausgangssperre via Handydaten
„Das personalisierte Tracking von Handydaten zur Überwachung der Ausgangssperre, wie es ins Israel oder China gerade stattfindet, halte ich in Deutschland für unvorstellbar“, so die SPD-Chefin weiter. „Wir müssen aufpassen, dass wir wegen einer temporären Krise nicht Rechte über Bord werfen, die über Jahrhunderte erkämpft worden sind.“
Eine Lehre der Krise sei es, dass die Politik die Zivilgesellschaft besser unterstützen müsse, so die SPD-Chefin weiter. „Was mich wirklich beeindruckt, ist der Beitrag der Zivilgesellschaft zur Bewältigung der Krise. Die Menschen helfen sich gegenseitig – spontan, kreativ und solidarisch. Helfer vernetzen sich und arbeiten zusammen, die sich bisher nicht mal kannten. Dieses großartige Potenzial müssen wir auch in normalen Zeiten besser nutzen und fördern“, sagte Esken.
„Wir brauchen stete Förderinstrumente, die nicht immer wieder auslaufen. Und wir müssen eine eigene Infrastruktur für die Zivilgesellschaft schaffen“, forderte die SPD-Chefin.
Als Beispiel für eine solche Infrastruktur nannte Esken digitale Kommunikationsmittel, die sich in deutscher oder europäischer Hand befinden müssten. „Die Menschen nutzten vor allem digitale Plattformen wie Facebook oder Whats-App, um sich zu vernetzen und zu helfen. Nahezu alle diese Dienstleister sitzen in den USA und sind in privatwirtschaftlicher Hand – da haben wir einige Probleme beim Datenschutz und bei der Sicherheit“, sagte die SPD-Chefin.
„Ich bin mir sicher: Wir werden eine deutsche oder wenigstens europäische Plattform für den digitalen Austausch engagierter Menschen brauchen. Notfalls muss sich der Staat darum kümmern. Darüber werden wir reden, wenn die Krise vorbei ist.“
Ausnahmezustand über den 19. April hinaus
Sie rechne damit, dass das noch eine Zeit dauern werde, so die Bundestagsabgeordnete. „Alle schauen nun auf den 19. April, aber im Grunde genommen sind dann nur die Osterferien vorbei. Ich glaube, dass der Ausnahmezustand auch noch deutlich länger dauern kann. Wir alle sind gut beraten, uns darauf einzustellen.“
Die Grünen-Bundesvorsitzende Annalena Baerbock bezeichnete Söders Kurs als „kontraproduktiv“. Das Vorpreschen des bayerischen Ministerpräsidenten schaffe „kein Vertrauen, sondern Verunsicherung für alle anderen Regionen“, sagte sie der „Welt“ (Samstagsausgabe). „Dies ist nicht die Zeit für Alleingänge.“
Bayern und später auch das Saarland hatten am Freitag noch vor dem Corona-Krisentreffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Ministerpräsidenten am Sonntag Ausgangsbeschränkungen erlassen. (dts/afp)
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