SPD berät über Ukraine-Krise
Auf Einladung von SPD-Chef Lars Klingbeil kommen am Montag führende Politiker der Partei zu vertraulichen Beratungen über die Ukraine-Krise zusammen.
Klingbeil sprach am Sonntag in einem Interview für die ZDF-Sendung „Berlin direkt“ von einem „Routinetreffen“, an dem Vertreter aus Partei, Bundestagsfraktion und Regierung teilnehmen. Dabei werde es vor allem um die Frage gehen, wie ein Krieg mitten in Europa abgewendet werden kann. Eine anschließende Information der Öffentlichkeit über Verlauf oder Ergebnisse der Beratungen ist nicht geplant.
Die von der SPD geführte Bundesregierung war in den letzten Tagen wegen ihres Agierens in der Ukraine-Krise international immer stärker in die Kritik geraten. Deutschland wird vorgeworfen, Russland in der Krise nicht stark genug unter Druck zu setzen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte lange gezögert, bevor er die umstrittene Gaspipeline Nord Stream 2 als Sanktionsinstrument für den Fall eines russischen Einmarsches in die Ukraine auf den Tisch legte – und das auch nur verklausuliert.
Kritik von den Ex-Parteichefs
Gleichzeitig erteilte er der Lieferung tödlicher Waffen an die Ukraine, anders als andere Bündnispartner, eine klare Absage. Das wird von der Ukraine, aber auch von Ländern wie Polen oder den baltischen Staaten kritisiert. In den USA wird ebenfalls die Frage gestellt, ob Deutschland noch ein verlässlicher Partner sei.
Klingbeil sagte am Montag im ARD-„Morgenmagazin“: „Ich möchte nicht, dass wir jetzt durch Drohung, durch Taten in eine Situation herein geraten, in der dann auf einmal vielleicht ungewollt eine Kriegssituation mitten in Europa entsteht.“ Die Eskalation gehe „von Russland aus“, sagte Klingbeil weiter. „Wir sind völlig klar, dass alle Optionen auf dem Tisch liegen. Aber wir sind eben auch klar darin, dass es jetzt darum geht, Frieden zu organisieren.“
Das SPD-Präsidium hat sich bereits vor einer Woche auf einer Klausurtagung hinter die Linie von Kanzler Scholz gestellt. Die früheren SPD-Vorsitzenden Gerhard Schröder und Sigmar Gabriel – beide inzwischen nicht mehr parteipolitisch aktiv – haben sich allerdings von der Parteilinie abgesetzt.
Klingbeil hatte dazu in der ZDF-Sendung „Berlin direkt“ gesagt: „Wir nehmen gerne Ratschläge entgegen und es ist auch völlig okay, wenn andere sich in die Debatte einmischen. Aber die, die Verantwortung für die Partei tragen, die sind klar und deutlich und unmissverständlich.“
Aus Estland gibt es neue Forderungen an Deutschland, der Ukraine zu helfen. „Wir ermutigen unsere deutschen Partner, auf die Ukrainer zu hören. Die Ukraine hat um Hilfe gebeten. Das Land benötigt Hilfe bei seiner Selbstverteidigung gegen den Aggressor“, sagte die estnische Ministerpräsidentin Kaja Kallas der „Bild“.
Estland will neun Haubitzen aus DDR-Altbeständen an die Ukraine geben – das Nato-Mitglied hat sich aber verpflichtet, vor einer Weitergabe an Dritte die Zustimmung Deutschlands einzuholen.
Die Spannungen an der Grenze beschäftigen am Montag (ab 16.00 Uhr MEZ) erstmals den UN-Sicherheitsrat. Die USA haben das Thema vergangene Woche nach informellen Gesprächen mit anderen Nationen des Rats und der Ukraine auf die Tagesordnung gesetzt.
Johnson will mit Putin telefonieren
Vor einem Telefonat mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin warnt der britische Premierminister Boris Johnson erneut eindringlich vor einem russischen Angriff. „Ich werde dem Präsidenten sagen (…), dass Russland einen Schritt zurück vom Abgrund tun muss“, sagte Johnson. „Ein Einmarsch in die Ukraine, jedes Eindringen in die Ukraine über das Territorium, das Russland bereits 2014 an sich gerissen hat, hinaus, wäre eine absolute Katastrophe für die Welt, aber vor allem wäre es eine Katastrophe für Russland.“
Johnson betonte, das Nato-Mitglied Großbritannien unterstütze die territoriale Souveränität der Ukraine. Der Premier sagte, er sei sicher, dass die Ukrainer ihr Land „erbittert“ verteidigen würden.
Johnson hatte am Wochenende angekündigt, in die Krisenregion zu reisen. Sein genaues Ziel wurde bisher nicht genannt, Medien rechnen aber mit einem Besuch in der Ukraine. Zudem will Johnson die Zahl der britischen Truppen in Osteuropa verdoppeln. Noch am Montag wollte das britische Außenministerium neue Sanktionen gegen die „finanziellen und strategischen Interessen“ Russlands ankündigen.
Nach russischen Angaben sind unterdessen mehr als 6.000 Soldaten nach Übungen im Süden des Landes zu ihren Stützpunkten zurückgekehrt. Zudem seien 20 Kriegsschiffe der Schwarzmeer-Flotte wieder zu Marine-Stützpunkten in Noworossijsk sowie auf der 2014 annektierten ukrainischen Schwarzmeer-Halbinsel Krim zurückgekehrt, so das Verteidigungsministerium.
Russland warf unterdessen Kanada vor, in der Ukraine-Krise empfänglich für „antirussische Politik“ zu sein. Kanada hatte in der vergangenen Woche bekannt gegeben, angesichts der derzeitigen Spannungen seine Ausbildungsmission in der Ukraine um drei Jahre zu verlängern und weitere Kräfte zu entsenden. (dpa/red)
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