Spahn legt in Armutsdebatte nach: Verkäuferinnen haben weniger zum Leben als Hartz IV-Bezieher

Der CDU-Politiker Jens Spahn hat nach harscher Kritik an seinen Äußerungen über Hartz IV Verständnis für die Lage von Betroffenen gezeigt. Zudem sagte er: eine Einzelhandelsverkäuferin habe weniger, um ihre Familie zu versorgen, als ein Hartz IV-Bezieher.
Epoch Times14. März 2018

Der CDU-Politiker Jens Spahn hat nach harscher Kritik an seinen Aussagen über Hartz IV Verständnis für die Lage von Betroffenen gezeigt.

„Natürlich ist es schwierig, mit so einem kleinen Einkommen umgehen zu müssen, wie es Hartz IV bedeutet“, sagte der designierte Gesundheitsminister am Dienstag im Sender n-tv.

Im Zusammenhang mit der Diskussion um den zwischenzeitlichen Aufnahmestopp für Ausländer bei der Essener Tafel hatte Spahn zuvor gesagt, auch ohne die Tafeln müsse hierzulande niemand hungern. Deutschland habe „eines der besten Sozialsysteme der Welt“.

Hartz IV bedeute nicht Armut, sondern sei die Antwort der Solidargemeinschaft auf Armut. Die Äußerungen stießen nicht nur bei SPD, Grünen und Linken, sondern auch bei einigen CDU-Politikern auf Kritik.

Das deckt die Grundbedürfnisse ab und nicht mehr – da gibt es auch nichts zu diskutieren, und das habe ich auch nicht in Frage gestellt“,

erklärte Spahn nun seine ursprünglichen Aussagen zu Hartz IV. Ihm sei es dennoch wichtig zu betonen, „dass unser Sozialsystem tatsächlich für jeden ein Dach über dem Kopf vorsieht und für jeden das Nötige, wenn es ums Essen geht“.

Spahn sagte weiter: Eine Einzelhandelsverkäuferin habe weniger, um ihre Familie zu versorgen, als jemand, der den Hartz IV-Satz bekommt. „Das müssen Sie auch mal sehen“, so der CDU-Politiker.

Kipping fordert Rücktritt von Ostbeauftragten Hirte

Linken-Chefin Katja Kipping forderte unterdessen den Rücktritt des neuen Ostbeauftragten Christian Hirte (CDU), der sich hinter Spahn gestellt hatte.

Die designierte SPD-Parteichefin Andrea Nahles zeigte am Dienstag Verständnis für Spahns Kritiker. Sozialhilfeempfänger würden neben materiellen Problemen auch „Entwürdigung“ empfinden, sagte sie vor einer Fraktionssitzung in Berlin. Daher kämen auch die „heftigen“ Reaktionen. „Und das kann ich auch verstehen.“

Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier schaltete sich in die Debatte ein. „Unser Ziel muss höher gesteckt sein, als dass die Menschen von Hartz IV oder anderen Transferleistungen leben“, sagte er der „Rheinischen Post“ aus Düsseldorf. Das Zentrale sei, dass die Menschen von ihrem Einkommen aus Arbeit leben könnten.

Kauder mahnt zur Zurückhaltung

Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) schloss sich in der Debatte der CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer an, die zur Zurückhaltung gemahnt hatte.

Wer in Größenordnungen verdient wie wir, sollte sehr vorsichtig umgehen, wenn er über anderer Leute Armut spricht“, sagte Kauder.

Er betonte aber, Hartz IV sowie die Grundsicherung für Ältere sicherten das Existenzminimum ab.

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt verteidigte Spahn und bemängelte die Kritik aus der SPD. Mancher in der SPD scheine vergessen zu haben, woher der Begriff Hartz IV komme. „Das ist eine Reform der SPD gewesen“, sagte Dobrindt. Auch die Berechnungsgrundlagen kämen aus dem Jahr 2003, als die rot-grüne Bundesregierung die Sozialgesetze-Reform implementiert habe.

„Natürlich ist es so, dass, formal gesehen, ein Hartz IV-Empfänger arm ist. Aber der Jens Spahn hat auch recht, dass wir versuchen mit Hartz IV eben dafür zu sorgen, dass keiner völlig durchs Raster fällt“, sagte der Ostbeauftragte Hirte im RBB-Inforadio.

Kipping forderte den CDU-Politiker daraufhin zum Rücktritt auf: Hirte starte sein Amt „mit der Verhöhnung der Hartz IV-Bezieher“ und habe sich „damit bereits disqualifiziert“, sagte sie „Zeit Online“. (afp/so)



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