Spahn will Versicherte entlasten – Krankenkassenbeiträge sollen sinken

Arbeitnehmer und Rentner sollen ab 2019 weniger Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung zahlen. Die Mindestbeiträge der gesetzlichen Krankenkassen, die für viele Kleinselbstständige zu hoch sind, sollen halbiert werden – auf 171 Euro monatlich.
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Da die Zusatzbeiträge der Krankenkassen seit Jahresbeginn große Differenzen aufweisen, haben einige Krankenkassen Versicherte verloren, andere gewonnen.Foto: fotolia.com
Epoch Times20. April 2018

Gesundheitsminister Jens Spahn will per Gesetz Beitragssenkungen bei Krankenkassen mit hohen Finanzreserven erwirken. Vorgesehen sei, dass Krankenkassen mit sehr hohen Rücklagen diese nutzen sollten, um ihre Versicherten zu entlasten, sagte Spahn in Berlin.

Ein entsprechender Gesetzentwurf ging in die Abstimmung innerhalb der Bundesregierung. Die Finanzreserven einer Kasse sollen das Volumen einer Monatsausgabe künftig nicht mehr überschreiten dürfen. Überschüssige Beitragseinnahmen sollen über einen Zeitraum von drei Jahren abgebaut werden müssen.

Versicherte könnten nach Angaben des Gesundheitsministeriums jährlich insgesamt etwa 8,3 Milliarden Euro weniger zahlen.

Die Wirtschaft soll rund 4,5 Milliarden Euro jährlich zahlen – Kritik von SPD

Der bislang alleine von den Versicherten zu entrichtende Zusatzbeitrag soll demnach künftig wieder zur Hälfte von den Arbeitgebern übernommen werden. Der Wirtschaft entstehen durch die Wiederherstellung der paritätischen Beitragsfinanzierung laut Gesetzesentwurf Mehrkosten von rund 4,5 Milliarden Euro jährlich.

Vom Koalitionspartner kam jedoch umgehend Kritik: Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sprach sich gegen das Abschmelzen der Finanzreserven der Krankenkassen aus.

„Wir brauchen das Geld dringend für die Finanzierung der Pflege“, sagte Lauterbach den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.

Wenn wir jetzt die Rücklagen der Kassen abschmelzen, haben wir auf Dauer nicht genug Mittel, um gegen den Pflegenotstand anzugehen.“

Spahns Vorschlag werde dazu führen, dass die Krankenkassenbeiträge schon in dieser Wahlperiode wieder steigen müssten, so Lauterbach. „Wir werden ihn so nicht mittragen.“

Beitragsparität

Den Zusatzbeitrag von durchschnittlich 1,0 Prozent zur gesetzlichen Krankenversicherung zahlen Arbeitnehmer und Rentner derzeit allein aus ihrer Tasche, ab dem 1. Januar sollen die Arbeitgeber wieder die Hälfte übernehmen.

Die Versicherten werden dadurch um 6,9 Milliarden entlastet. Wer monatlich 3000 Euro brutto verdient, hat den Plänen des Ministers zufolge künftig 15 Euro mehr im Monat. Der allgemeine Beitragssatz in Höhe von 14,6 Prozent bleibt unangetastet.

Kleinselbständige

Die Mindestbeiträge der gesetzlichen Krankenkassen sind für viele Kleinselbstständige zu hoch. Um ihnen zu helfen, will Spahn den Mindestbeitrag ab der Jahreswende auf 171 Euro monatlich halbieren.

Damit könnten rund 600.000 Kleinselbstständige wie etwa Taxifahrer von einer Entlastung in Höhe von insgesamt 0,8 Milliarden Euro profitieren.

Finanzreserven abschmelzen

Die Finanzreserven der gesetzlichen Krankenkassen lagen 2017 bei 19,2 Milliarden Euro. Spahn befürwortet, dass die Kassen Rücklagen haben – aber nicht in dieser Höhe. Der Minister will, dass die Kassen ihre Reserven abschmelzen und den Versicherten mittels Beitragssenkungen zurückgeben.

Künftig sollen die Kassen nicht mehr als eine Monatsausgabe zurücklegen dürfen, überschüssige Einnahmen müssen sie über einen Zeitraum von drei Jahren abbauen. Durch den teilweisen Abbau der Überschüsse könnten die Versicherten in den kommenden drei Jahren jährlich um rund 0,6 Milliarden Euro entlastet werden.

Karteileichen aussortieren

Die Krankenkassen sitzen auf statistischen Beitragsschulden in Höhe von 6,3 Milliarden Euro – Tendenz zuletzt steigend. Als Hauptgrund gelten nicht beendete Mitgliedschaften freiwilliger Versicherter aus dem EU-Ausland.

Nach Einschätzung des Gesundheitsministerium halten sich vielen dieser Versicherten gar nicht mehr in Deutschland auf. Melden sie sich aber nicht ab und zahlen keine Beiträge mehr, werden sie zum Höchstbeitrag weiterversichert.

Die Kassen erhalten weiter Zuweisungen aus dem Finanzausgleich der Krankenkassen und häufen dadurch Beitragsschulden an. Spahn will die Kassen verpflichten, die Versicherungsverhältnisse solcher Karteileichen zu beenden.

Zeitplan

Bei den SPD-Gesundheitsexperten hat Spahn seine Pläne schon einmal vorgestellt, er hofft auf eine schnelle Einigung innerhalb der großen Koalition.

Der Minister würde das Gesetz gerne Ende Mai im Kabinett beschließen lassen, damit nach der parlamentarischen Sommerpause rasch der Bundestag darüber abstimmt. Im Bundesrat bedarf es keiner Zustimmung. (afp)



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