Spahn lässt mehr als hundert Sterbehilfe-Anträge ablehnen

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat in über 100 Fällen Anträge auf Sterbehilfe ablehnen lassen. Er will zunächst ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts abwarten.
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Jens SpahnFoto: über dts Nachrichtenagentur
Epoch Times13. Januar 2020

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat in über 100 Fällen Anträge auf Sterbehilfe ablehnen lassen. In 102 Fällen versagte das zuständige Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) nach eigenen Angaben vom Montag schwerstkranken Patienten auf Weisung des Ministers den Zugang zu tödlichen Medikamenten.

Den Angaben zufolge sind 24 Antragsteller verstorben. Die übrigen Anträge befinden sich in unterschiedlichen Stadien der Bearbeitung. Zuvor hatte der Berliner „Tagesspiegel“ vom Montag über die Zahlen berichtet.

Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat das BfArM aufgefordert, Anträge auf Erteilung einer Erlaubnis zum Erwerb von Natrium-Pentobarbital zum Zweck der Selbsttötung abzulehnen“, teilte das Institut auf Anfrage der Nachrichtenagentur AFP mit.

Bundesverwaltungsgericht erlaubte Ausnahmen

Der Erwerb eines Betäubungsmittels zum Zweck der Selbsttötung ist in Deutschland grundsätzlich verboten. Allerdings hatte das Bundesverwaltungsgericht im März 2017 entschieden, dass schwerstkranken Menschen „in extremen Ausnahmesituationen“ der Zugang zu Medikamenten zur Selbsttötung nicht verwehrt werden dürfe.

Das Bundesgesundheitsministerium wies dem „Tagesspiegel“ zufolge das BfArM im Juni 2018 dennoch an, auch in Extremfällen den Erwerb solcher Medikamente nicht zu erlauben. Spahn will das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe abwarten. Die Karlsruher Richter wollen ihr Urteil am 26. Februar verkünden.

Kritik der SPD: Spahn ignoriert Bundestag

Die SPD kritisierte Spahns Vorgehensweise. „Der Bundestag hat nach langer Diskussion beschlossen, dass die Beihilfe zur Selbsttötung in einem sehr begrenzten Rahmen straffrei ist“, erklärte die stellvertretende Fraktionschefin Bärbel Bas. Das Bundesinstitut sei durch das Urteil von 2017 dazu verpflichtet, im Einzelfall die Abgabe der Medikamente zu prüfen.

Ein Bundesminister darf auf diese Einzelfallprüfung keinen Einfluss nehmen oder sogar Anweisungen erteilen, die diesem Urteil und dem Willen des Bundestages entgegenstehen.“

„Spahn ignoriert nicht nur ein Gerichtsurteil, sondern auch den Willen schwerstkranker Menschen“, erklärte auch der Linken-Gesundheitsexperte Harald Weinberg. „Trotz des ohnehin schon extremen Leidensdrucks mutet er den Betroffenen einen monate- oder jahrelangen Rechtsweg zu.“ Das sei „völlig inakzeptabel“.

Das Verwaltungsgericht Köln forderte unterdessen laut „Tagesspiegel“ das Bundesgesundheitsministerium auf, seinen Umgang mit dem Thema Sterbehilfe transparenter zu machen. So solle das Ministerium Informationen zu einer Ministervorlage herausgeben, in der Beamte das Karlsruher Verfahren zum Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe bewerten. Die Kölner Gerichtsentscheidung erging dem Zeitungsbericht zufolge nach einer Auskunftsklage des „Tagesspiegel“ im Eilverfahren (Az.: 6 L 1280/19). (afp)



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