Späte Eingeständnisse zu Fehlern in Corona-Politik – kritische Aufarbeitung weiterhin ohne Konsequenzen
Vor knapp vier Jahren – am 22. März 2020 – kam das öffentliche Leben mit dem ersten Corona-Lockdown zum Erliegen. Nudeln und Klopapier wurden zur Mangelware. Man bewegte sich innerhalb der sogenannten „Kernfamilie“. Schulen waren ebenso geschlossen wie Restaurants, Friseure und Baumärkte. Inzwischen weiß man um die psychischen Beeinträchtigungen, Bildungsdefizite sowie zahlreichen Nebenwirkungen der COVID-Impfung – alles Erscheinungen der damaligen Corona-Politik. Da ist das Eingeständnis von verantwortlichen Politikern hinsichtlich gemachter Fehler, über die der „Spiegel“ berichtet, für Maßnahmenkritiker nur der sprichwörtliche Tropfen auf den heißen Stein.
Der damalige Corona-Beauftragte Helge Braun (CDU) räumt laut „Spiegel“ ein, dass die Regierung die Wirksamkeit der COVID-Impfstoffe anfangs zu hoch eingeschätzt habe. Unter Bezug auf einen ersten Bericht des Robert Koch-Instituts sei man davon ausgegangen, dass Geimpfte sich nicht anstecken könnten. „Wir haben das Impfen als eine Lösung für den Ausstieg aus der Pandemie beworben und eine Erwartung geschürt, die wir am Ende nicht erfüllen konnten“, so Braun.
Entscheidender als eine Bevorratung von Impfstoffen sei seiner Einschätzung nach künftig die Produktionskapazität für Schutzmasken, die in der Not schnell hochgefahren werden könnten. Schließlich habe Corona gezeigt, wie wirkungsvoll Masken seien, sagt der ehemalige Kanzleramtschef und bezieht damit eine klare Position gegen die zahlreichen Veröffentlichungen und Studien, die Gesichtsmasken eine schädliche Wirkung ausstellen oder deren Nutzen zumindest infrage stellen.
Der damalige Bundesinnenminister Horst Seehofer (CDU) zieht folgende Lehre: „Mit Forderungen nach einer Zwangsimpfung muss man sehr vorsichtig sein; die konnte ja nicht einmal für die Pflegeheime und Krankenhäuser in Bayern umgesetzt werden. Und wie wir heute wissen, gibt es Impfschäden – zwar in geringem, aber nicht zu vernachlässigendem Umfang. Insofern kann ich die damaligen Widerstände aus heutiger Sicht verstehen.“
Kinder als Verlierer der Pandemie
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach betont gegenüber dem „Spiegel“ einmal mehr, dass Deutschland „sehr gut durch die Pandemie gekommen“ sei. „Der größte Fehler war, dass wir bei den Kindern zum Teil zu streng gewesen sind und mit den Lockerungsmaßnahmen wahrscheinlich etwas zu spät angefangen haben“, so der Minister. „Wir haben den Kindern parallel zu wenig geboten, wir haben sie zu wenig psychotherapeutisch betreut. Wir haben Warnsignale übersehen.“
Technisch sei Deutschland auf die nächste Pandemie „viel besser vorbereitet“, so Lauterbach weiter. „Wir haben zum Beispiel sehr teure Pandemiebereitschaftsverträge.“ So könnten Impfstoffe schneller entwickelt und produziert werden; es gebe das Abwassermonitoring und auch bei Schutzmaterial sei man besser aufgestellt.
Gesellschaftlich hingegen sieht der SPD-Politiker eine Herausforderung: „Als Gesellschaft sind wir deutlich schlechter vorbereitet, weil wir eine massiv mobilisierte Untergruppe haben, die stark mit den AfD-Wählern überlappt, Infektionsschutzmaßnahmen ablehnt und gegen Impfungen ist.“ Diese Gruppierung, die Lauterbach mit 10 bis 20 Prozent angibt, würde die Bewältigung jeder künftigen Pandemie politisch erschweren.
Politik ist „Handeln unter Unsicherheit“
Prof. Stefan Huster, Vorsitzender des Sachverständigenrats zur Evaluation der Pandemiemaßnahmen, schilderte laut „Spiegel“, dass es zu den Corona-Maßnahmen keine begleitende Datenerhebung gegeben habe, um eine spätere Aussage zur Wirksamkeit von Schulschließungen, Ausgangssperren und Lockdowns zu treffen. Er findet aber auch nichts Verwerfliches daran, dass die Politik „evidenzfrei“ entschieden habe.
Wenn die Politik nur macht, was durch Studien am besten doppelt abgesichert ist, kann sie so gut wie nichts mehr machen. Politik ist sehr oft Handeln unter Unsicherheit“, so der Rechtswissenschaftler von der Ruhr-Universität Bochum.
Unterm Strich sei die Pandemie in Deutschland gut verlaufen; die Sterbezahlen seien im Rahmen geblieben. Allerdings habe die Debatte über eine allgemeine Impfpflicht die Stimmung unnötig angeheizt, ihre Gegner hätte man nicht beschimpfen dürfen.
Das größte politische Versäumnis beschreibt Huster mit dem Wort „Parlamentsversagen“, denn die Entscheidungshoheit zu den Corona-Maßnahmen lag beim Kanzleramt, den Ministerien sowie der Ministerpräsidentenkonferenz. Nach seiner Einschätzung ist das heutige Infektionsschutzgesetz, das während der Corona-Krise mehrfach geändert wurde, ein juristisches Chaos. Er verglich es mit einem „Wohnzimmer nach einer Party, das noch keiner aufgeräumt hat“.
Reflexion ungenügend
Für Kritiker der Corona-Maßnahmen kommen die Eingeständnisse nicht nur zu spät, sondern sie fordern auch Konsequenzen. Lauterbachs Aussage „Der größte Fehler war, dass wir bei den Kindern zum Teil zu streng gewesen sind und mit den Lockerungsmaßnahmen wahrscheinlich etwas zu spät angefangen haben“, will Dr. Kristina Schröder so nicht stehen lassen. Die ehemalige Familienministerin und CDU-Abgeordnete widerspricht auf X:
Nein, Karl Lauterbach, nicht ‚wir‘. SIE gehören zu den 4,5 Akteuren, auch aus meiner Partei, die maßgeblich für die harten Maßnahmen für Kinder verantwortlich waren.“
Diese Aussage teilte Politikwissenschaftlerin Prof. Dr. Ulrike Guérot auf X und freut sich, „dass in die Aufarbeitung der Corona-Politik endlich Bewegung kommt“. Sie schrieb: „Viele warten darauf, dass vor allem Karl Lauterbach endlich persönliche Konsequenzen zieht“, so Guérot. Dabei lässt sie nicht unerwähnt, dass diejenigen, die bereits 2020 bis 2023 auf die Fehler innerhalb der Corona-Politik hingewiesen haben, öffentlich diffamiert, stigmatisiert und sanktioniert wurden. Sie alle müssten jetzt rehabilitiert werden.
Nur Worte, keine Konsequenzen
In den Kreis dieser sanktionierten Personen gehört Dr. Friedrich Pürner. Nachdem er seine Kritik an der Corona-Politik öffentlich gemacht hatte, war der Epidemiologie im Herbst 2020 aus seinem Amt als Leiter des Gesundheitsamtes von Aichach-Friedberg enthoben worden. Er bezeichnete die Aufarbeitung der Corona-Politik als „überfällig“. Auf X kommentierte er: „Nun werden Fehler in der Corona-Pandemie eingeräumt. Allerdings fehlen Konsequenzen der Verantwortlichen. Worte allein bringen kein Vertrauen zurück.“
Kritik äußerte der BSW-Europakandidat auch an der Aussage des ehemaligen Kanzleramtschefs Helge Braun, den er als „Schlüsselfigur der deutschen Corona-Politik“ bezeichnete. Aus dessen Äußerung, Corona hätte gezeigt, „wie wirkungsvoll Masken seien“, könne man „leicht erkennen, dass dieser Mann – obwohl selbst Arzt – nichts aus dem Versagen gelernt hat und keine Ahnung von evidenzbasierter Medizin hat“.
Die Eingeständnisse von Lauterbach und Braun bezeichnete Pürner als „fadenscheinig“. Man räume lediglich ein, was nicht mehr zu übersehen sei. Der Minister gebe zwar zu, dass Kinder die Verlierer in der Pandemiezeit waren, verstecke sich aber hinter Formulierungen wie „dass wir bei den Kindern zu streng gewesen sind“. Nach Ansicht von Pürner müsse Lauterbach sagen: „Ich war. Ich habe. Ich verantworte.“ Nur dann könne es glaubwürdig werden.
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