Solingen: IS-Verdacht verdichtet sich – Hinweise auf Authentizität von Bekennervideo – Attentäter kannte Asylrecht
Am dritten Tag nach dem Angriff auf Besucher des Festes zum 650-jährigen Bestehen der Stadt Solingen verdichten sich die Hinweise auf einen tatsächlichen terroristischen Hintergrund. Zudem dringen Informationen an die Öffentlichkeit, die den Schluss nahelegen, dass der Tatverdächtige Issa Al H. (26) gezielt seine Abschiebung verhindert hat.
Der syrische Staatsangehörige, der Anfang des Jahres 2023 zur Durchführung seines Asylverfahrens nach Bulgarien abgeschoben werden sollte, steht im Verdacht, drei Menschen getötet und acht weitere schwer verletzt zu haben. Er stellte sich am Samstagabend der Polizei und befindet sich derzeit in Untersuchungshaft. Der Generalbundesanwalt hat die Ermittlungen übernommen.
Hinweise auf terroristischen Bezug verdichten sich
Am Tag der Festnahme veröffentlichte ein Propagandaorgan der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) einen Text, in dem der Tatverdächtige als deren „Soldat“ bezeichnet wurde. Dieser habe eine „christliche Versammlung“ angegriffen, um so „Rache für Muslime in Palästina und anderswo“ zu üben.
Zudem ist ein Bekennervideo aufgetaucht, das der Verdächtige selbst aufgenommen haben soll. Darauf hatte er angekündigt, „in ein paar Minuten“ die Tat zu verüben. Da der Sprecher im Video stark vermummt war, galt es zu Beginn als unsicher, ob dieses authentisch sei. Mittlerweile scheinen sich die Hinweise zu verdichten, dass Al H. tatsächlich aus einer terroristischen Motivation heraus handelte – und die Person im Video mit ihm identisch ist.
Die „Welt“ hat eine Detailanalyse der Aufzeichnung vorgenommen. In deren drittem Teil seien ein Teil eines Plakats und die Anfänge eines darauf abgedruckten Werbespruchs zu identifizieren gewesen.
Video mit hoher Wahrscheinlichkeit zentral in Solingen gedreht
Das Blatt will in weiterer Folge den Ort ausfindig gemacht haben, an dem höchstwahrscheinlich dieser Teil des Videos angefertigt worden sein soll. Dieser soll in der Nähe eines Parkhauses an der Goerdelerstraße/Ecke Florastraße liegen. Der Ort der Aufzeichnung war demnach nur wenige Minuten von Al H.s Unterkunft und vom späteren Tatort entfernt. Nähere Erkenntnisse soll nun die Auswertung der Aufnahmen im Umfeld des Geschehens angebrachter Videokameras aus der Tatnacht bringen.
Unterdessen will „Bild“ aus Behördenkreisen Details darüber erfahren haben, wie der mutmaßliche spätere Attentäter seine bereits angesetzte Abschiebung nach Bulgarien verhindert haben soll. So habe Al H. gezielt die Eigenheiten des deutschen Asylrechts genutzt, um sein Bleiberecht zu sichern.
Bereits im Asylverfahren selbst soll H. erklärt haben, über einen in Deutschland lebenden Onkel zu verfügen. Diese Angabe konnte nicht verifiziert werden. Zwar würde ein solcher nicht zur Kernfamilie zählen, aber Al H. scheint bewusst gewesen zu sein, dass eine Verwandtschaftsanbindung die Chancen auf ein Bleiberecht steigern könne.
Al H. wusste in jeder Situation, was zu tun war
Der Asylantrag wurde abgelehnt, weil gemäß den Dublin-Regeln Bulgarien als EU-Staat der Ersteinreise für die Durchführung des Verfahrens zuständig wäre. Dorthin sollte der im Dezember 2022 eingereiste Al H. auch Anfang 2023 gebracht werden. Am Tag der geplanten Abschiebung soll der Asylsuchende jedoch nicht in seiner Unterkunft in Paderborn anwesend gewesen sein.
Behördeninformationen zufolge soll er genau gewusst haben, wann er nicht anwesend sein sollte. Er tauchte jedoch nicht vollständig ab – weil das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) andernfalls seine Frist zur Durchführung der Maßnahme von sechs auf 18 Monate hätte verlängern können. Al H. spekulierte offenbar darauf, dass es keinen unangekündigten Abschiebeversuch geben würde – und lag damit richtig.
Der Syrer wusste augenscheinlich auch, wann und wie er seinen Verbleib in Deutschland sichern konnte. Er meldete sich vier Tage nach Ablauf der Abschiebefrist bei den Behörden. Dort zog er seine zuvor eingebrachte Klage gegen die Abschiebung zurück und erwirkte subsidiären Schutz. Al H. wurde von einer Anwältin beraten, die möglicherweise einen Flüchtlingsrat finanziert hatte.
Thüringen will nach Bluttat von Solingen Waffenverbotszonen ermöglichen
Trotz dieser Enthüllungen will Polizeiforscher Hermann Große nicht von einem „Behördenversagen“ sprechen. Auf „table.media“ erklärt er zudem, Forderungen nach mehr Abschiebungen seien „populistisch“. Diese würden „kriminologisch relativ wenig zur Bekämpfung von Terrorismus beitragen“.
Die besseren Möglichkeiten, die das BKA zur Terrorbekämpfung habe, hätten in den vergangenen Jahren einiges zum Positiven gewendet, meinte Große weiter. Ein Versagen sei allenfalls in der nicht vollzogenen Abschiebung zu erblicken – für die jedoch das Ausländeramt zuständig sei.
In Thüringen hat Innenminister Georg Maier angekündigt, die Landesregierung werde am Dienstag eine Regelung beschließen, die kreisfreien Städten und Landkreisen ermögliche, Waffenverbotszonen einzurichten. Diesen Schritt habe man bereits nach dem Tötungsdelikt am Polizeibeamten Rouven L. Anfang Juni in Mannheim geplant.
Von der Wirkung dieser Waffenverbotszonen sind unterdessen nicht alle Nutzer sozialer Medien überzeugt. Sie fordern die konsequentere Umsetzung geltender Gesetze und Verfügungen.
#Solingen Verschärftes Waffenrecht ist ok, aber wer sich über das Verbot zu morden hinwegsetzt, lässt sich von Messerverboten nicht schrecken. Zwei Dinge braucht es schnellstens: konsequente Durchsetzung von Abschiebeurteilen und Änderung der Rechtslage zur Aufnahme von Asylanten
— JRW (@WaltherJoachim) August 26, 2024
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