Solar-Balkon: Regierung will Vermieter übergehen – freie Handhabe für Mieter
Die Bundesregierung will es künftig Mietern und Eigentümern in Mehrfamilienhäusern deutlich vereinfachen, eine Photovoltaikanlage am heimischen Balkon zu installieren. Es soll ein Anspruch darauf geschaffen werden, eine Mini-Solaranlage am Balkon montieren zu dürfen.
Im aktuellen Gesetzestext gilt ein solches Balkonkraftwerk noch als bauliche Veränderung am Gebäude. Das besagt Paragraf 20 im Wohnungseigentumsgesetz. Vermieter oder Miteigentümer können bisher eine Installation der Mikrokraftwerke ohne größere Begründung ablehnen.
Balkonkraftwerk ist bald eine „privilegierte Maßnahme“
Nun liegt ein noch nicht mit anderen Ministerien abgestimmter Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz auf dem Tisch, über den die „Welt“ berichtet.
Mit dem Entwurf will die Bundesregierung das Gesetz so abändern, dass Steckersolaranlagen künftig zu den sogenannten „privilegierten Maßnahmen“ gehören. Eine privilegierte Maßnahme ist eine bauliche Veränderung, die jeder Wohnungseigentümer verlangen kann. Steckersolargeräte werden mit der Novelle auch im Mietrecht im Bürgerlichen Gesetzbuch (Paragraf 554) als privilegiert festgeschrieben.
Das hat zur Folge, dass die Miteigentümer eine geplante PV-Anlage am Balkon grundsätzlich nicht einfach so ablehnen können. Der PV-Anlagenkäufer kann die Zustimmung verlangen. Verweigern die Miteigentümer sie dennoch, sollten die Betroffenen vor Gericht eine Beschlussersetzungsklage anstreben.
Epoch Times befragte die Wohneigentümervereinigung „Wohnen im Eigentum“, was der Referentenentwurf für Mieter und Vermieter bedeutet. Rechtsreferent Michael Nack sagt: „Ein Mieter kann nicht mehr Rechte übertragen bekommen, als ein vermietender Eigentümer selbst hat [gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft]“. Und: „Der Richter ersetzt dann durch ein Urteil den Beschluss, den die WEG hätte fassen müssen.“
Dem Entwurf steht allerdings ein Beschluss des Bundesgerichtshofes vom März gegenüber, teilte Nack mit. Demnach darf eine bauliche Veränderung nicht ohne Beschluss vorgenommen werden. Das werde wohl auch nach wie vor gelten. Der Mieter muss also seinen Vermieter auffordern, von der WEG einen Beschluss über die Gestattung des Balkonkraftwerks zu verlangen.
Wie das neue Gesetz letztlich aussieht, müsse man abwarten, sagte Nack. Dieses gehe zurück „auf einen Beschluss der Justizministerkonferenz von 2022“.
Die Bundesregierung will mit diesem Entwurf den Ausbau der erneuerbaren Energien vorantreiben. „Stromerzeugung durch Steckersolargeräte stellt eine gute Möglichkeit für Wohnungseigentümer dar, sich teilweise selbst mit Solarstrom zu versorgen und so an der Energiewende teilzuhaben.“ So lautet die Begründung des Entwurfs. Gleiches gelte dann auch für Mieter.
Keine Klagewelle, aber Rechtsstreitigkeiten
Eine Klagewelle gegen Wohneigentümer oder Vermieter vermutet der Rechtsreferent hierbei nicht. Allerdings hänge das auch davon ab, „wie viel Zeit sich Vermieter und Mieter lassen“.
Der Anlagenbauer müsse sich im schlimmsten Fall mehrere Monate gedulden, ehe er seine Solaranlage installieren darf. Denn solche Beschlüsse macht der Vermieter meist auf der jährlich stattfindenden Eigentümerversammlung, erklärte Nack. „Es wird aber sicherlich darüber Rechtsstreitigkeiten geben. Das gab es auch zuvor immer wieder.“
Versteckte Auflagen für Mieter
Dass die Mieter nun einen stärkeren Anspruch auf ein Balkonkraftwerk haben, sei aber „nur die halbe Wahrheit“, sagte Nack. Diese müssten im Zuge der Beantragung beim Vermieter bestimmte Auflagen erfüllen. Dies könne etwa ein Sicherheitsentwurf sein, dass der Anlagenbetreiber diese fest genug installieren wird oder wie die Anlage optisch aussieht. Wird eine dieser Auflagen nicht erfüllt, kann der Vermieter den Antrag ablehnen.
Auch die CDU/CSU-Fraktion hat einen Gesetzesentwurf in den Bundestag eingereicht, womit sie den beschleunigten Ausbau von Balkonkraftwerken fördern will. Das Plenum des Deutschen Bundestages befasste sich am Donnerstagabend, 25. Mai, mit dem Vorschlag der Union. Der Gesetzesentwurf der Union unterscheidet sich vom Referentenentwurf des Justizministeriums nur in einzelnen Formulierungen und hat dasselbe grundlegende Ziel.
Aus der Sicht der Union trügen die PV-Anlagen dazu bei, dass Haushalte ihre Stromkosten reduzieren und einen Beitrag zum Klimaschutz leisten könnten. Dieser „kostengünstige Einstieg“ in die Nutzung erneuerbarer Energien müsse „unkompliziert und für alle leicht realisierbar sein.“
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Kosten trägt der Anlagenerrichter
Die Kosten für das Balkonkraftwerk tragen die Mieter oder Eigentümer nach wie vor selbst. Diese liegen im Bereich zwischen 300 Euro und 1.000 Euro, je nach Anbieter, Größe und Leistung. Bei guter Stromnutzung liegt die Amortisationszeit in der Regel bei mindestens zehn Jahren.
Bis 600 Watt Spitzenleistung benötigt die Anlage keine Anmeldung beim Netzanbieter. Der Mieter oder Eigentümer betreibt das Balkonkraftwerk entweder als netzunabhängige Inselanlage oder speist den Strom direkt in das öffentliche Stromnetz ein. Der Referentenentwurf bezieht sich lediglich auf die Stromerzeugung durch Steckersolargeräte, die mit dem Stromnetz verbunden werden.
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