Söder: „Wir machen kein Schwarz-Grün in Bayern“
Zum ersten Mal seit drei Jahren hielten die Parteien vor allem in Bayern wieder einen Politischen Aschermittwoch in seiner traditionellen Form ab. Im Jahr 2021 fanden coronabedingt nur virtuelle Veranstaltungen statt, im Vorjahr sorgte der Krieg in der Ukraine für Absagen. Besonderes Augenmerk galt im Landtagswahljahr dem Auftritt von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder. In der Passauer Dreiländerhalle versammelten sich etwa 4.000 Besucher zur Veranstaltung der CSU.
CSU nutzt Aschermittwoch für Kritik an Bundesregierung
Söder betonte in seiner Rede, Bayern sei „das bessere Deutschland“. Zudem machte er mit Blick auf die Mehrheitsbildung nach der Landtagswahl im Oktober vor dem versammelten Publikum die Ansage:
Wir machen kein Schwarz-Grün in Bayern.“
Der CSU-Vorsitzende bekannte sich zu einer Solidarität mit Flüchtlingen aus der Ukraine. Gleichzeitig wandte er sich vehement gegen „Überlastung der Kommunen“ und eine „ideologische Änderung des Staatsbürgerschaftsrechts“. Bundesinnenministerin Nancy Faeser warf er vor, nur von Integration zu sprechen, während Bayern diese praktiziere. Der Freistaat habe, so Söder, den höchsten Zuzug, aber die niedrigste Arbeitslosigkeit.
Söder: „Baerbock darf uns nicht in einen Krieg hineinreden“
Kritik übte Söder auch am Gebaren von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock. Wörtlich äußerte der bayerische Ministerpräsident auf der CSU-Veranstaltung zum Aschermittwoch:
Wenn die Grünen früher von Leoparden geredet haben, ging es um Artenschutz. Heute hat man den Eindruck, sie reden sich in einen Kriegsrausch. Frau Baerbock darf uns nicht in einen Krieg hineinreden. Deutschland ist keine Kriegspartei.“
Als Zielvorstellung für die Landtagswahl gab Söder ein Ergebnis von 40 plus x aus. Im Jahr 2018 hatte die CSU mit 37,2 Prozent ihr schlechtestes Landtagsergebnis aller Zeiten erzielt. Die jüngsten Umfragen zeigen ein uneinheitliches Ergebnis: Während der BR die Christsozialen bei 38 Prozent sieht, gibt ihr das „Institut Wahlkreisprognose“ 43 Prozent. Damit hätte das derzeit regierende Bündnis aus CSU und Freien Wählern (12 Prozent) eine solide Mehrheit.
Was die Chancen für die CSU verbessern dürfte, ist der Umstand, dass eine SPD-geführte Regierung im Bund bislang zu starken Mobilisierungen in Bayern beigetragen hat. Im Jahr 2003, ein Jahr nach der Wiederwahl der Regierung Schröder im Bund, kam die Partei sogar auf eine Zwei-Drittel-Mandatsmehrheit.
Grüne vertrauen auf Wahlbeteiligung des eigenen Zielpublikums
Die Grünen hielten derweil in Landshut eine Veranstaltung mit ihrer Co-Bundessprecherin Ricarda Lang ab. Diese erneuerte ihre bekannte Einschätzung, dass nicht die Energiewende gescheitert sei, sondern das Vertrauen auf fossile Energieträger.
Die Partei setzt mit Blick auf die Landtagswahl auf die Entschlossenheit ihrer Stammwähler. Deren verlässliche Mobilisierung hatte auch bei anderen Landtagswahlen nach Bildung der Ampelkoalition dazu beigetragen, dass die Partei keine Einbußen erleiden musste.
Ziel der Grünen bleibe auch in Bayern eine Regierungsbeteiligung. Realistisch wäre diese jedoch nur, sollte es für eine Fortsetzung der derzeitigen Koalition zwischen CSU und Freien Wählern nicht mehr reichen.
Freie Wähler: „Mehr auf Handwerker hören als auf klimaklebende Bali-Urlauber“
Um ihr politisches Überleben kämpft unterdessen die FDP. Aus Berlin war Parteichef Christian Lindner nach Dingolfing zum liberalen Aschermittwoch angereist. Landesparteichef Martin Hagen appellierte an die Bayern, Söders jüngste Bekenntnisse nicht unhinterfragt zu glauben. In seiner Rede äußerte Hagen:
Markus Söder wechselt seine Meinung häufiger als der FC Nürnberg seine Trainer. Auf den Mann ist kein Verlass!“
In Deggendorf grenzte sich FW-Chef Hubert Aiwanger vor allem von den Grünen ab. Man müsse, so der bayerische Wirtschaftsminister, „die Anpacker des Landes unterstützen, nicht die Nörgler und Weltuntergangspropheten“. Mit Blick auf die sogenannte „Letzte Generation“ äußerte er:
Ein Handwerker, der 40 Jahre gearbeitet hat, muss wieder mehr Gehör finden als ein 17-jähriger Klimakleber, der gerade vom Bali-Urlaub zurückkehrt.“
Rücktritt in Bayerns SPD – AfD mobilisiert in Osterhofen
Im Umfragetief befindet sich in Bayern unterdessen die SPD. Zwar sprach Parteichef Lars Klingbeil auf einer Veranstaltung der Partei zum Politischen Aschermittwoch – allerdings fand diese in Frankfurt am Main statt. Zur Veranstaltung des bayerischen Landesverbandes in Vilshofen reiste kein Bundespolitiker an.
Die Hauptrede hielt der 65 Prozent der bayerischen Bevölkerung unbekannte Landeschef Florian von Brunn. Bayerns SPD, die in Umfragen zwischen sechs und neun Prozent liegt, hat zudem den Rücktritt ihres Generalsekretärs Arif Tasdelen zu verkraften. Die Jusos hatten diesem ohne konkretere Angaben vorgeworfen, sich Frauen gegenüber ungebührlich verhalten zu haben.
In der früheren Aschermittwochshochburg der Republikaner, dem niederbayerischen Osterhofen, hielt die AfD ihre Veranstaltung ab. Neben der Landtagsabgeordneten Katrin Ebner-Steiner, die unter anderem über ein Verbot von „Ehen zwischen Weißen“ im Jahr 2040 spekulierte, sprach unter anderem Landeschef Florian Protschka.
Dieser kritisierte neben der Einwanderungspolitik und den Waffenlieferungen an die Ukraine auch die Agrarpolitik der Bundesregierung. Zudem warnte auch er davor, Söder seine Bekenntnisse gegen ein schwarz-grünes Bündnis zu glauben. Protschka dazu:
Markus Söder blinkt wieder mal rechts, aber biegt dann wieder links ab. Wenn Markus Söder ein einziges Mal sein Wort halten würde, hätte er längst zurücktreten müssen.“
Bauernmarkt in Vilshofen als Ursprung des Politischen Aschermittwochs
Die Tradition des Politischen Aschermittwochs reicht ins 16. Jahrhundert zurück, als bayerische Bauern den Vieh- und Rossmarkt in Vilshofen auch zur Diskussion über politische Fragen nutzten. Der Bayerische Bauernbund gilt als Begründer der Tradition – er hielt 1919 eine erste Kundgebung an.
Nach dem Zweiten Weltkrieg griff die Bayernpartei die zuletzt durch die Nationalsozialisten vereinnahmte Tradition wieder auf. Seit 1953 hält auch die CSU wieder Aschermittwochsveranstaltungen ab. Vor allem Franz Josef Strauß setzte sich dabei als Redner in Szene.
In den 1980er-Jahren schafften es die Republikaner unter Franz Schönhuber, zu Aschermittwochsveranstaltungen ähnlich viele Teilnehmer zu mobilisieren wie die CSU. In Wahlerfolge konnten sie diesen Zuspruch jedoch nicht ummünzen: Der Einzug in den bayerischen Landtag blieb der Rechtspartei verwehrt.
Mittlerweile findet der Politische Aschermittwoch nicht mehr nur in Bayern statt. Auch in Brandenburg oder Mecklenburg-Vorpommern laden Parteien an diesem Tag zu politischen Veranstaltungen mit lokaler oder überregionaler Prominenz. Sogar bis nach Österreich hat sich diese Tradition ausgebreitet. In den 1990er-Jahren begründete sie die FPÖ unter Jörg Haider, mittlerweile haben sich auch einzelne Verbände von SPÖ und ÖVP den Politischen Aschermittwoch zu eigen gemacht.
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