Söder will Kernkraftwerk in Landesregie weiterbetreiben – Kritik: Nur ein „Wahlkampfmanöver“

Bayern verlangt eine Änderung des Atomgesetzes. Daher will das Land in die Kernfusion einsteigen und selbst Meiler betreiben. Die Grünen nennen seinen Vorstoß ein „durchsichtiges Wahlkampfmanöver“.
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Eine Wasserdampfwolke des Kernkraftwerks Isar 2 bei Essenbach in Bayern.Foto: iStock
Epoch Times16. April 2023

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Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) will Kernkraftwerke wie den am 14.April abgeschalteten Meiler Isar 2 in Landesverantwortung weiterbetreiben und verlangt vom Bund daher eine Änderung des Atomgesetzes. Bayern fordere vom Bund „eine eigene Länderzuständigkeit für den Weiterbetrieb der Kernkraft“, sagte Söder der „Bild am Sonntag“.

Solange die Krise nicht beendet und der Übergang zu erneuerbaren Energien nicht gelungen sei, „müssen wir bis zum Ende des Jahrzehnts jede Form von Energie nutzen“.

Bayern wolle zudem als Vorreiter in die Forschung zur Kernfusion einsteigen, sagte Söder. Er sprach sich für den Bau eines eigenen Forschungsreaktors aus – „gerne in Zusammenarbeit mit anderen Ländern“.

Darüber hinaus forderte der CSU-Chef eine nationale Forschungsstrategie für eine Nutzbarkeit des Atommülls. „Wir sind es unseren künftigen Generationen schuldig, nicht nur über ein Endlager in ferner Zukunft zu diskutieren, sondern innovative Pläne für eine verantwortungsvolle und technologische Lösung zu entwickeln,“ sagte er der „BamS“.

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Es kann als ausgeschlossen gelten, dass die Ampel-Koalition darauf eingeht. Denn dann wäre unter anderem die Frage der Endlagerung des in Bayern weiter produzierten Atommülls gesondert zu klären. Bei der bundesweiten Suche nach einem Endlager für den bisher angefallenen Atommüll steht Bayern bereits jetzt auf der Bremse, sobald es um eine Lösung auf dem Gebiet des Freistaats geht.

Andere Länderchefs gegen den Vorschlag

„Nachdem sich Bayern jahrelang gegen den Ausbau von Netzen und erneuerbaren Energien gewehrt hat, wirkt diese Idee wie skurriles CSU-Wahlkampfgetöse“, sagte die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) der „Rheinischen Post“. Wenn Söder ein bayerisches AKW weiter betreiben wolle, dann werde er „sicher auch den Atommüll in Bayern entsorgen“, fügte die SPD-Politikerin hinzu.

Ähnlich äußerte sich auch der Thüringer Regierungschef Bodo Ramelow: „Wer die Zuständigkeit für den Betrieb von AKWs in Landeshoheit überleiten will, der muss dann auch alleine die Endlagerung in seinem Bundesland absichern“, schrieb der Linken-Politiker am Sonntag bei Twitter. „Konsequent sein bitte, denn dann ist Thüringen aus der Endlagersuche raus.“

Auch durch die Grünen wird Söders Vorstoß abgelehnt: „Da wirft sich Söder mit großer Geste hinter einen abgefahrenen Zug“, sagte der frühere Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) dem „Tagesspiegel“. Er folge dabei dem Motto: „Das fordere ich, weil die Ablehnung gesichert ist.“ Dabei sei seit Samstag die Berechtigung zum Leistungsbetrieb „unwiderruflich erloschen“, so der Grünen-Politiker.

„Das kann auch eine nachträgliche Änderung des Atomgesetzes nicht heilen. Die Zuständigkeit für die Kernenergie liegt nach dem Grundgesetz beim Bund.“ Die Länder führten das Atomgesetz nur im Auftrag des Bundes aus, sagte Trittin. „Das gilt auch in Bayern – selbst zu Wahlkampfzeiten. Wenn eine Änderung von Gesetzen Sinn macht, dann wäre es ein Zusatz zur Bayerischen Landesverfassung, wonach in Bayern produzierter Atommüll in Bayern endgelagert werden muss.“

Grüne: „Durchsichtiges Wahlkampfmanöver“

Grünen-Bundestagsfraktionschefin Britta Haßelmann kritisierte die Forderung als reine Parteitaktik. „Söders Aussagen sind ein durchsichtiges Wahlkampfmanöver“, sagte sie am Sonntag dpa. In Bayern wird im Oktober gewählt. „Das Atomgesetz verlangt seit 2017 den unverzüglichen Abbau der AKW. Wenn Söder jetzt den Rückbau eines Atomkraftwerks verhindern oder verzögern will, muss geprüft werden, ob das nicht Haftungsansprüche gegenüber dem bayerischen Umweltministerium auslöst“, erklärte sie.

„Ein bisschen Seriosität muss man doch auch von Markus Söder erwarten können. Statt rückwärtsgewandte Debatten zu führen, wäre Söder gut beraten, in Bayern jetzt endlich den Turbo beim Ausbau der Windkraft und Stromnetze einzulegen und endlich auch Verantwortung für die Endlagersuche für den atomaren Müll zu übernehmen“, sagte Haßelmann.

Auch das Bundesamt für die Sicherheit nuklearer Entsorgung (BASE) kritiserte die bayerische Forderung. „Die heutigen Forderungen des Bayrischen Ministerpräsidenten unterstreichen, wie wichtig es ist, dass die politische Verantwortung für die nukleare Sicherheit in Deutschland bei der Bundesregierung liegt“, sagte Präsident Wolfram König am Sonntag dpa.

„Bundestag und alle Bundesländer einschließlich Bayern haben sich nicht nur auf den Ausstieg aus der Kernenergie verständigt, sondern auch die Endlagersuche nach wissenschaftlichen Kriterien auf den Weg gebracht.“ Der geforderte Sonderweg Bayerns widerspreche geltendem Recht und gefährde die Endlagersuche. (afp/dts/red)



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