Söder gibt der CSU Stabilität – Seehofer dagegen sorgt für eine neue Krise
Markus Söder macht Tempo. Früher als die meisten anderen aus der Parteiführung kommt er am Sonntag in die CSU-Zentrale, wo er den Koalitionsvertrag mit den Freien Wählern vorstellen will. Schnelligkeit, Inhalt und Stil beim Erarbeiten des 80-Seiten-Papiers mit den Freien Wählern können Söder helfen, dass er trotz seiner Wahlniederlage vor drei Wochen bald der unangefochten stärkste Mann in der CSU ist.
Denn während Söder eindrucksvoll seinen im Wahlkampfschlussspurt zum Leitmotiv gemachten Begriff „Stabilität“ für seine künftige Landesregierung in die Tat umsetzte, kommt die CSU als Partei noch immer nicht zur Ruhe.
Wieder steht Parteichef Horst Seehofer im Mittelpunkt. Und wieder geht es um den früheren Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen. Nachdem Seehofer sich im Sommer bis an den Rand eines Koalitionsbruchs hinter Maaßen gestellt hatte, will er ihn nun offenbar doch entlassen.
Der Bundesinnenminister wollte die aus der Koalition berichtete Entlassung des als künftiger Sonderberater vorgesehenen Maaßen Sonntagabend zunächst zwar nicht bestätigen. „Im Moment kann ich zu der Sache nichts sagen“, sagt Seehofer. Doch wie ernst er die Lage einstuft, zeigt eine Randbemerkung: Anders als üblich wird am Montag nicht der Parteichef den Koalitionsvertrag unterzeichnen können, da dieser dann schon wieder in Berlin sein muss. Der CSU-Vorstand beauftragt deshalb Söder mit der Unterzeichnung.
Nachdem sich schon seit Tagen die Gerüchte halten, Söder solle Seehofer spätestens Anfang Dezember auch als Parteichef beerben, könnte die Causa Maaßen nun den letzten Ausschlag geben. Noch vor der Vorstandssitzung wirkte Seehofer so, als sei seine Zukunft noch nicht entschieden. Doch dies könnte sich an diesem Sonntag endgültig geändert haben.
Denn während Seehofer wackelt, hat Söder seinen Kernbegriff „Stabilität“ auch in den Koalitionsvertrag mit den Freien Wählern gegossen. Was in dem Papier unter dem Titel „Für ein bürgernahes Bayern“ steht, ist weder sonderlich spektakulär noch besonders innovativ.
Ein eigenes bayerisches Digitalisierungsministerium sticht hervor, dazu Freigiebigkeit gegenüber Familien mit Kleinkindern. Das Entscheidende für die CSU aber ist, dass sie mit Ausnahme des Verzichts auf das Kultusministerium zugunsten der Freien Wähler keine besonders schmerzhaften Zugeständnisse machen muss. Im Gegenteil: Der normale CSU-Anhänger dürfte im Koalitionsvertrag kaum einen Unterschied zu den Regierungsprogrammen der CSU-Alleinregierungen feststellen.
Das Kunststück, aus einer Wahlpleite ein „Weiter so!“ zu machen, könnte für Söder zum Meisterstück werden. Wie schon am Wahlabend angekündigt, scheint er aus dem schlechten CSU-Wahlergebnis auch persönlich seine Lehren gezogen zu haben. Der sonst im Auftreten in der Öffentlichkeit stets offensive Söder mied während der Koalitionsverhandlungen jede unnötige Bemerkung.
Auch zum Thema CSU-Vorsitz äußerte sich Söder nicht. Dafür mehrten sich die Stimmen, die ihn als Nachfolger von Seehofer wollen. Der Europapolitiker Manfred Weber, der noch am Wahlabend von einigen CSU-Spitzenkräften als Kandidat für den Parteivorsitz gehandelt wurde, spielt seit Tagen kaum noch eine Rolle.
Weber kam am Sonntag auch ein paar Minuten zu spät zu den Beratungen über den Koalitionsvertrag. Beim Reingehen betonte er, was ihm im Moment am Wichtigsten ist: Er wolle mit einem möglichst guten Ergebnis am Donnerstag zum Spitzenkandidaten der Konservativen für die Europawahl gewählt werden.
Falls Weber dies gelingt, dürfte er sich danach ganz auf die Europawahl konzentrieren – der Weg zum CSU-Chef scheint für Söder frei. (afp)
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