Social Media wird zur „Radikalisierungsschleuder“ – BKA-Chef drängt auf Bußgelder
Der Präsident des Bundeskriminalamts (BKA), Holger Münch, hat die Betreiber sozialer Netzwerke massiv kritisiert und ein Vorgehen des Staates mit Bußgeldern gefordert, wenn diese bei der Bekämpfung von Hass und Hetze nicht ausreichend kooperierten. Die Betreiber würden „ihrer Verantwortung definitiv nicht gerecht“, sagte Münch dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Samstagausgaben). „Und wir können ein anderes Verhalten gar nicht durchsetzen, weil es keine Bußgeldregelung gibt.“
So seien die großen Online-Dienste zwar laut Digital Services Act verpflichtet, strafrechtlich relevante Inhalte zu melden, wenn sie eine Gefahr für die Sicherheit oder das Leben einer Person sein können. Von diesen großen Online-Diensten habe das BKA aber innerhalb eines Jahres gerade mal 61 Meldungen bekommen.
BKA-Chef: Es muss schneller gehen
Münch forderte, die Regulierung zudem auf die Empfehlungs-Algorithmen zu erweitern. „Es kann nicht sein, dass Menschen nur einseitige Informationen bekommen, wenn sie eine bestimmte Information nachfragen. Dann wird Social Media zu einer Radikalisierungsschleuder“, warnte der BKA-Chef.
Problematisch sei schließlich, dass die Evaluierung des Digital Services Act erst 2026 erfolgen solle, sagte er. „Da sagen wir beim BKA: So viel Zeit haben wir nicht. Das muss schneller gehen. Bisher kriegen wir die großen Anbieter nicht verpflichtet. Wo Unternehmen nicht wollen, da muss man diesem Willen nachhelfen, auch mit Bußgeldern.“
Der BKA-Präsident verglich die Zustände mit der Gesundheitsvorsorge. „Stellen Sie sich vor, Sie säßen an der Spitze eines Lebensmittelkonzerns in Deutschland – und die Behörden müssten gesundheitsgefährdende Produkte in Ihren Regalen suchen, weil Sie das selbst nicht machen“, sagte er dem RND. „Das ist doch unvorstellbar in der analogen Welt. Wir haben hier klar erkennbare Risiken für die Gesellschaft. Deshalb muss man für Social Media entsprechende Verpflichtungen einführen, dass die Anbieter selbst justiziable Inhalte, Hass und Hetze suchen, melden und löschen.“
Mit den Plattformen gibt es Münch zufolge zwei Probleme. „Erstens erledigen wir Aufgaben, die sie, wenn sie soziale Plattformen heißen wollen, selbst machen müssten – mit über 11.000 Löschungen, die wir anregen. Zweitens führen die Algorithmen zur Empfehlung ähnlicher Inhalte – je intensiver man diese konsumiert, desto mehr. So werden junge Leute mit hoher Geschwindigkeit in den Kaninchenbau gezogen. Nur landen sie nicht im Wunderland, sondern im Hassland. Das müssen wir auch auf der politischen Ebene anders beurteilen, im Sinne von Regulierung.“
Zunehmende Gewalt gegen Politiker
Der BKA-Chef beklagt auch zunehmende Gewalt gegen Politiker. „Wenn wir uns die Entwicklung in diesem Jahr anschauen, dann sehen wir nochmal eine deutliche Steigerung der Fallzahlen bei Straftaten gegen Amts- und Mandatstragende gegenüber dem letzten Jahr“, sagte er. Die Polarisierung nehme weiter zu.
Vertreter der Grünen werden Münch zufolge weiterhin am häufigsten attackiert, an zweiter Stelle folge jedoch die AfD. So habe das BKA von Anfang Mai bis Ende Juli 18 Körperverletzungen, gefährliche Körperverletzungen und Brandstiftungen gegen Mitglieder der AfD gezählt. Auch „von der linken Seite“ würden stärker Straftaten begangen, sagte der BKA-Präsident dazu.
Die Situation sei „sehr angespannt“, betonte Münch. „Und sie kann durchaus noch schlimmer werden.“ Wichtig sei es, Signale zu setzen. Kommunalpolitiker zeigten Angriffe nur in etwa elf Prozent der Fälle an, bemängelte der BKA-Präsident – „das ist viel zu wenig“.
Offenbar fehle das Vertrauen, dass bei den Ermittlungen etwas herauskomme. Die Strafverfolgungsbehörden müssten deshalb das Signal senden, dass sie fähig sind, solche Straftaten konsequent zu verfolgen. Münch betonte: „20 Prozent der befragten Kommunalpolitiker überlegen, ob sie ihr Amt aufgrund von Anfeindungen niederlegen oder nochmal antreten. Das ist ein hoher Wert.“ (dts/afp/red)
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