Sicherheitspaket: Union stellt weitere Forderungen – Regierung kompromissbereit
Nach ihrer Blockade im Bundesrat hat die Union deutliche Verschärfungen des Sicherheitspakets der Ampelkoalition gefordert. Dabei geht es vorwiegend um Befugnisse für Sicherheitsbehörden bei der Gesichtserkennung und der Vorratsdatenspeicherung, sagte der CDU-Politiker Alexander Throm. Vor einer möglichen Befassung im Vermittlungsausschuss flammte am Montag, 21. Oktober, aber auch die koalitionsinterne Debatte über die Vorratsdatenspeicherung wieder auf. Nun dürften schwierige Verhandlungen zwischen Regierung und Union bevorstehen.
Auch der durch die Festnahme eines Libyers am Samstag mutmaßlich vereitelte Anschlag auf die israelische Botschaft in Berlin befeuerte die Sicherheitsdebatte. Die Union sieht in dem vom Bundestag beschlossenen Sicherheitspaket noch „akuten Nachbesserungsbedarf“, sagte Throm der „Rheinischen Post“. Die Union werde daher im Vermittlungsausschuss alles daran setzen, diese Nachbesserungen durchzusetzen. Gerade die FDP habe die Maßnahmen „torpediert“, sagte der CDU-Politiker.
Parteiübergreifende Bereitschaft zur Nachbesserung
Die Liberalen kritisierten CDU und CSU zwar für ihre Ablehnung, wollen aber auf die Union zugehen, um Nachbesserungen beim Sicherheitspaket zu erreichen. Fraktionsvize Christoph Meyer sagte der Nachrichtenagentur AFP: „Beim Sicherheitspaket I wollen wir mehr Kontrolle bei der unkontrollierten Zuwanderung und die dafür notwendigen Maßnahmen.“ In ein zweites Sicherheitspaket gehöre „das Thema Zurückweisungen“. Diese fordert auch die Union – Meyer lädt sie daher „ein, einen parteiübergreifenden Maßnahmenkatalog zu schnüren“.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) kündigte ihrerseits Gespräche mit den Ländern an. Grünen-Chef Omid Nouripour sagte zu, dass seine Partei „über alles sprechen“ werde, „was wirksam und machbar ist“. Er stellte klar: „Zum Nachjustieren sind wir immer bereit.“
Unklar ist noch, ob der Vermittlungsausschuss angerufen wird. Bundestag und Bundesregierung können diesen Schritt gehen. Vizeregierungssprecherin Christiane Hoffmann ließ offen, ob die Regierung dies tut. Derzeit werde innerhalb der Bundesregierung über das weitere Vorgehen beraten.
Das nach dem mutmaßlich islamistisch motivierten Messeranschlag in Solingen von der Regierung vereinbarte Sicherheitspaket war am vergangenen Freitag vom Bundestag verabschiedet worden. Es sieht unter anderem strengere Asylregeln, schnellere Abschiebungen und Verschärfungen im Waffenrecht vor. Die unionsgeführten Länder im Bundesrat verweigerten aber einem Teil des Maßnahmenbündels, der Ermittlungsbehörden mehr Befugnisse geben sollte, ihre Zustimmung.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kritisierte die Blockade der Union scharf. Der Kanzler sei „sehr empört“ darüber, dass der Teil zur Terrorismusbekämpfung vorläufig nicht umgesetzt werden könne, sagte Vizeregierungssprecherin Hoffmann. Scholz halte es „letztlich für unverantwortlich, dass die verbesserte Terrorismusbekämpfung damit blockiert oder verzögert wird“.
Uneinigkeit bei Vorratsdatenspeicherung
Die Unionsländer begründeten die Ablehnung damit, dass ihnen die Pläne nicht weit genug gehen. Nordrhein-Westfalens CDU-Ministerpräsident Hendrik Wüst forderte Nachbesserungen, vor allem bei der Terrorbekämpfung. So brauche es „eine angemessene Speicherung von Verkehrsdaten bei den Telekommunikationsanbietern“, sagte Wüst der „Bild“.
Die Vorratsdatenspeicherung ist aber innerhalb der Ampel umstritten. Während die FDP eine Einführung ablehnt, sind die Sozialdemokraten dafür.
Der SPD-Innenpolitiker Lars Castellucci warb am Montag für das strittige Ermittlungsinstrument. „Aus meiner persönlichen Sicht sollte auch eine maßvolle Vorratsdatenspeicherung in Deutschland möglich sein“, sagte er im „Deutschlandfunk“. Mit Blick auf die unterschiedlichen Positionen zu dem Thema vor allem zwischen Faeser und Justizminister Marco Buschmann (FDP) hofft Castellucci auf „Kompromisse“. Bisher sei es „sehr, sehr schwer, aufeinander zuzugehen“.
Von der FDP kam bei dem Thema aber eine erneute Absage. „Es geht um Sicherheitsmaßnahmen bei Asylsuchenden, die Forderung nach einer pauschalen Vorratsdatenspeicherung und Grundrechtseingriffen ist hier daher fehl am Platz“, sagte Fraktionsvize Meyer. Den „gläsernen Bürger durch die Hintertür“ lehnten die Liberalen ab.
CDU fordert IP-Adressenspeicherung
Bei der Vorratsdatenspeicherung würden Telekommunikationsdaten automatisch für den Fall gespeichert, dass sie von Ermittlungsbehörden gebraucht werden. Der Europäische Gerichtshof erklärte diese Praxis für europarechtswidrig; sie ist daher in Deutschland ausgesetzt. Buschmann will stattdessen das sogenannte Quick-Freeze-Verfahren einführen. Damit sollen Ermittlungsbehörden Verbindungsdaten von Computern „einfrieren“ lassen können, um sie später auszuwerten.
Im Interview mit der „Welt“ kritisierte der CDU-Politiker Philipp Amthor die Quick-Freeze-Verfahren als unzureichend und als „Ablenkungsmanöver“. „Quick Freeze, das Einfrieren von Daten, das geht natürlich nur für solche Daten, die die Sicherheitsbehörden überhaupt haben.“ Die Daten müssten erst einmal erhoben werden. Die IP-Adressenspeicherung, welche die Union fordere, sei daher dringend notwendig.
afp/tp
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