Sicherheitspaket der Ampelkoalition: Skepsis und Bedenken wegen möglicher Nebeneffekte

Das Sicherheitspaket, das die Ampel unter dem Eindruck der Bluttat von Solingen beschlossen hat, stößt auf Skepsis. Während die Maßnahmen Flüchtlingshelfern zu weit gehen, machen andere Kritiker darauf aufmerksam, dass die erweiterten Polizeibefugnisse alle Bürger beträfen.
Die Messerattacke von Solingen hat Bürger und Politiker aufgewühlt
Die Bundesregierung hat sich nach dem Anschlag von Solingen auf ein Maßnahmenpaket geeinigt.Foto: Kay Nietfeld/dpa
Von 29. August 2024

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Von dem Sicherheitspaket, auf das sich die Ampelkoalition am Donnerstag, 29.8., unter dem Eindruck des mutmaßlichen Terroranschlags von Solingen, soll ein Zugewinn an Sicherheit für Deutschland ausgehen. So wird es zu Verschärfungen des Waffenrechts kommen. Sicherheitsbehörden sollen zusätzliche Befugnisse erhalten. Zudem soll es Verschärfungen im Bereich der Asylpolitik geben.

Unter anderem hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser Messerverbote bei öffentlichen Veranstaltungen angekündigt. Die Polizei soll mehr Möglichkeiten zur Nutzung von Gesichtserkennungssoftware und KI erhalten. Zusätzlich sollen die Beamten mehr Freiheiten für verdachtsunabhängige Kontrollen erhalten. Bis dato war dies häufig mit Risiken verbunden, weil der Verdacht des sogenannten Racial Profilings im Raum stehen konnte.

Sicherheitspaket nimmt auch Umsetzung der Dublin-Regeln ins Visier

Ein weiterer Schwerpunkt des Sicherheitspakets, das Faeser zusammen mit Bundesjustizminister Marco Buschmann vorgestellt hatte, ist die strengere Beachtung der Dublin-Regeln. Unter anderem sollen Leistungen für Asylsuchende wegfallen, wenn diese bereits in einem anderen EU-Land aufhältig gewesen seien.

Gemäß den geltenden Regeln auf EU-Ebene wäre dieses für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig. Asylsuchende müssten entsprechend auch dort ihren Antrag stellen. Der mutmaßliche Attentäter von Solingen sollte nach Bulgarien abgeschoben werden, weil das Verfahren dort hätte stattfinden müssen. Allerdings war es ihm gelungen, sich der aufenthaltsbeendenden Maßnahme zu entziehen.

Aus Deutschland und Österreich waren zuletzt mehrfach Vorwürfe an Erstankunftsländer in der EU gerichtet worden, diese würden Asylsuchende dorthin „durchwinken“. Auf diese Weise wollten sie ihre Verantwortung für die Unterbringung der Antragsteller und die Durchführung der Verfahren delegieren. Das Sicherheitspaket soll nun die Anreize für die Asylsuchenden selbst mindern, nach Deutschland weiterzureisen.

Pro Asyl hält Leistungskürzungen für verfassungswidrig

Kritik am Sicherheitspaket kommt bereits jetzt von Flüchtlingshilfsverbänden. Pro Asyl hat mit Blick auf noch weitergehende Forderungen von FDP-Chef Christian Lindner geäußert, dessen Vorhaben zur Streichung von Asylbewerberleistungen seien „absehbar verfassungswidrig“.

Gegenüber der Nachrichtenagentur AFP verwies die Organisation auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Diese sage eindeutig:

„Sozialleistungen dürfen nicht aus vermeintlichen Abschreckungseffekten gestrichen oder willkürlich gekürzt werden.“

Lindner hatte gefordert, kein Geld mehr an Asylsuchende auszuzahlen, für deren Verfahren andere EU-Länder zuständig wären. Auch Ausreisepflichtige sollten „mit Ausnahme der Reisekosten in das eigentlich zuständige Land“ keine weiteren Leistungen erhalten.

Pro Asyl weist darauf hin, dass es in Fällen der Zuständigkeit anderer Staaten bereits jetzt geminderte Leistungen gebe. Es sei ohnehin noch „offen, ob dies rechtskonform ist“. Darüber hinausgehende Kürzungen würden mit Sicherheit die Menschenwürde verletzen.

Union will „lückenlose Kontrolle der Grenzen“

Nicht weit genug geht das Sicherheitspaket demgegenüber dem innenpolitischen Sprecher der Unionsfraktion, Alexander Throm. Er sieht das Dublin-System als gescheitert, die Deutschen seien „die Einzigen in diesem System, die sich noch an die Regeln halten“. Man müsse nun „an den Grenzen lückenlos kontrollieren und zurückweisen, bis Dublin wieder funktioniert“.

SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese hingegen weist darauf hin, dass die Zahl irregulärer Einreisen bereits jetzt im Sinken begriffen sei. Dies sei ein Resultat der bestehenden Kontrollen an den Grenzen zu Österreich, Tschechien, Polen und der Schweiz. Die Kontrollen würden, so Wiese „bis zur Wirksamkeit der Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems notwendig bleiben“. Für die Umsetzung des GEAS sei eine Frist bis Mitte 2026 vorgesehen.

In der Praxis scheitern derzeit viele Versuche, Flüchtlinge, deren Anträge in anderen Ländern bearbeitet werden müssten, in diese zurückzuschieben. Im ersten Halbjahr 2024 waren der Bundesregierung zufolge 3.043 solcher Rückführungen erfolgt. Allerdings scheiterten 4.952 weitere – weil Rechtsmittel eingelegt wurden, medizinische Gründe geltend gemacht wurden oder die Geflüchteten nicht auffindbar waren. Auf diese Weise hatte auch der spätere Solingen-Tatverdächtige seine Abschiebung verhindert.

Sicherheitspaket lasse Einschränkungen für alle befürchten

In sozialen Medien ist Skepsis gegenüber dem Sicherheitspaket der Ampel zu verzeichnen. Nutzer von X weisen beispielsweise darauf hin, dass es Waffenverbote auf öffentlichen Veranstaltungen bereits jetzt gebe.

Andere befürchten, dass große Teile des Sicherheitspakets vor allem die breite Bevölkerung betreffen werden. Dies gelte vor allem bezüglich der zusätzlichen Befugnisse für die Sicherheitsbehörden.



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