Sexuelle Belästigung beim WDR: Kein Einzelfall-Problem – Mitarbeiter fordern vom Intendanten Konzequenzen

Die Frage wie der WDR bisher mit Hinweisen zu sexueller Belästigung umgegangen ist, soll nun Monika Wulf-Mathies (SPD) klären. Nach dem Belästigungsvorwürfe gegen Mitarbeiter des WDR in einem "Stern"-Artikel veröffentlicht wurden, wird immer offensichtlicher, dass es sich nicht um einen Einzelfall handelt.
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WDR-Intendant Tom Buhrow.Foto: Oliver Berg/dpa
Epoch Times27. April 2018

Um die Frage wie der WDR bisher mit Hinweisen auf sexuelle Belästigung umgegangen ist, kümmert sich nun Monika Wulf-Mathies (SPD) ehemalige EU-Kommissarin.

Wulf-Mathies soll als externe Gutachterin unabhängig untersuchen, was bisher vorgefallen ist. Anschließend sollen die Ergebnisse veröffentlicht werden, berichtete ARD.

„Wir stellen uns auf den Prüfstand, denn wir haben nichts zu verbergen,“ sagt Tom Buhrow, Intendant des WDR.

Dementsprechend soll Wulf-Mathies uneingeschränkten Zugang zu allen Informationen und Gesprächspartnern erhalten. Eine Anwaltskanzlei ihres Vertrauens wird sie bei ihrer Arbeit unterstützen. Laut ARD-Bericht hat der WDR eine weitere Kanzlei beauftragt, an die sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Hinweisen wenden können.

WDR-Mitarbeiter wenden sich mit Brandbrief an Intendanten

Es scheint jedoch erst nach Druck durch die WDR-Mitarbeiter und des Personalrats auf die Senderspitze zu diesen Entscheidungen gekommen zu sein.

So drückten nachdem Anfang April der „Stern“ und „Correctiv“ die ersten Vorwürfe von sexueller Belästigung veröffentlichte, 70 NRW-Reporter des WDR aus der Programmgruppe „Aktuell“ in einem „Brandbrief“ an die Senderspitze ihre „tiefe Sorge um den WDR, für den in diesen Tagen großer Schaden entsteht“ aus.

Sie schreiben:

Statt mit maximal möglicher Transparenz darzulegen, was geschah, was der Sender unternommen hat, als die Vorwürfe erstmals bekannt wurden, und was er nun unternimmt, schweigt das Haus oder äußert sich allgemein und mit Verweis auf arbeitsrechtliche Beschränkungen ausweichend. Auf diese Weise wird der Eindruck in Kauf genommen, dass etwas vertuscht werden soll oder beteiligte Personen geschützt werden sollen.“

Auch die Redakteursvertretung des WDR hat laut „Stern“ Buhrow als Intendanten geschrieben und ihn zur „notwendigen Selbstkritik“ aufgerufen. Das Gremium stellte fest, dass immer mehr Kollegen „persönliche Nachteile befürchten“, wenn sie Kritik äußern. Ein „Klima des Vertrauens“ fehle im WDR.

Sie fragen in dem Brief auch:

Wie sollen wir künftig über den Splitter im Auge des anderen berichten, wenn in unserem ein Balken steckt?“

Bereits vergangene Woche hatten Personalratsvertreter in einem Brief ihr Misstrauen darin ausgedrückt, dass der Intendant, die Krise allein „meistere“ und forderten „Hilfe von Außen“.

Vorgesetzte missbrauchten ihre Machtposition

Hintergrund sind Vorwürfe zu sexuellen Belästigungen von mehreren Mitarbeiterinnen bzw. einer Praktikantin. Manche liegen schon Jahre zurück andere beziehen sich auf die Gegenwart. Einige Vorfälle seien der Senderspitze damals schon bekannt gewesen berichtete der „stern“ doch hätten sie damals keine Konsequenzen für die Täter gehabt.

In den beschriebenen Fällen haben Vorgesetzte ihre „Machtposition“ benutzt, um Kolleginnen gefügig zu machen, heißt es. In einem Fall wurde mit dem Ende des Arbeitsverhältnis gedroht bzw. Anreize gegeben, wenn sich die betreffenden Kolleginnen auf die Avancen des Vorgesetzten einlassen.

Nach Bekanntwerden der ersten Vorwürfe gegen einen Auslandskorrespondenten ist die Vorsitzende des Personalrates aus dem Interventionsteam des WDR zurückgetreten.

In einer Mail erhob sie Anschuldigungen gegen die WDR-Führung: „Der Personalrat (…) hat immer wieder vergeblich gefordert, im absolut hierarchisch geprägten WDR eine (…) Ahndung von Machtmissbrauch und Herabwürdigung gegenüber Schwächeren und Abhängigen zu gewährleisten.“ Derlei Vorschläge seien aber etwa ins Lächerliche gezogen oder für überflüssig erklärt worden, berichtete „Der Spiegel“.

WDR-Chefredakteurin: „Die Dinge sind komplexer als in den Medien dargestellt“

Im Interview mit „Spiegel-Online“ verteidigte sich WDR-Chefredakteurin Sonia Mikich gegen die Vorwürfe, nicht durchgegriffen zu haben: „Das Gesamtbild ist nicht vollständig. Die Dinge sind komplexer als in den Medien dargestellt“, so Mikich.

Am Ende des Brandbriefes fordern die WDR-Mitarbeiter Buhrow auf, Fakten zu liefern und „wo nötig auch die Konsequenzen“ zu ziehen.

„Tun Sie dies auch aus Respekt vor allen Frauen, die den Mut fanden, über das zu berichten, was ihnen widerfahren ist“, schließen die WDR-Mitarbeiter den „Brandbrief“, den nach Informationen von „Stern“ und „Correctiv“ inzwischen weitere WDR-Mitarbeiter aus anderen Abteilungen unterzeichneten. (er)



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