Sekmen-Wechsel von Grünen zur CDU: Spekulationen über Direktkandidatur in Mannheim 2025

Der Wechsel der grünen Bundestagsabgeordneten Melis Sekmen zur CDU bleibt ein bestimmendes Thema der Innenpolitik. Nun werden Spekulationen laut, die Politikerin könnte bereits 2025 als Direktkandidatin für die Christdemokraten in Mannheim antreten.
Die Grünen-Abgeordnete Melis Sekmen will in die Unionsfraktion wechseln (Archivbild)
Die Grünen-Abgeordnete Melis Sekmen will in die Unionsfraktion wechseln (Archivbild).Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa
Von 2. Juli 2024

Die Ankündigung der grünen Bundestagsabgeordneten Melis Sekmen, zur CDU zu wechseln, bewegt nach wie vor die deutsche Innenpolitik. Die aus Mannheim stammende Politikerin hatte am Montag, 1. Juli, ihren Austritt aus Fraktion und Partei bekannt gegeben. Gleichzeitig hat sie ihren Wechsel zur Unionsfraktion bekannt gegeben und einen Antrag auf Aufnahme in die Partei gestellt. Bereits am Dienstag, 2. Juli, soll sie an einer Fraktionssitzung der Union teilgenommen haben.

Sekmen voll des Lobes für CDU-Grundsatzprogramm

Dem Portal „Table.Media“ zufolge, das zuerst über den Übertritt berichtet hatte, hatte Sekmen bereits vor Wochen den Kontakt zur CDU gesucht. Nach Gesprächen mit führenden Politikern der CDU Baden-Württemberg und mit Parteichef Friedrich Merz hat sie sich zu ihrem Schritt entschlossen. Hauptgrund für ihren Wechsel sei die Wirtschaftspolitik der Grünen gewesen.

Auf Instagram verkündete Sekmen am Montag ihre Entscheidung. Sie erklärte, dass sich ihre „Vorstellung darüber, wie und mit welchem Stil Politik gemacht wird, weiterentwickelt hat“. Sie forderte eine „Debattenkultur, die auch unbequeme Realitäten benennen kann und in dem Menschen für ihre Meinung oder ihre Sorgen nicht in Schubladen gesteckt werden“.

Sekmen zufolge sollten die entsprechenden Impulse „aus einer starken Mitte und nicht aus den extremen Rändern der Politik kommen“. Das im Mai beschlossene Grundsatzprogramm der CDU scheint auf sie einen signifikanten Eindruck gemacht zu haben. Dort hat sie nach eigenen Angaben „diese und viele andere Ansätze wiedergefunden, mit denen ich mich identifizieren kann“.

Thorsten Frei: Politisches Angebot der CDU „offensichtlich überzeugend“

An den Mehrheiten im Bundestag ändert der Schritt nichts Wesentliches. Die grüne Fraktion verfügt nur noch über 117 Mandate, die Ampel über 415. Die Opposition verfügt nun über 318 Sitze. Für die Grünen schafft der Wechsel Sekmens jedoch eine denkbar ungünstige Optik.

Dass eine Wirtschaftspolitikerin geht und dies explizit mit Unzufriedenheit mit der Partei in ihrem Fachgebiet begründet, lenkt die Aufmerksamkeit auf das grün geführte Bundeswirtschaftsministerium. Sekmen selbst ist Mitglied des Wirtschaftsausschusses im Bundestag.

Die Unionsfraktion begrüßt den Wechselentschluss der Parlamentarierin. Ihr Parlamentarischer Geschäftsführer Thorsten Frei erklärte, Sekmens Schritt sei „nicht nur zu respektieren“. Man freue sich auch darüber, „weil offensichtlich auch unser politisches Angebot überzeugend ist“.

Demgegenüber fordert der Mannheimer Kreisverband der Grünen die Abgeordnete auf, ihr Mandat zurückzulegen. Der Verband begründet dies damit, dass Sekmen über die Landesliste ihrer Partei in Baden-Württemberg in den Bundestag eingezogen sei. Mit der Aufgabe ihres Mandats könne „eine andere Person der gewählten Grünen-Liste statt ihr im Bundestag vertreten sein“.

„Ein Sechser im Lotto“ für die CDU?

In den Anfangsjahren der Grünen hatte die Partei das Prinzip des imperativen Mandats sogar auf Parteitagen beschlossen. Dieses sieht eine Bindung gewählter Abgeordneter an Weisungen und Beschlüsse der Partei und ihrer Gremien vor. Da die Verfassung jedoch in Artikel 38 GG ausdrücklich ein freies Mandat vorsieht, sind Ansinnen dieser Art grundsätzlich unbeachtlich. Dabei gibt es keinen Unterschied, ob das Mandat direkt oder über eine Landesliste errungen wurde.

Dennoch sieht auch Markus Decker vom „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (RND) in Sekmens Übertritt „etwas Unverfrorenes“. Nach dem Polizistenmord von Mannheim durch einen afghanischen Staatsangehörigen am 1. Juni macht er die Abgeordnete zur „Kronzeugin gegen die grüne Migrationspolitik“. Die aus einer türkischen Einwandererfamilie stammende Politikerin sei für die CDU „wie ein Sechser im Lotto“.

Nach dem tödlichen Messerangriff auf den Polizeibeamten Rouven Laur hatte Sekmen von ihrer Partei einen „klaren Plan“ zur Steuerung von Migration und Bekämpfung von Dschihadismus gefordert. Innerhalb der türkischen Community ist sie jedoch – ähnlich wie andere etablierte Politiker mit türkischem Migrationshintergrund – nicht unumstritten.

Als es in Mannheim 2018 zu Jubelfeiern nach der Wiederwahl Recep Tayyip Erdoğans zum Präsidenten der Türkei gekommen war, bezeichnete sie dies als „eine Stellungnahme gegen unser Grundgesetz“. Bei Präsidentschaftswahlen in der Türkei hatte der AKP-Politiker unter wahlberechtigten Diaspora-Türken in Deutschland mehrfach 60 Prozent oder mehr der abgegebenen Stimmen erreicht.

In Mannheim entsteht „Win-Win-Situation“ für CDU und ihre neue Abgeordnete

CDU-Chef Friedrich Merz hat sich zufrieden über den bevorstehenden Neuzugang geäußert. Mit ihrer Familiengeschichte und ihren Themen verbinde Sekmen „vieles, wofür auch die CDU steht“. Man mache „Politik für die fleißigen Menschen in unserem Land“, so der Parteichef.

RND-Journalistin Alisha Mendgen spricht von einer „Win-Win-Situation“ sowohl für Sekmen selbst als auch für die CDU. Diese hatte vor 2021 den Wahlkreis von Sekmen gewonnen – ihr damaliger Kandidat Roland Hörner sei jedoch 70 Jahre alt und werde voraussichtlich keine Ambitionen auf eine Kandidatur mehr entfalten. Es spreche vieles dafür, dass Sekmen 2025 gegen die Wahlkreisabgeordnete Isabel Cademartori antreten werde.

Mendgens Kollege Markus Decker sieht die Kandidatur Sekmens für das Mannheimer Direktmandat unterdessen noch nicht als ausgemachte Sache. Wenn stimme, was man bei den Grünen über deren Arbeitsweise sage, werde sie auch in der CDU früher oder später anecken.

Lengsfeld und Twesten als Vorbilder?

Der Schorndorfer AfD-Politiker Stephan Schwarz sieht im Wechsel Sekmens zur Union die Konsequenz einer Annäherung der Union an die Grünen. Der Weg von der einen Partei zur anderen sei nicht mehr weit.

Auf Bundesebene liegt der letzte Übertritt einer Grünen-Politikerin zur CDU fast 30 Jahre zurück. Die als DDR-Bürgerrechtlerin über Bündnis ’90 zu den Grünen gestoßene Vera Lengsfeld hatte 1996 ihren Übertritt erklärt. Bis 2005 blieb sie für die CDU im Bundestag. Im November des Vorjahres gab sie ihren Austritt bekannt.

Zuvor hatte bei Lengsfeld ein längerer Entfremdungsprozess stattgefunden, der sich vor allem an der Migrations- und der Klimapolitik der CDU entzündete. Lengsfeld wollte zuletzt ihren ebenfalls aus der CDU ausgetretenen Sohn Philipp Lengsfeld bei der Gründung einer „liberal-konservativen“ Plattform für die EU-Wahl unterstützen. Auf dem Stimmzettel fand diese sich jedoch nicht wieder.

Auf Landesebene wechselte 2017 Elke Twesten im niedersächsischen Landtag von den Grünen zur CDU. Damit verlor die rot-grüne Koalition unter Stephan Weil ihre Mehrheit.

Wechsel zwischen CDU und Grünen auf kommunaler Ebene häufiger

Auf kommunaler Ebene hatte es in der Vergangenheit bereits mehrfach Parteiwechsel zwischen Grünen und CDU gegeben. Im Jahr 2017 wechselte Stadtrat Thomas Hornung, der für einen verstorbenen Politiker seiner Partei nachgerückt war, von den Grünen zur CDU. Er war auch als Mitarbeiter des ehemaligen Bundestagsabgeordneten Nikolas Löbel tätig.

Im Jahr 2021 wechselte demgegenüber CDU-Politiker Chris Rihm zu den Grünen – und sitzt dort heute in deren Fraktionsvorstand. Thorsten Frei erklärte, Sekmen sei nichts versprochen worden. Allerdings verwies auch er auf deren Verwurzelung in der Mannheimer Politik.



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