Sehr schlechtes Bildungsniveau: Große Ungleichheit in Fluchtländern erschwert Integration geflüchteter Musliminnen
Es gibt eine Vielzahl von Stimmen aus Politik, Hilfsorganisationen, sozialen Verbänden und Instituten, die einen raschen und ausgiebigen Familiennachzug von Flüchtlingen und Migranten fordern. Denn für viele Schutzberechtigte fördere das Nachholen engster Angehöriger die Integration und sei menschlich gesehen selbstverständlich, so die Argumentation.
Allerdings zeigen sich nicht nur bei der Integration männlicher Zuwanderer Schwierigkeiten – sondern auch bei der Integration geflüchteter Frauen.
Denn neben Erlernen von Sprache, Regeln und Gesetzen, ist die Teilnahmen an Aus- und Weiterbildung ein wichtiger Faktor für eine schnelle Integration und eine Unabhängigkeit von staatlichen Fürsorgeleistungen.
Integration für Flüchtlingsfrauen schwieriger
Statistiken zeigen jedoch, dass sich geflüchtete Frauen weitaus schwerer damit tun, in Deutschland eine Arbeit zu finden, als männliche Zuwanderer. Der Grund: die enormen Unterschiede beim Bildungsniveau und bei den beruflichen Qualifikationen zwischen Männern und Frauen aus den wichtigsten Herkunftsländern der Zuwanderer.
Hinzu kommt, dass geflüchtete Frauen auch seltener an Deutschkursen teilnehmen, wodurch die Integration in den Arbeitsmarkt zusätzlich erschwert wird. Die „Welt“ berichtete.
Die Geschlechterunterschiede in der schulischen und beruflichen Bildung, gerade bei den geflüchteten Musliminnen, sind eine Folge der traditionellen Rollenverteilung zwischen Mann und Frau. Durch sie sind viele geflüchtete Frauen in ihren Heimatländern nicht wirtschaftlich orientiert und demzufolge jetzt hier in Deutschland auch nicht erwerbsorientiert ausgerichtet.
Jede sechste Flüchtlingsfrau hat keine Schulbildung
In Zahlen bedeutet dies, dass jede sechste geflüchtete Frau in ihrer Heimat keine Schule besucht hat. Unter den Männern hingegen ist der Anteil der Analphabeten nicht einmal halb so groß, hießt es in einer Analyse des Ifo-Instituts über „Geflüchtete Frauen in Deutschland“.
Bei den Berufserfahrungen im Heimatland stehen Frauen ebenfalls schlechter da. Nur 40 Prozent von ihnen können Arbeitsmarkterfahrungen vorweisen, der Anteil der Männer mit Berufserfahrung beträgt hingegen 75 Prozent.
Die Ifo-Studie zeigt darüber hinaus, dass die Hälfte der schutzberechtigten Frauen wirtschaftlich gar nicht aktiv ist. Das heißt, sie sind weder erwerbstätig noch in Ausbildung, noch auf Stellensuche.
Frauen aus dem Irak und Syrien fallen dabei besonders auf. Bei ihnen liegt der Anteil der Inaktiven mit rund zwei Drittel sogar noch höher. Bei den geflüchteten Männern sind dagegen lediglich sieben Prozent wirtschaftlich inaktiv.
Flüchtlingsfrauen oft stark in die Kinderbetreuung eingebunden
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) führte Befragungen durch und fand dabei mehrere Faktoren für die vergleichsweise geringe Erwerbsneigung von geflüchteten Frauen.
So müssen sich die Frauen oft um mehrere Kinder kümmern. Dadurch fällt es ihnen schwer, an Sprach- und anderen Integrationskursen teilzunehmen. Gleichzeitig ergeben sich für sie weniger soziale Kontakte zur einheimischen Bevölkerung und entsprechend oft sind ihre Deutschkenntnisse deshalb auch gering ausgeprägt. Dies wiederum wirkt sich negativ auf die Zukunftschancen ihrer Kinder aus.
Migrationsforscher Ruud Koopmans vom Wissenschaftszentrum Berlin (WZB) beschreibt eine bestehende Gefahr: „Die ersten Gastarbeiter, die vor 50 Jahren nach Deutschland kamen, lebten hier eher modern und fanden Anschluss an die hiesige Bevölkerung. Als dann die Familien nachzogen und sich damit Gemeinschaften bildeten, wurden aus den modernen Männern plötzlich konservative Familienväter“, sagt Koopmans gegenüber der „Welt“.
Der Wissenschaftler macht deutlich, dass die soziale Segregation sich damals erst dann entwickelte, als die Familien nachgezogen sind.
In seiner Studie „Assimilation oder Multikulturalismus?“ zeigt der Soziologe, dass die traditionellen Rollenbilder und die vergleichsweise geringe Erwerbsbeteiligung muslimischer Frauen die Integration der Familien erheblich erschweren.
Eine Lösung: Spezielle Ausbildungsprogramme für Flüchtlingsfrauen
Koopmans empfiehlt der Politik, auf Anreizsysteme zu setzen. So könnte man den Nachzug von Ehepartnern an Bedingungen knüpfen, wie dies bei anderen Ländern auch üblich sei. Die Deutschkenntnisse des Partners oder das Vorhandensein eines Mindesteinkommens und ausreichenden Wohnraums könnten „belohnt“ werden, schlägt der Wissenschaftler vor.
Spezielle Ausbildungsprogramme für Flüchtlingsfrauen, die auf ihre tatsächliche Lebenssituation ausgerichtet sind, wären eine andere Möglichkeit, die Integration zu fördern. Das zusätzliche Einkommen durch die Frau würde darüber hinaus auch die finanzielle Situation der Familie entlasten, so der Forscher weiter.
Das erhöhte Bildungsniveau komme dann wiederum dem Nachwuchs zugute und wirke einer Abschottung der Familie gegenüber der allgemeinen Gesellschaft entgegen. Außerdem fördere die verringerte Abhängigkeit von staatlichen Fürsorgeleistungen die Bildungschancen der Kinder. (er)
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