Seehofer: Asylkurs 2015 einer der schwersten Fehler deutscher Nachkriegspolitik – Merkels Widerstand „macht mich ratlos“
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat im Unionsstreit um Zurückweisungen von Migranten an der Grenze sein Unverständnis über Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ausgedrückt.
Er verstehe nicht, dass Merkel seinen Masterplan Migration wegen eines „technischen Details“ scheitern lassen könnte, sagte Seehofer am Dienstag „Focus Online“. „Wir sind ja im Ziel einig, es geht lediglich um das Verfahren – mir erklärt sich der Widerstand nicht und macht mich ratlos.“
Im erbitterten Asylstreit innerhalb der Union will Seehofer die Zurückweisung bereits registrierter Flüchtlinge an der Grenze im Zweifelsfall im Alleingang durchsetzen. Merkel beharrt auf einer europäischen Lösung und will bis Ende der Woche hierüber mit anderen EU-Staaten verhandeln.
Seehofer beschrieb die Kanzlerin als sehr stark und zielstrebig mit echten Nehmerqualitäten. „Kanzlerin wird man nicht aus Zufall, sie ist schon außergewöhnlich stark“, sagte Seehofer. Der Flüchtlingskurs im Spätsommer 2015 sei aber einer der schwersten Fehler deutscher Nachkriegspolitik gewesen.
„Europa ist gespalten, in Deutschland ist die Gesellschaft polarisiert und das Verhältnis der Unionsparteien belastet“, sagte der Innenminister. Trotzdem geht Seehofer nicht davon aus, dass wegen des eskalierten Asylstreits zwischen CDU und CSU die große Koalition scheitern könnte. Diese Annahme sei „weltfremd“.
Auch der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Carsten Schneider, setzt darauf, dass sich die Beteiligten bei der Sitzung des Koalitionsausschusses am Dienstagabend zusammenraufen und eine Einigung finden werden. „Wir sind relativ klar, dass wir eine europäische Lösung wollen“, sagte er im ARD-„Morgenmagazin“.
Es gehe um einen Konflikt zwischen Merkel und Seehofer. Für ihn liege auf der Hand, dass Merkel ihren Innenminister entlassen müsse, wenn dieser gegen den Willen der Kanzlerin Grenzkontrollen anordnen sollte. „Ich hoffe aber, dass die Beteiligten sich auch zusammenraufen“, sagte Schneider.
„Im Kern geht es darum: Wir haben lange gekämpft, eine Regierung für Deutschland zu haben.“ Dies alles werde jetzt aber überlagert von einer „Scheindebatte“, sagte Schneider. Denn tatsächlich sei ein Rückgang der Flüchtlingszahlen zu verzeichnen. (afp)
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