Schwesig ließ SPD-Ostergrüße an Kitas verteilen – Kritiker sehen Grenze überschritten
Parteienwerbung an Kitas? Eigentlich ein Tabu. Der thüringische Bildungsminister Helmut Holter (Linke) hatte schon 2018 in einem Rundschreiben entschieden, dass Wahlwerbung in Kitas im Interesse des Wohls der Kinder und eines demokratischen Prozesses in der Gesellschaft „zu verhindern und zu unterbinden” sei. Diejenigen, die das machten und über die Kinder deren Eltern erreichen wollen, missbrauchten die Kinder für ihre Zwecke.
„Herzliche Ostergrüße“ der SPD an Kindergärten
In Schwerin, wo der Minister bis 2017 Mitglied der Stadtvertretung und Fraktionsvorsitzender der Landtagsfraktion seiner Partei gewesen ist, macht die SPD aber offenbar genau das. Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) lies am Gründonnerstag von Mitarbeitern ihres Wahlkreisbüros in neun von 24 Kindergärten der städtischen Kita gGmbH in ihrem Wahlkreis 700 Schoko-Osterhasen der besonderen Art verteilen.
Die Tüte, in dem sich der Schokohase befand, zierte ein Konterfei von Manuela Schwesig und der Staatsministerin für Migration, Flüchtlinge und Integration beim Bundeskanzler, Reem Alabali-Radovan, ebenfalls von der SPD. „Herzliche Ostergrüße” kann man weiter auf der Tüte lesen. Unter dem Logo der SPD prangte auf der Tüte der Spruch „Soziale Politik für Dich”. Diese Parteiwerbung ging nicht etwa an die Mitarbeiter der Kitas, sondern wurde direkt an die Kleinen verteilt. Zuerst hatte diesen Vorfall der NDR aufgegriffen.
Für die SPD ist Kritik „künstliche Aufregung“
Für die SPD-Ministerpräsidentin scheint die Aktion hingegen nichts Bedenkliches an sich zu haben. Auf NDR-Anfrage teilte ihr Büroleiter Benjamin Gienke lediglich mit, es handele sich „um einen Schokoladen-Ostergruß für die Kleinsten”. Die Aktion sei „selbstverständlich” vorher mit den Kita-Trägern abgestimmt worden. Einen Zusammenhang mit den Kommunalwahlen und der Europawahl verneint der Büroleiter. Sowohl Schwesig als auch Alabali-Radovan würden für beide Wahlen nicht kandidieren. Die Kritik sei „daneben” und „künstliche Aufregung”.
Das sah die SPD in Mecklenburg-Vorpommern allerdings 2018 noch vollkommen anders. Wie die Onlineausgabe des Magazins „Vice” damals berichtete, hatte der damalige AfD-Landtagsabgeordnete Jürgen Strohschein in einer privaten Kita, wo er damals Vorsitzender des Trägervereins war, AfD-Süßigkeiten verteilen lassen. Diese hätten die Kinder unter anderem für gewonnene Wettbewerbe bekommen. Laut „Vice” nannte ein nicht weiter benannter SPD-Landespolitiker die Wahlwerbung seinerzeit als „moralisch bedenklich” und „geschmacklos”. Ähnliche Stellungnahmen aus Reihen der SPD sind bisher ausgeblieben.
Parteiwerbung an Kitas hätte nicht stattfinden dürfen
Vielmehr sind Schwesig und Alabali-Radovan nicht die einzigen SPD-Politiker, die einen Parteigruß an die Kleinsten im Kindergarten verteilten. Auch die SPD-Landtagsabgeordnete und Fraktionsvorsitzende in der Schweriner Stadtvertretung, Mandy Pfeifer, hat laut NDR Präsente an drei Kitas in Schwerin verteilt. Diese Kitas gehören allerdings nicht zur Kita gGmbH, dem städtischen Träger der Kindereinrichtungen in Schwerin.
Die Geschäftsführerin des Trägers, Anke Preuß, räumt ein, dass es zu einer Verteilaktion mit Parteienwerbung nicht hätte kommen dürfen. In ihren Einrichtungen sei politische Neutralität wichtig.
Das Ministerium für Bildung und Kindertagesförderung in Schwerin sagt auf NDR-Anfrage, dass es nicht über die Parteienwerbung informiert war. Im Gegensatz zu den öffentlichen Schulen habe das Bildungsministerium gegenüber den Kitas aber keine Fach- und Rechtsaufsicht. Zuständig seien die Kita-Träger und die Landkreise und die kreisfreien Städte.
Stadtvertreter will Aufklärung von Schwerins Oberbürgermeister
Der Schweriner Stadtvertreter Lothar Gajek (Die Partei) verlangt deshalb die Aufklärung von Oberbürgermeister Rico Badenschier (SPD). Wie die „Schweriner Volkszeitung” (SVZ) schreibt, bezeichnet Gajek Wahlwerbung in Kitas als „No-Go”. Das gehöre sich einfach nicht, schon gar nicht zwei Monate vor der Kommunalwahl.
Von Oberbürgermeister Badenschier will Gajek wissen, ob Parteien beim Verteilen von Geschenken in städtischen Einrichtungen keine Neutralitätspflicht haben.
Auch zum Gesundheitsaspekt der SPD-Ostergrüße stellt Lothar Gajek Fragen. Demnach hat Mecklenburg-Vorpommern deutschlandweit die höchsten Erkrankungen an adipösen Kindern. „Ist es aus dieser Sicht nicht gerade ein gesundheitlicher Frevel, wenn Parteien Süßigkeiten mit solchem Zuckergehalt an Kindereinrichtungen verteilen?“
Und wie fände es der Oberbürgermeister, wenn alle anderen Parteien in Schwerin dem Beispiel der SPD folgen würden und ebenfalls die städtischen Kitas „mit Süßigkeiten überschwemmen?“
CDU: SPD demonstriert Schamlosigkeit
Kritik an den SPD-Ostergeschenken kam von der CDU. Parteiwerbung in Kitas sei „schlicht unanständig”, so CDU-Generalsekretär Daniel Peters, der am 13. April als Landesvorsitzender seiner Partei gewählt werden möchte. Die SPD demonstriere ihre bekannte Haltung, dass ihr das Land gehöre und sie sich nicht an Regeln zu halten brauche, so Peters gegenüber dem NDR.
Auch aus der AfD kommt Widerspruch. „Die politische Einflussnahme der Exekutive an Bildungseinrichtungen wird immer dreister. So billige Parteipropaganda an Kindergärten hätte sich einst nicht mal die SED erlaubt”, sagt der bildungspolitische Sprecher der AfD-Landtagsfraktion, Enrico Schult. Offenbar sehe die Landesregierung einen „entscheidenden Heimvorteil”, um „politische Vorprägungen selbst bei den Kleinsten vorzunehmen und darüber hinaus gleich noch die Angestellten zu beeinflussen”.
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