Schwerin: Arbeitspflicht für Asylbewerber und Bürgergeldempfänger – Sanktionen bei Verweigerung
Die Stadtvertretung Schwerin hat in ihrer letzten Sitzung im Dezember beschlossen, Asylbewerber und Bürgergeldempfänger künftig zu gemeinnütziger Arbeit zu verpflichten. Bei Ablehnung drohen Sanktionen. Oberbürgermeister Rico Badenschier (SPD) soll ein Konzept entwickeln und Gespräche mit sozialen Trägern führen.
Ursprünglich hatte die Stadtfraktion der AfD einen Antrag gestellt, Asylsuchende zu gemeinnützigen Arbeiten zu verpflichten. Lehnen die Verpflichteten eine Arbeit unbegründet ab, dann sollen Asylbewerberleistungen gekürzt werden. Dass Asylbewerber zu gemeinnützigen Tätigkeiten herangezogen werden, ist durch das Asylbewerberleistungsgesetz gedeckt.
Mit einem Ersetzungsantrag zum Antrag der AfD ging die CDU-Stadtfraktion einen Schritt weiter. Im Antrag heißt es:
Auf Grundlage des § 16d SGB II ein Konzept für Arbeitsgelegenheiten für erwerbsfähige Leistungsberechtigte von Bürgergeld insbesondere anerkannte Asylsuchende in Kooperation mit dem Jobcenter, den sozialen Trägern zu erarbeiten.“
Die CDU in Schwerin möchte nicht nur Asylbewerber, sondern auch Bezieher von Bürgergeld zu gemeinnütziger Arbeit verpflichten, wobei der Fokus auf anerkannten Asylbewerbern liegt.
Als Tätigkeitsfelder werden öffentliche und soziale Einrichtungen, Vereine, Kindergärten, Schulen sowie Naturschutz und Umweltschutz vorgeschlagen. Ziel ist es, langzeitarbeitslose Leistungsberechtigte durch sinnstiftende Tätigkeiten wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren und ihre soziale Teilhabe zu fördern.
Die Schweriner CDU hält es für zu kurz gegriffen, die verpflichtende Arbeit nur für Asylsuchende einzuführen, da der Kreis der Betroffenen dadurch zu eng gefasst wäre. Anerkannte Migranten, die keine Arbeit auf dem Arbeitsmarkt haben, sollen ebenfalls in Arbeitsgelegenheiten integriert werden. Wer eine zumutbare Arbeit ablehnt, soll Sanktionen erhalten.
Bei der Einbringung des Antrags zur Arbeitspflicht verwies CDU-Stadtvertreter Jan Reißig darauf, dass durch die geforderten Arbeitsgelegenheiten die soziale Integration gefördert werden soll. Außerdem würden die Geflüchteten an den ersten Arbeitsmarkt herangeführt. Ausdrücklich verwies Reißig auf die Erfahrungen aus dem Saale-Orla-Kreis, in dem viele Teilnehmer an den Jobmaßnahmen in der Folge reguläre Tätigkeiten aufgenommen hätten.
Im Saale-Orla-Kreis ein Erfolgsmodell
Seit Frühjahr gilt im thüringischen Saale-Orla-Kreis eine Arbeitspflicht für Asylsuchende. Seitdem müssen Asylsuchende dort gemeinnützige Arbeit in Vereinen und in der Gemeinde leisten. Landrat Christian Herrgott (CDU) hatte kurz nach seinem Arbeitsantritt die Arbeitspflicht auf den Weg gebracht. Zuvor hatte der Kreistag dem CDU-Antrag mit großer Mehrheit zugestimmt.
„Ich bin bisher sehr zufrieden mit dem Ablauf des Projektes“, sagte der Landrat ein Vierteljahr nach Einführung der Arbeitspflicht im August dem MDR. Asylsuchende erhalten im Landkreis Arbeitsangebote für Kommunen, soziale Träger und Vereine. Diese konnten sich beim Kreis über ein Onlineformular anmelden. Der Saale-Orla-Kreis übernimmt die Kosten für Arbeitskleidung und Unfallversicherung. Zudem erhalten die Asylsuchenden eine Aufwandsentschädigung von 80 Cent pro Stunde, wie es im Asylbewerberleistungsgesetz vorgesehen ist. Die Aufwandsentschädigung wird zusätzlich zu den im Gesetz geregelten Leistungen gezahlt.
Bis August konnten nach MDR-Angaben rund 100 Asylsuchende die Arbeitsangebote wahrnehmen. Ausnahmen gibt es für Menschen in Sprachkursen oder Kranke. Die Aufgaben sind vielfältig: „Das reicht vom Trikotwaschen im Sportverein und Rasenmähen über die Arbeit bei den Tafeln oder im Bauhof bei verschiedenen Kommunen“, so Landrat Herrgott. Die meisten Asylsuchenden sehen die Arbeit als Chance zur Integration. „Wir mussten bisher nur sieben Personen sanktionieren, weil sie Arbeitsangebote abgelehnt haben“, sagt Herrgott. „Deren Leistungssatz wird jetzt von 460 auf 240 Euro gekürzt.“
Das Konzept scheint im Saale-Orla-Kreis aufzugehen. Im August hatten bisher immerhin 20 Prozent der Teilnehmer einen Job im ersten Arbeitsmarkt gefunden, etwa als Helfer in Industriebetrieben.
„Wer etwas vom Staat bekommt, der sollte auch etwas dafür tun“
Der Schweriner CDU-Fraktionschef Gert Rudolf sieht allerdings nicht nur auf die Integrationsmöglichkeit durch eine verpflichtende Arbeit. In der Stadtvertretung machte er deutlich:
Wer etwas vom Staat bekommt, der sollte auch etwas dafür tun.“
Dabei hat er sowohl Asylsuchende als auch Bürgergeldempfänger im Blick. Mit den Stimmen der CDU, AfD und der Fraktion Unabhängige Bürger/FDP wurde der Antrag am Ende angenommen.
Nach Angaben des Jobcenters gibt es in Schwerin derzeit etwa 100 Arbeitsgelegenheiten für Bürgergeldempfänger, die sogenannten Ein-Euro-Jobs, an denen auch Menschen mit Migrationshintergrund beteiligt sind. Der potenzielle Kreis der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, die im Sinne des CDU-Antrags infrage kommen, umfasst etwa 3.000 bis 4.000 Personen.
Der Oberbürgermeister wird nun die gesetzlichen Grundlagen und die Finanzierungsmöglichkeiten prüfen.
Verwaltung warnt vor hohem Verwaltungsaufwand
In ihrer Stellungnahme zu den Anträgen der AfD sowie der CDU hatte die Verwaltung der Stadtvertretung die Ablehnung empfohlen. Der Verwaltungs- und Betreuungsaufwand sei zu hoch, so die Begründung.
Damit Arbeitsgelegenheiten verbindlich umgesetzt werden können, müssten Teilnehmer gewonnen und verpflichtet werden. Außerdem wäre eine Überprüfung der Zumutbarkeit erforderlich. Die Teilnahme müsste dokumentiert und Ablehnungen müssten entsprechend sanktioniert werden, erklärte die Verwaltung.
Die Vorsitzende der SPD-Stadtfraktion, Mandy Pfeifer, hält eine Umsetzung des Stadtvertreterbeschlusses für nicht umsetzbar, wie sie dem NDR sagte. Im SGB II seien die Arbeitsgelegenheiten für Bürgergeldempfänger laut Pfeifer inzwischen erschwert worden. Für Asylsuchende sei dieses Instrument möglich und werde auch bereits auf freiwilliger Basis umgesetzt. Aber „alles, was zu einer Verpflichtung führt, führt zu Verwaltungsakten und Bürokratiemonstern“, so Pfeifer. „Ich finde das falsch, deshalb hat meine Fraktion das auch abgelehnt.“
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