Schwere Belastung für SPD Mecklenburg-Vorpommern: Die Idee der Klimaschutzstiftung stammt nicht aus Schwerin

Neue Aussagen im Untersuchungsausschuss zur Klimaschutzstiftung belasten die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommerns schwer. Ex-Nord-Stream-2-Chef Matthias Warnig stellte klar, dass die Idee zur Stiftung aus der Rechtsabteilung des russischen Unternehmens stammte. Die Opposition wirft der SPD-Regierung vor, sich zum „Handlanger Putins“ gemacht zu haben.
Der Geschäftsführer der Nord Stream 2 AG, Matthias Warnig, hat sein Mandat im Aufsichtsrat des FC Schalke 04 niedergelegt.
Der Ex-Geschäftsführer der Nord Stream 2 AG, Matthias Warnig, sagte gestern Brisantes im Unterschungsausschuss des Landtages MV aus. (Archivbild)Foto: Maxim Shemetov/POOL REUTERS/AP/dpa
Von 26. Januar 2025

Eigentlich sollte Ex-Kanzler Gerhard Schröder am Freitag im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern vor dem Untersuchungsausschuss „Klimaschutzstiftung“ als Zeuge aussagen.

Der Untersuchungsausschuss des Landtags Mecklenburg-Vorpommern untersucht das Vorgehen der Landesregierung bei der Errichtung und Tätigkeit der umstrittenen Stiftung Klima- und Umweltschutz MV. Im Fokus stehen mögliche Verbindungen der Stiftung zur Pipeline Nord Stream 2, zur Wasserstoff-Hanse sowie zu weiteren Unternehmen.

Zudem wird geprüft, ob die Gemeinwohlorientierung der Stiftung gewährleistet war, welcher Stiftungszweck priorisiert wurde und ob tatsächliche Beiträge zum Klima- und Umweltschutz unabhängig von Wirtschaftsinteressen geleistet wurden.

Schröder, einst Aufsichtsratsvorsitzender der Nord Stream AG und Präsident des Verwaltungsrats der Nord Stream 2 AG, spielte eine zentrale Rolle bei der Fertigstellung des Projekts. Schröder könnte laut dem Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses, Sebastian Ehlers (CDU), Aufschluss darüber geben, wer in der SPD involviert war und welche Absprachen es mit der Landesregierung gab. Kurzfristig sagte der Ex-Kanzler allerdings krankheitsbedingt ab, sodass er am Freitag nicht als Zeuge angehört werden konnte. Spannend wurde es trotzdem im Ausschuss.

Vom Stasi-Offizier zum Manager der Dresdner Bank in Russland

Matthias Warnig, der ehemalige Geschäftsführer von Nord Stream 2, ist eine schillernde Persönlichkeit. Vor der Wende arbeitete Warnig als Major beim Ministerium für Staatssicherheit (MfS). Er wurde als Agent in der Auslandsspionageabteilung Hauptverwaltung Aufklärung (HVA) ausgebildet.

Zwischen 1986 und 1989 war Warnig unter dem Decknamen „Arthur“ als sogenannter Offizier im besonderen Einsatz (OibE) in Düsseldorf aktiv und arbeitete dabei getarnt in der Handelsmission der DDR. Nachdem das Bundesamt für Verfassungsschutz auf ihn aufmerksam geworden war und ihn als potenziellen Spion ins Visier genommen hatte, erfolgte im August 1989 seine vorzeitige Rückkehr nach Ost-Berlin. Berichten zufolge soll auch die Dresdner Bank, sein späterer Arbeitgeber, zu den Zielen seiner damaligen Spionagetätigkeit gehört haben.

Nach der Wende arbeitete Warnig dann unter anderem bei der Dresdner Bank. Bis 2006 war er Aufsichtsratsvorsitzender der Investmentbank Dresdner Kleinwort. Dort baute er vom russischen St. Petersburg aus das Russland-Geschäft der Bank auf und leitete diese.

Von 2006 bis 2015 war er Geschäftsführer der Nord Stream AG, die die erste Pipeline Nord Stream 1 von der russischen Hafenstadt Wyborg durch die Ostsee ins deutsche Lubmin erbaute und betrieb.

2015 wurde Warnig Geschäftsführer der in der Schweiz ansässigen Nord Stream 2 AG, die das Projekt zur Verlegung einer zweiten Gaspipeline auf dem Grund der Ostsee von Russland nach Deutschland durchführte und im Eigentum von Gazprom ist. Bis zur Insolvenz des Unternehmens nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine blieb Warnig Geschäftsführer. Heute ist er Pensionär, wie er gestern im Ausschuss des Landtags MV aussagte.

Langjähriger Putin-Vertrauter

Warnig hat enge persönliche Kontakte zum russischen Präsidenten Putin. Wladimir Putin und Matthias Warnig begegneten sich spätestens 1989 bei Feierlichkeiten zum 71. Jahrestag der Gründung der TscheKa, der Vorgängerorganisation des russischen KGB. Warnig soll Teil einer von Putin gegründeten KGB-Zelle in Dresden gewesen sein und ihn bei der Rekrutierung westlicher Agenten unterstützt haben.

Seit spätestens 1991 sind die beiden befreundet, was Warnig gestern auch im Untersuchungsausschuss bestätigte. 1993 organisierte Warnig laut Berichten die Behandlung von Putins lebensgefährlich verunglückter Frau in Deutschland. Im April 2014 lud Warnig in St. Petersburg zu einer Gala zu Ehren von Gerhard Schröder; trotz Annexion der Krim feierte Schröder mit Wladimir Putin und Warnig seinen 70. Geburtstag in Russland. Warnig nahm nach der Präsidentschaftswahl am 18. März 2018 an der Zeremonie zur vierten Amtseinführung von Putin teil.

Matthias Warnig sollte erläutern, ob die Klimaschutzstiftung tatsächlich eine Idee aus Schwerin war – wie von der Landesregierung behauptet – oder ob sie aus Moskau gesteuert wurde. Die CDU im Landtag wirft Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) vor, sich zum „Handlanger“ gemacht zu haben.

Die Stiftung übernahm 2021 die Fertigstellung der Doppelröhre auf dem Grund der Ostsee, als aus den USA Sanktionsdrohungen gegen beteiligte Unternehmen laut wurden. Da eine Stiftung nicht aus dem Ausland sanktioniert werden kann, erledigte eine eigene Firma der Stiftung die verbleibenden 10 Prozent der Arbeiten an der Pipeline.

Gleichzeitig erhielt die Stiftung 20 Millionen Euro von Nord Stream 2 beziehungsweise dessen Hauptgesellschafter Gazprom für Umweltprojekte. Weitere 40 Millionen Euro waren geplant, wurden jedoch durch den russischen Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 verhindert.

Am Freitag präsentierte Warnig seine Version, wie es zur Gründung der Stiftung kam. Was Warnig zu sagen hatte, dürfte Schwesig nicht gefallen haben und auch ihre SPD könnte jetzt in Erklärungsnot geraten.

Stiftungsidee nicht bei Landesregierung entstanden

Matthias Warnig spricht leise und es ist stellenweise schwierig, die Ausführungen auf der Pressetribüne zu verstehen. Der Ausschussvorsitzende Sebastian Ehlers fragt den Ex-Manager, wer nach seiner Erinnerung den Anstoß für die Stiftung gegeben habe? Die Antwort ist abermals sehr leise und schwer verständlich. Ausschussvorsitzender Sebastian Ehlers muss deshalb Warnig auffordern, den Satz noch einmal deutlicher zu wiederholen.

„In meiner Wahrnehmung kam der erste Gedanke aus unserer Rechtsabteilung“, so Warnig jetzt etwas lauter. „Also kam die ganze Idee von Nord Stream?“, harkt Ehlers noch einmal nach. Der Ex-Manager nickt und sagt dann: „Ja.“

Bisher hatte die Landesregierung immer wieder eine andere Version der Gründung präsentiert. Die Stiftung sei ihre eigene Idee gewesen. Mit Russland, Gazprom oder Putin hätte das alles nichts zu tun gehabt. Die Stiftungssatzung habe der damalige Energie- und heutige Innenminister Christian Pegel (SPD) weitgehend selbst geschrieben.

Warnig präsentierte gestern eine gänzlich andere Geschichte: Anfang November 2020 traf er sich in Schwerin zuerst mit Pegel, anschließend gingen beide zur Staatskanzlei von Schwesig. Gesprächsthema sei die Stiftung gewesen. Die US-Sanktionsdrohungen waren damals drei Monate alt, bereits im Oktober habe er mit Pegel erste Gespräche über eine mögliche Stiftung geführt.

Ende November hätten der Aufsichtsrat von Nord Stream 2 und die Investoren der Gründung zugestimmt, so Warnig im Ausschuss weiter. Dann ging alles zügig: Im Januar 2021 beschloss der Landtag in MV mit den Stimmen von SPD, der damals mitregierenden CDU und der Linken die Stiftungsgründung.

Vision von Innenminister Pegel wurde erschüttert

Im April 2022 hatte Pegel in einem Interview mit dem „Nordkurier“ im Hinblick auf die Satzung der Klimastiftung gesagt:

Ich habe die Satzung der Klimastiftung MV maßgeblich geschrieben und bin daher sozusagen eine der primären Quellen.“

Immer wieder war auch vermutet worden, dass an der Erstellung der Satzung die international tätige Anwaltskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer beteiligt gewesen sein soll. Im März 2023 hatte Pegel diese Beteiligung gegenüber dem NDR ebenfalls abgestritten.

„Weitgehend ist der erste Entwurf von mir erstellt worden“, so Pegel damals. Dabei habe er auch auf Anregungen in Form von Formularen und Vorlagen von bereits existierenden Satzungen, etwa der Ehrenamts- und der Ostseestiftung in MV, zurückgegriffen. Weiter betonte er damals, dass er seit eineinhalb Jahren wiederhole, „dass wir keine Anwälte als Land an unserer Seite hatten und auch auf meiner gegenüberliegenden Seite der Korrespondenzpartner ein Mitarbeiter von Nord Stream war. Ich habe also auch auf der Nord-Stream-Seite keine Anwälte als Gesprächspartner gehabt.“ Auf Nachfrage erklärte Pegel dann, er habe auf Vorlagen aus bei Anwälten gebräuchlichen sogenannten Musterformularbüchern zurückgegriffen, um seinen ersten Entwurf der Satzung zu erstellen.

Ex-Nord-Stream-2-Geschäftsführer Warnig brachte diese Aussagen des Innenministers erheblich ins Wanken. Im Ausschuss betonte Warnig, es habe bei der Satzungserstellung Hilfe der Nord-Stream-Rechtsabteilung gegeben. Und auch die stets bestrittene Beteiligung der Kanzlei dementiert er nicht. „Kann sein“, antwortet er dazu.

Warnig zeigt deutlich, wer damals das „Zepter in der Hand hatte?“

Für die Opposition im Landtag ist die Sache nach der Befragung ziemlich klar. Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU und Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, Sebastian Ehlers, sagt:

Die Befragung von Matthias Warnig hat ergeben, dass die Stiftung keine Idee aus Schwerin war, um die heimische Wirtschaft vor Sanktionen zu schützen, wie die Landesregierung stets behauptete. Die Idee ist in Moskau geboren und sie kam aus der Rechtsabteilung von Nord Stream 2.“

Auch für FDP-Fraktionsvorsitzenden René Domke hat die Befragung Klarheit geschaffen:

Die Aussage von Matthias Warnig zeigt deutlich, wer wirklich das Zepter in der Hand hatte.“

Für den Obmann der Grünen im Untersuchungsausschuss, Hannes Damm, liegt nun klar auf der Hand, was schon länger vermutet wurde:

Die Landesregierung hat sich zum Handlanger vom Putin gemacht.“

Für AfD-Obmann Michael Meister ist klar, dass sich Minister Pegel „immer weiter in seinen Unwahrheiten“ verfängt. Auf die Frage des AfD-Politikers habe Warnig mitgeteilt, dass die Satzung von Externen, der Rechtsabteilung Nord Stream 2 und wohl lediglich unter Teilnahme von Herrn Pegel erarbeitet wurde. Meister erinnert an eine Zeugenaussage aus einer früheren Befragung. Die nicht weiter benannte Zeugin habe laut Meister gesagt, „die Satzung müsste von jemandem mit vertiefter Kenntnis des Stiftungsrechts erstellt worden sein“. Für Meister ist deshalb klar:

Eine im Internet verfügbare Vorlage für Stiftungssatzungen zu nehmen und sie anzupassen, wie Herr Pegel es suggerierte, so einfach ist es nicht. Dass es Herr Pegel mit der Wahrheit nicht ganz so genau nimmt, ist offensichtlich.“

Etwas auf andere Art interpretiert den Vorgang allerdings SPD-Obmann, Thomas Krüger. „Das war damals ein gemeinsamer Diskussionsprozess“, so der SPD-Politiker. Wer dann als erster „Stiftung“ gesagt habe, sei unter dem Strich unerheblich. Die Landesregierung habe stets das Steuer in der Hand gehabt. Letztlich entschieden habe dann ja der Landtag.



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