Schulze verteidigt „Klimaprämie“ – Scheuer will Steuerbonus für Menschen mit weniger CO2-Ausstoß
Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) hat Kritik aus den Reihen ihrer Partei an einer „Klimaprämie“ als Ausgleich für einen höheren CO2-Preis zurückgewiesen.
„Die Kritik am Konzept einer Klimaprämie kann ich nicht nachvollziehen“, sagte Schulze am Freitag der Nachrichtenagentur AFP. Zuvor hatte sich SPD-Fraktionsvize Sören Bartol gegen eine Klimaprämie ausgesprochen, wie sie auch von den Grünen vorgeschlagen wird.
„Ich habe bereits vor zwei Jahren in meinem Haus Modelle entwerfen und von Forschungsinstituten berechnen lassen. Die Berechnungen kommen zu dem Schluss: Die Rückverteilung der Einnahmen aus dem CO2-Preis als pauschale Geldleistung an die Bürger ist ein sehr geeignetes Instrument, um ambitionierten Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit miteinander zu verbinden“, sagte dazu Schulze.
Deshalb habe die SPD in ihrem Programmentwurf auch vorgeschlagen, „mit dem Ansteigen des CO2-Preises für weitere sozial gerechte Ausgleichsmaßnahmen zu sorgen“. Ein Pro-Kopf-Bonus solle dazu geprüft werden. „Wir sind alle klug beraten, uns hinter diesem Programm gemeinsam zu versammeln“, mahnte Schulze.
Bartol: „Klimaprämie macht abhängig von Transferleistungen – das ist Almosenpolitik“
Dagegen sagte Bartol zuvor ebenfalls AFP: „Die Klimaprämie der Grünen macht abhängig von Transferleistungen. Das ist Almosenpolitik.“ Auch Entlastungsvorschläge der Union als Ausgleich für einen höheren CO2-Preis „helfen nur der Wirtschaft und können die Mehrkosten bei den Haushalten nicht kompensieren“, warnte Bartol weiter.
„Die Klimaprämie ist teuer, sie setzt keine Anreize, und sie torpediert den Strukturwandel, weil sie Geld verschlingt, das für echte Strukturreformen benötigt wird“, sagte Bartol. Er forderte stattdessen „in der kommenden Legislaturperiode eine echte ökologisch soziale Steuerreform, die die Lasten der Transformation hin zu mehr Klimaneutralität gerecht verteilt“. Wenn dies gelinge, „dann lasse ich mit mir auch über höhere CO2-Preise reden“, sagte Bartol weiter.
Die Grünen und die Union haben jeweils vorgeschlagen, den CO2-Preis zu erhöhen, um eine stärkere Lenkungswirkung für mehr Klimaschutz zu erreichen. Im Gegenzug setzt die Union vor allem auf eine Senkung des Strompreises, die Grünen wollen zudem eine jährliche Prämie an alle Bürgerinnen und Bürger auszahlen, um einen Ausgleich für die höheren Kosten durch die CO2-Bepreisung zu erreichen. In der SPD wird über die CO2-Bepreisung kontrovers diskutiert.
Scheuer will Steuerbonus für klimafreundliches Verhalten
Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer will Bürger, die auf klimafreundliche Fortbewegungsmittel setzen, steuerlich entlasten.
Wer etwa ein E-Bike kauft oder mit dem Zug fährt, solle bei der Einkommenssteuer künftig pro Jahr bis zu 1.000 Euro geltend machen dürfen, kündigte der CSU-Politiker in Berlin an. Damit könne sich zum Beispiel eine Familie mit zwei Kindern für klimaschonende Investitionen bis zu 3.000 Euro anrechnen lassen.
Scheuer sagte, seine Pläne seien Vorschläge im Rahmen der neuen Klimaschutz-Ziele der Bundesregierung. Auch das Geld für sogenannte Jobtickets im öffentlichen Nahverkehr sollen sich Bürger künftig steuerlich voll anrechnen lassen können. Künftig solle nicht nur ein Zuschuss des Arbeitgebers möglich sein, sagte der Minister.
Er versprach: „Ich werde und ich will die Klimaziele erreichen.“ Deshalb sei wichtig, Anreize für klimafreundliches Verhalten zu schaffen.
Der CSU-Politiker räumte ein, dass die Pläne innerhalb der Regierung noch abgestimmt werden müssten. Sie bedeuteten für den Staat jährliche Mindereinnahmen von fünf bis sieben Milliarden Euro, zahlten sich aber langfristig aus.
Derzeit läuft in der Koalition die Abstimmung über eine Anpassung des „Klimaschutzgesetzes“. Dies ist erforderlich, weil das Bundesverfassungsgericht den Gesetzgeber verpflichtet hat, die Reduktionsziele für Treibhausgas-Emissionen für die Zeit nach 2030 näher zu regeln.
Im „Klimaschutzgesetz“ sind erlaubte Jahresemissionsmengen für sechs Sektoren – darunter Verkehr und Energiewirtschaft – festgelegt. Mit den neuen Klimazielen müssen auch die erlaubten Emissionsmengen angepasst werden.
Bundesregierung will erreichen, dass Deutschland 2045 klimaneutral ist
Am Donnerstag war bereits ein erster Entwurf zur neuen Fassung des Klimagesetzes bekannt geworden. Demnach sollen auch die Emissionen im Verkehrssektor bis 2030 stärker sinken als bislang vorgesehen. Die Bundesregierung will erreichen, dass Deutschland nun 2045 klimaneutral wird – also nur noch so viel Treibhausgas ausstößt, wie auch wieder gebunden werden kann.
Der Verkehrssektor ist in Deutschland für einen großen Teil der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Im vergangenen Jahr betrug der Emissionsanteil für diesen Bereich 146 Millionen Tonnen. Die aktuellen Pläne sehen für den Verkehrssektor vor, dass 2030 noch 85 Millionen Tonnen Treibhausgase in die Luft gelangen. Dem jetzigen „Klimagesetz“ zufolge wären 95 Millionen Tonnen erlaubt.
Scheuer warb für mehr Flexibilität an dieser Stelle. Im Verkehrsbereich dauere es länger, bis sich die Wirkung von Klimaschutzmaßnahmen entfalte. Deshalb sei wichtig, in den ersten Jahren bis 2030 mehr Spielraum zu lassen und dann ehrgeizigere Ziele anzustreben. „Wir brauchen Zeit, damit die Wirkung eintritt“, sagte er mit Blick auf Verkehrsvorhaben, die beispielsweise auch längerer Genehmigungsverfahren bedürften.
Wann und wie genau der versprochene Klimabonus umgesetzt werde, sei noch Gegenstand von Gesprächen innerhalb der Regierung, erläuterte Scheuer. Geplant ist, dass das geänderte Klimagesetz mit den neuen Sektorzielen am Mittwoch das Kabinett passiert. Über die konkreten Maßnahmen, die neben dem Gesetz für die Umsetzung der neuen Klimaziele greifen sollen, wird weiter gerungen. (dpa/afp/er)
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