Schule ohne Schleier: Hamburg verbietet Gesichtsverhüllung
Wie es der 16-jährigen Amira wirklich geht, bleibt vielen verborgen. Denn ihre Mimik sieht man nicht. Ein Schleier, auch Niqab genannt, verhüllt ihr Gesicht. Für einige Lehrer ist dieses fiktive Beispiel Alltag und ein echtes Kommunikationsproblem. In Hamburg hat der Senat nun Abhilfe geschaffen. Seit dem 15. Mai gibt es eine rechtliche Grundlage für ein Verschleierungsverbot.
Den Antrag auf Änderung des Schulgesetzes hatten die Regierungsfraktionen von SPD und Grünen eingebracht. Er wurde am 15. Mai mit Stimmen von CDU und AfD angenommen. Die Linke stimmte dagegen.
Nach Angaben der Hamburger Schulsenatorin Ksenija Bekeris (SPD), gibt es derzeit in der Hansestadt vermehrt „Einzelfälle von Mädchen, die mit einer kompletten Gesichtsverhüllung in der Schule sind“. Aktuell handele es sich um zehn Schülerinnen. Mit Beratungen sei man nicht weitergekommen, so die Politikerin.
Der Rat der Islamischen Gemeinschaft in Hamburg sah laut NDR keinen Handlungsbedarf. Das Tragen einer Gesichtsverhüllung als Ausdruck eines religiösen Bekenntnisses sei durch die im Grundgesetz gewährte Religionsfreiheit geschützt, argumentiert der Rat. Das Neutralitätsgebot verbiete es dem Staat, dagegen vorzugehen – erst recht, da es sich lediglich um Einzelfälle handele. Insoweit bezweifelt das Gremium die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit einer gesetzlichen Regelung.
Wie die Schulsenatorin gegenüber dem NDR mitteilte, wird eine Radikalisierung aus bestimmten Gemeinden wahrgenommen. Dem wolle man „die Stirn bieten“.
Vor vier Jahren hatte das Oberverwaltungsgericht Hamburg der Klage einer 16-jährigen Schülerin stattgegeben. Das Tragen einer Gesichtsverschleierung dürfe von der Schule nicht untersagt werden, da eine gesetzliche Grundlage fehle, hieß es damals noch.
Verbot bekommt Rechtsbasis
„Schule und Gesichtsverhüllung verträgt sich nicht“, sagte Nils Hansen, Schulexperte der SPD-Fraktion. Das Verbot sei schon früher an Hamburger Schulen praktiziert worden, nun aber durch die rechtliche Grundlage auch abgesichert. Auch wenn es sich nur um Einzelfälle handele, brauche es dafür eine gesetzliche Regelung.
Thimo Witting, Sprecher der Vereinigung der Stadtteilschulleiter in Hamburg, betonte: „Gestik, Mimik ist unsere Kommunikation miteinander.“ Das sei Grundlage der pädagogischen Arbeit und des gesellschaftlichen Zusammenlebens in der Schule. Die gesetzliche Regelung schaffe jetzt Transparenz und Handlungssicherheit für die Schulen.
Von einem „übereilten Schnellschuss“ des Senats spricht hingegen die religionspolitische Sprecherin der Hamburger Linken, Insa Tietjen. „Es ist völlig unverständlich, warum Rot-Grün das Schulgesetz im Hauruckverfahren ändern möchte – ohne vorherige Beratung oder Anhörung im Ausschuss.“ Etliche Eltern hätten bereits Bedenken angemeldet, sagte sie.
Nach der gesetzlichen Regelung sind Kopfbedeckungen, die das Gesicht vollständig verschleiern, in Hamburger Schulen tabu. Wenn Schülerinnen auch nach einem Beratungsgespräch gegen das Niqab-Verbot verstoßen, können sie vom Unterricht verwiesen werden. Das Tragen von Kopftüchern sowie Gesichtsmasken aus Infektionsgründen sei hingegen weiterhin möglich.
In anderen Ländern verboten, in Berlin diskutiert
In Baden-Württemberg, Niedersachsen und Bayern ist eine Gesichtsverschleierung in den Schulen bereits verboten. Andere Bundesländer wie Nordrhein-Westfalen und Bremen gaben in der Vergangenheit an, Einzelfälle nicht aufbauschen zu wollen. Zwar sei eine Vollverschleierung an den Schulen nicht erwünscht, aber es gebe keinen Anlass für eine Änderung der Schulgesetze.
In Berlin wird aktuell über ein Verbot diskutiert. „Der Senat sollte dem Beispiel aus Hamburg folgen“, so der FDP-Landesvorsitzende Christoph Meyer gegenüber der B.Z. „Wir brauchen eine gesetzliche Regelung, um Gesichtsverhüllung im Unterricht zu vermeiden. Offene Kommunikation und das Lesen des Gesichts einer anderen Person sind wichtige Kulturtechniken, die auch zum Gelingen von Integration beitragen.“
Er forderte, dass die Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch die Lehrer unterstützt und eine entsprechende rechtliche Grundlage schafft.
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