Schuldenbremse-Inserate als FDP Wahlwerbung? Bundestagsverwaltung untersucht
Bereits seit Anfang Juni schwebt das Damoklesschwert einer Strafzahlung in Höhe von knapp 140.000 Euro über der FDP. Grund dafür sind zwei Anzeigen des Bundesfinanzministeriums in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ im Vorfeld der EU-Wahlen. In den Anzeigen wurde auf das 15-jährige Bestehen der Schuldenbremse hingewiesen – und für deren Beibehaltung geworben.
Schon unmittelbar nach Erscheinen hatten Politiker aus der Linkspartei und andere Kritiker von einer „Wahlwerbung für die FDP“ gesprochen. Schon bald standen Anschuldigungen illegaler Parteienfinanzierung im Raum.
Macht mattes Gelb das Schuldenbremse-Inserat zur FDP-Werbung?
Wie kommt dieser Vorwurf aber zustande? Der obere Teil der Anzeige war in einem gelben Farbton gehalten, darauf stand in großer Schrift „Schuldenbremse abschaffen? Nich‘ ok, Boomer!“ Im unteren Teil war ein Teenager abgebildet. Darüber war in kleinerer Schrift zu lesen:
„Weniger Schulden heute heißt mehr Möglichkeiten morgen. Für mich und meine Generation.“
Auf der rechten Seite im oberen Bereich findet sich noch der Hinweis, dass „15 Jahre Schuldenbremse“ der Anlass für die Anzeige gewesen seien. Das Gelb, in dem der Hintergrund der Anzeige gehalten war, war matter, als man es von FDP-Werbematerialien jüngeren Datums kennt. Auch die Pinktöne fehlten und die Schriftart unterschied sich.
Die Schuldenbremse war am 29. Mai 2009 im Bundestag und am 12. Juni 2009 im Bundesrat jeweils mit Zwei-Drittel-Mehrheit beschlossen worden. Allerdings stellt die FDP heute die einzige Ampelpartei dar, die vorbehaltlos für deren Beibehaltung steht. Auch in der Union, die damals geschlossen die Regelung mitgetragen hatte, äußern sich Landespolitiker reformbereit. Von daher konnte die Anzeige als Botschaft speziell der FDP verstanden werden.
Lindner beharrt auf Bildungscharakter der Einschaltung
Ob sich der Vorwurf der „Wahlwerbung“ erhärten lässt, ist allerdings ungewiss. Immerhin standen EU- und Kommunalwahlen an, bei denen die Schuldenbremse keine direkte Rolle spielt. Lindner selbst hatte die Anzeigen am 5. Juni in der ARD-Sendung „Maischberger“ als „Beitrag zur politischen Bildung“ bezeichnet. Zweck desselben sei es gewesen, darauf aufmerksam zu machen, dass „die Schuldenbremse unsere Versicherung für Generationengerechtigkeit ist“.
Sollte die Bundestagsverwaltung allerdings den Verdacht einer verdeckten Parteienfinanzierung bejahen, könnte Minister Lindner erhöhten Erklärungsbedarf haben. Wie die ARD-„Tagesschau“ berichtet, sind das „Hauptstadtstudio“ und „Abgeordnetenwatch“ auf E-Mails gestoßen, die auf eine Einbindung seiner Person in die Kampagne schließen lassen.
Der Bereich „Kommunikation“ hat demnach die Anzeigen vorbereitet, am 11. April bat jedoch ein Mitarbeiter des Ministeriums um eine Übersendung aktueller Entwürfe für die Anzeigen. Dies sei „am Dienstag mit Minister Lindner besprochen“ worden. Mittlerweile bestätigt das Ministerium, dass Lindner zwei Tage zuvor bei einem Termin mit der Rahmenvertragsagentur anwesend gewesen sei.
Dabei sei einem Sprecher zufolge „auch der Komplex Schuldenbremse besprochen“ worden. Die konkrete Umsetzung der Maßnahmen sei durch den Bereich Kommunikation erfolgt.
„Anzeige in FDP-Optik“ zur Schuldenbremse sei dem Minister zuzurechnen
Die Verfassungsrechtlerin Sophie Schönberger sieht durch die Anwesenheit Lindners den Verdacht der unerlaubten Parteienfinanzierung verdichtet. Gegenüber der ARD äußerte sie, in solchen Kontexten werde „seine Doppelrolle als FDP-Chef und Finanzminister zum Problem für ihn“. Die „Anzeige in FDP-Optik“, wie sie die Einschaltungen nennt, müsse dann „möglicherweise auch dem FDP-Chef zugerechnet werden“.
Sollte die Bundestagsverwaltung zu der Überzeugung gelangen, dass eine verdeckte Parteienfinanzierung vorliegt, droht den Liberalen auf Grundlage der bisherigen Praxis eine Strafzahlung in Höhe des dreifachen Betrages der illegalen Spende. Diese hätte im Fall der Einschaltungen insgesamt 46.367,74 Euro betragen.
Vor dem Bundesverwaltungsgericht ist außerdem noch ein Organstreitverfahren anhängig. Dieses hatte die Linkspartei angestrengt. Sie will klären lassen, ob das Bundesfinanzministerium mit der Einschaltung zugunsten der Schuldenbremse das grundgesetzlich garantierte Recht auf Chancengleichheit der Parteien verletzt hat.
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