Schüsse an Schule – 16-Jähriger wegen Mordes bestraft
Er kam mit einer Pistole in die Schule und erschoss einen 15-Jährigen im Klassenraum: Nach der tödlichen Attacke hat das Offenburger Landgericht den Täter wegen Mordes und versuchter schwerer Brandstiftung zu acht Jahren und neun Monaten Jugendstrafe verurteilt. Die Jugendkammer sprach den 16-Jährigen unter Ausschluss der Öffentlichkeit schuldig, wie das Gericht mitteilte.
Die Tötung des Schülers in der sonderpädagogischen Waldbachschule hatte auch über Baden-Württemberg hinaus Trauer und Entsetzen ausgelöst.
Die Kammer sah es als erwiesen an, dass der Jugendliche am 9. November 2023 mit einer Pistole, Munition und einem selbst gebauten Brandsatz in die Schule kam. Dort verletzte er den Mitschüler schwer. Das Opfer starb wenig später im Krankenhaus.
Der Jugendliche sei bei dem Angriff arg- und wehrlos gewesen – der Täter habe also heimtückisch gehandelt. Der angeklagte Schüler habe zudem versucht, den Brandsatz zu zünden, um das Schulgebäude in Brand zu setzen, so das Gericht laut einer Mitteilung.
Täter hatte 41 Schuss Munition bei sich
Der nun verurteilte Täter, ein Deutscher, hatte laut Ermittlungen 41 Schuss Munition dabei. Die Waffe für die Tat habe aus dem Haushalt der Eltern gestammt.
Im Prozess vor der Jugendkammer gab es seit Mitte April inklusive der Urteilsverkündung zwölf Verhandlungstage, wie eine Gerichtssprecherin berichtete. Beteiligt waren unter anderem eine Rechtsmedizinerin, ein psychiatrischer Sachverständiger und Zeugen.
Besucher und Medienvertreter waren wegen des Jugendschutzes während der gesamten Dauer nicht zugelassen. Der Jugendliche sitzt seit der Tat in Untersuchungshaft.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, wie die Sprecherin sagte. Innerhalb einer Woche könne Revision eingelegt werden. „Mir ist ein vergleichbarer Fall in Offenburg und Umgebung nicht bekannt“, resümierte sie. Die badische Stadt hat rund 62.000 Einwohner.
Motiv wurde nicht bekannt
Ein Motiv für die Gewalttat wurde auch nach dem Urteil nicht deutlich – in Kreisen war nach dem Angriff von Eifersucht die Rede gewesen. Ein Vater, der sich während des Angriffs zu einem Elterngespräch in der Schule aufhielt, überwältigte den Angreifer und verhinderte damit wohl Schlimmeres. Sabah Tamer Ayoub wurde später für seinen heldenhaften Einsatz ausgezeichnet.
Die Schüsse hinterließen in der Schule tiefe Spuren. Lehrer und Schüler wurden psychologisch betreut.
Als Höchststrafe in dem Fall hatten nach früheren Angaben der Staatsanwaltschaft zehn Jahre gedroht. In Deutschland sind Jugendliche ab 14 Jahren strafmündig. Die Jugendstrafe ist eine speziell für Jugendliche und Heranwachsende geregelte Form der Freiheitsstrafe.
Auch Eltern angeklagt
Inzwischen klagte die Offenburger Staatsanwaltschaft auch die Eltern des mutmaßlichen Schützen an. Ihnen wird laut einer Mitteilung von Mitte Juli fahrlässige Tötung und Verstöße gegen das Waffengesetz vorgeworfen.
Die von ihrem Sohn verwendete Pistole habe sich unerlaubterweise im Besitz der Eltern befunden und sei nicht ausreichend gesichert worden, sodass der mutmaßliche Schütze auf sie zugreifen konnte – so lautet der Vorwurf der Anklagebehörde.
Die Große Strafkammer des Landgerichts muss noch darüber entscheiden, ob sie ein Hauptverfahren eröffnet.
Gewalt an Schulen ein Dauerthema
Die Offenburger Tat ist ein extremer Fall von Gewalt an Schulen – aber kein Einzelfall. In Heidelberg steht ein 18-Jähriger vor Gericht, der seine Ex-Freundin in einem Aufenthaltsraum einer Schule in St. Leon-Rot erstochen haben soll. Ihm werden unter anderem Mord und gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. Auch dieser Prozess findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.
Unter anderem in Baden-Württemberg stieg die Zahl der Gewalttaten an Schulen 2023. Laut Innenministerium wurden im Südwesten im vergangenen Jahr 2545 entsprechende Straftaten gegenüber Schülern und Lehrern erfasst – das war im Vorjahresvergleich ein Plus von 13,5 Prozent.
Die meisten Straftaten sind Rohheitsdelikte: Rund 52 Prozent entfallen auf vorsätzliche leichte Körperverletzung sowie etwa 16 Prozent auf gefährliche Körperverletzung. (dpa/red)
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