Scholz rechtfertigt Ampel-Aus – Union: Kooperation nur gegen Vertrauensfrage
Im Bundestag ist Bundeskanzler Olaf Scholz am Mittwoch, 13. November, mit einer Regierungserklärung an die Öffentlichkeit getreten. Dabei kündigte er an, am 11. Dezember die Vertrauensfrage zu beantragen, damit am 16. Dezember darüber abgestimmt werden kann. Die Entscheidung, Bundesfinanzminister Christian Lindner zu entlassen, sei „richtig und unvermeidlich“ gewesen.
Dennoch will der Kanzler noch eine Reihe von Gesetzesvorhaben durch den Bundestag bringen und appelliert dafür an die Einigkeit. Es sei eine gemeinsame Verantwortung, der kalten Progression entgegenzusteuern, Teile des Wachstumspakts in Kraft zu setzen und die Erhöhung des Kindergelds zu ermöglichen. Außerdem wolle Scholz den erweiterten Schutz des Bundesverfassungsgerichts zusammen mit der Union auf den Weg bringen.
Bundeskanzler hält an Ablehnung von „Taurus“-Lieferungen fest
Scholz geht davon aus, dass die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten keine veränderte Situation bezüglich der transatlantischen Zusammenarbeit schaffe. Diese sei „seit Jahrzehnten eine Grundlage des Erfolgs unseres Landes“. Man solle „alles dafür tun, dass diese Beziehungen sich weiter gut entwickeln“ – unabhängig davon, wer gerade wo regiere.
Bezüglich des Krieges in der Ukraine betonte Scholz, dass es über diesen hinweg keine Beschlüsse geben dürfe. Kiew könne sich auf Deutschland verlassen. Dabei dürfe die Unterstützung jedoch nicht auf Kosten wichtiger Projekte für die eigene Bevölkerung von der Rente bis zur Pflege gehen.
Der Kanzler nimmt auch für sich in Anspruch, durch Besonnenheit an der richtigen Stelle verhindert zu haben, dass der Krieg eskaliere und Deutschland direkt hineingezogen werde. Scholz erneuerte sein Nein zur Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern und betonte:
„Ich bin dagegen, dass mit den von uns gelieferten Waffen weit in russisches Gebiet hineingeschossen werden kann.“
Merz: „Aufatmen durch Deutschland“ aufgrund des Ampel-Aus
Insgesamt erklärte der Kanzler, dass Deutschland unter Führung der Ampel viel erreicht habe. Die Zahl der Asylgesuche sei zuletzt deutlich gesunken, teilweise bis zu 50 Prozent. Außerdem werde der Niedriglohnsektor immer kleiner, so Scholz. Es dürfe nun „kein falsches Entweder/Oder konstruiert“ werden. Stattdessen seien „Unterhaken“ und Kooperation geboten. Konsequenz des Ampel-Aus sei für ihn, dass „öffentlicher Streit nie die Regierungsarbeit überlagern“ dürfe.
Oppositionsführer und CDU-Chef Friedrich Merz erklärte hingegen, es gehe aufgrund des Ampel-Aus ein „Aufatmen durch Deutschland“. Er übte scharfe Kritik an dem Umgang des Kanzlers mit der Vertrauensfrage. Scholz habe anlässlich der Entlassung Lindners eine Rede gehalten, die „eines Bundeskanzlers unwürdig“ gewesen sei. Anschließend habe er versucht, sich „aus parteitaktischen Gründen möglichst lange im Amt zu halten“.
Merz erklärte, für die Union werde das Hauptaugenmerk darauf liegen, die Grenzen zu sichern und Deutschland wieder attraktiv für Investitionen zu machen. Das Land müsse weg von einseitiger Fixierung auf Wind- und Sonnenenergie. Man werde einige Entscheidungen mittragen, aber erst, sobald die Vertrauensfrage gestellt wird.
Baerbock beschwört „alte deutsche Tugenden“
Der CDU-Chef warnte auch davor, in den kommenden Wochen keine Gesetzesvorhaben der rot-grünen Minderheitsregierung aus Versehen mit den Stimmen der AfD zu beschließen. Für einige Vorhaben stehe die Union zur Verfügung, etwa zur Stärkung des Bundesverfassungsgerichts. Sie werde aber nicht „der Auswechselspieler für Ihre auseinanderbrechende Regierung“.
Merz beklagte zudem, „KI-generierte Fake-Videos über mich“ würden „auch von sozialdemokratischen Abgeordneten weiterverbreitet“. SPD-Fraktionschef Ralf Mützenich kündigte später an, den Vorwürfen nachzugehen und bei Bedarf Entschuldigungen zu erwirken.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock beschwor in ihrer Rede wiederum „alte deutsche Tugenden“ und nahm namens der Ampel in Anspruch, diese habe trotz des vorzeitigen Endes vieles erreicht. Unter anderem sei dies in Bereichen wie Bürokratisierung und Digitalisierung der Fall gewesen. Daran habe es nicht zuletzt im Kontext der Sicherheit gekränkt.
Die Ministerin rief dazu auf, im Wahlkampf „unser wunderbares Land“ nicht schlechtzureden. Dieses sei „so stark, wie wir demokratischen Parteien es jetzt gerade machen“. Allerdings sei es auch „tief verunsichert“, weshalb es darauf ankomme, „Sicherheit in unsicheren Zeiten zu geben“. Baerbock hatte den eigentlich vorgesehenen Debattenredner Robert Habeck vertreten. Der Bundeswirtschaftsminister saß aufgrund einer Flugzeugpanne in Portugal fest.
Lindner: „Manchmal ist eine Entlassung auch eine Befreiung“
Eine Woche nach seiner Entlassung, die zugleich das Ende der Ampelkoalition besiegelte, meldete sich auch FDP-Chef Christian Lindner anlässlich der Regierungserklärung des Kanzlers zu Wort. „Manchmal ist eine Entlassung auch eine Befreiung“, erklärte Lindner. Die Sorge um die wirtschaftliche Zukunft habe den US-Wahlkampf bestimmt, und diese Entwicklung sei auch in Deutschland jederzeit möglich.
Gebe es kein Wachstum, verbreite sich der Eindruck, man gewinne nur, wenn man anderen etwas nehme. Die Folge seien Verteilungskämpfe. Auch außenpolitisch seien es nicht moralisierende Belehrungen, die Deutschlands geopolitisches Gewicht ausmachten, sondern wirtschaftliche Stärke. Das Land habe „das Potenzial für ein starkes Comeback“, betonte Lindner. Allerdings brauche es dafür mehr Eigenverantwortung und Unternehmergeist.
Weidel: FDP und CDU haben „epochale Fehlentscheidungen“ mitgetragen
Namens der AfD erklärte Fraktionschefin Alice Weidel, die Ampel habe „wie keine Regierung zuvor Deutschland geschadet“. Es zeichne sich ein 20-Jahres-Rekord bei den Insolvenzen ab, die innere Sicherheit breche zusammen, und der Staat könne sich bald auch auf keine Rekordeinnahmen mehr verlassen, weil diese infolge schließender Betriebe wegbrächen.
Die FDP habe alle Maßnahmen mitgetragen, die zu dieser Situation geführt hätten, erklärte Weidel. Der „Versuch, in letzter Minute das sinkende Schiff zu verlassen“, komme zu spät. Auch die CDU habe „epochale Fehlentscheidungen“ zu verantworten, äußerte die AfD-Chefin. Abgeordnete wie Marco Wanderwitz und der in die Politik wechselnde Verfassungsschutzchef Thomas Haldenwang wendeten „übelste DDR-Methoden“ gegen die Opposition an.
Söder bezeichnet Ampel als „schwächste Bundesregierung aller Zeiten“
Für die CSU sprach Bayerns Ministerpräsident Markus Söder von einem „stil- und würdelosen Abgang“ der „schwächsten Bundesregierung aller Zeiten“. Das Ende der Ampel spiegele deren Amtszeit wider, am Ende gab es erneut öffentlichen Streit und Gezerre – in diesem Fall um den Termin der Vertrauensfrage.
Für die Linkspartei bezeichnete es Heidi Reichinnek als „Skandal“, dass Union und Ampelparteien Themen von der Tagesordnung nähmen, statt sich um Lösungen für wichtige Fragen zu bemühen. Dies komme einer „Arbeitsverweigerung“ gleich.
Wagenknecht bezeichnet Merz als „Kriegshasardeur“
BSW-Chefin Sahra Wagenknecht wiederum erklärte, das Erbe der Ampel sei eine „tiefe Wirtschaftskrise und ein verunsichertes Land, in dem sich Existenz- und Zukunftsängste verbreiten“. Die dafür Verantwortliche machten weiter, als wäre nichts geschehen. Aber auch die Union stehe für verfallende Infrastruktur und Entscheidungen wie das Verbrennerverbot. Deutschland brauche auch keinen „Kriegshasardeur im Kanzleramt“, wie Wagenknecht CDU-Chef Friedrich Merz bezeichnete.
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