Scholz: Menschen sind „geboren, um zu arbeiten“ – Lieferkettengesetz „kommt weg“
Kanzler Olaf Scholz verteidigte in seiner Rede beim Arbeitgebertag die Wirtschaftspolitik seiner Regierung. Die Wachstumsinitiative setze „an entscheidenden Wachstumsfaktoren an“, das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz gehe das Problem der fehlenden Arbeitskräfte „entschlossen an“, beim Bürgergeld werde „zielgenau“ nachgesteuert.
Scholz sagte der Wirtschaft Entlastung von Bürokratie zu– auch beim Lieferkettengesetz. „Das haben wir ja gesagt, das kommt weg“, sagte der SPD-Politiker beim Arbeitgebertag in Berlin.
Der Präsidenten der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Rainer Dulger, hatte zuvor auf Fortschritte gedrängt. „Wir haben mehrfach darum gebeten, dieses Gesetz entweder zu lockern oder außer Kraft zu setzen. Der Wirtschaftsminister hat uns das auch mehrfach bestätigt, dass er verstanden hat, worum es geht und dass er sich sofort an die Arbeit machen wird. Aber erreicht, geliefert hat er nichts“, bemängelte er mit Blick auf Robert Habeck (Grüne), der hier Fehler eingeräumt hatte.
Scholz erklärte auch: „Wenn jetzt bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung, ich glaube 1.500 Berichtspunkte sind, dann ist da irgendwie, sind da irgendwem die Gäule durchgegangen, anders kann man das gar nicht formulieren.“
Bürokratie abbauen
Auf Dulgers Ruf nach Veränderungen entgegnete Scholz: „Dieses Jahr noch.“ Dulger konnte er damit noch nicht überzeugen. „Ich glaube Ihnen das, wenn die Tinte trocken ist und es bei mir auf dem Lieferschein steht.“
„Ich möchte Ihnen zurufen, Herr Bundeskanzler: Sie haben jetzt mit Ihrem 49-Punkteplan in diese unvorstellbar harte Wand der Rezession, die vor uns steht, ein kleines Loch gebohrt und es ist unsere Aufgabe, daraus eine vierspurige Autobahn zu machen.“
Die Bundesregierung hatte in ihrer „Wachstumsinitiative“ angekündigt, bei der Umsetzung von Sorgfalts- und Berichtspflichten gelte es, unverhältnismäßige Belastungen der Unternehmen zu vermeiden. Die Europäische Lieferkettenrichtlinie solle so bürokratiearm wie möglich umgesetzt werden.
Das europäische Lieferkettengesetz wurde vor Kurzem verabschiedet. Die EU-Staaten haben gut zwei Jahre Zeit, die neuen Regeln in nationales Recht umzusetzen. Ziel des EU-Lieferkettengesetzes ist es, Menschenrechte weltweit zu stärken. Unternehmen sollen zur Rechenschaft gezogen werden können, wenn sie von Menschenrechtsverletzungen wie Kinder- oder Zwangsarbeit profitieren.
Menschen sind „geboren, um zu arbeiten“
Das Bürgergeld sei kein bedingungsloses Grundeinkommen, sagte Scholz: „Wer arbeiten kann, soll auch arbeiten.“ Wer sich entziehe – und das gelte nicht für die übergroße Zahl der Bürgergeldempfänger – „der hat die Botschaft verdient: Das ist nicht das, was wir wollen“.
Die Menschen seien „geboren, um zu arbeiten“, sagte der Kanzler unter großem Applaus beim Arbeitgebertag. „Dass wir arbeiten und uns anstrengen, gehört zu unserer Kultur dazu – und das sollte auch so bleiben.“
Längere Arbeitszeiten
Scholz drängt zudem auf eine Ausweitung der Zahl der in Deutschland geleisteten Arbeitsstunden. „Hier sind noch längst nicht alle Möglichkeiten ausgereizt.“ So hätten im vergangenen Jahr 31 Prozent aller Beschäftigten in Deutschland in Teilzeit gearbeitet, wobei es bei den Männern nur 13 Prozent und bei den Frauen 50 Prozent gewesen seien.
„Guckt man nur auf die Beschäftigten in Vollzeit, dann stellt man fest: Die arbeiten in Deutschland im Schnitt 40,4 Stunden pro Woche – also nicht weniger als der europäische Durchschnitt und mehr als zum Beispiel Niederländer und Franzosen, Dänen oder Ungarn.“
Und auch viele Frauen, die in Teilzeit arbeiten, wollten gern mehr arbeiten und mehr verdienen, so Scholz.
„Aber Beschäftigung in Vollzeit ist für viele kurzfristig nicht so einfach machbar, weil sie Kinder und Beruf irgendwie jongliert kriegen müssen.“ Das Land sei immer noch nicht gut aufgestellt, wenn es um die Unterstützung junger Familien gehe, so der Kanzler.
Ganztagsbetreuung sei eben noch längst nicht überall der Normalfall. „Wenn die Versorgung mit Kitas und Ganztagsschulen besser passen würde, dann wäre in vielen Fällen auch eine Arbeitszeit von 25, 30 oder 32 Stunden und vielleicht auch Vollzeit möglich“, fügte Scholz hinzu.
Vorbeschäftigungsverbote für Rentner abschaffen
Er versprach, hart daran zu arbeiten, die Betreuungs- und Ganztagsangebote „deutlich zu verbessern“. Dabei gehe es nicht nur um die Platzzahl und die Qualität, sondern auch um den zeitlichen Umfang. „Am Bund und der Bundesregierung wird das nicht scheitern“, so der SPD-Politiker.
Mit Blick auf das Arbeitskräftepotenzial nannte Scholz zudem auch die Personen, die im Rentenalter noch weiterarbeiten wollen.
„Es darf nicht sein, dass der Wunsch, im Rentenalter noch weiterzuarbeiten, am Ende an Bürokratie scheitert – oder weil es sich nicht rechnet“, sagte er.
Deshalb werde man die sogenannten Vorbeschäftigungsverbote bei der Befristung abschaffen. Damit erleichtere man es Unternehmen, Arbeitnehmer weiterzubeschäftigen, wenn diese die Regelaltersgrenze erreichen.
Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände vertritt die sozial- und wirtschaftspolitischen Interessen von über einer Million deutscher Unternehmen und 20 Millionen Beschäftigten. (dts/dpa/red)
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