Scholz greift in den Haushaltsstreit ein: „Jetzt ist Schwitzen angesagt“

Überraschend deutlich hat Bundeskanzler Olaf Scholz Minister Lindner in der Debatte um den Haushalt 2025 den Rücken gestärkt. Dieser hatte jüngst den Beschluss des Kabinetts über das Rentenpaket II blockiert – das als Schwerpunktprojekt des Kanzlers gilt.
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Bundeskanzler Olaf Scholz (r.) und Finanzminister Christian Lindner bei der wöchentlichen Kabinettssitzung der Bundesregierung. Symbolbild.Foto: TOBIAS SCHWARZ/AFP via Getty Images
Von 15. Mai 2024

Bis Juli wollen die Ampelparteien die wesentlichen Eckpunkte für den Haushalt 2025 definiert haben. Im Vorfeld ist Bundeskanzler Olaf Scholz Spekulationen entgegengetreten, die jüngsten Unwägbarkeiten rund um das Rentenpaket II markierten eine neue Koalitionskrise. Vielmehr hat er Bundesfinanzminister Christian Lindner den Rücken gestärkt.

Scholz: „Wir sollten uns das Leben jetzt nicht zu leicht machen“

In einem Interview mit dem „Stern“, das am Donnerstag erscheinen wird, äußert sich der Kanzler zum Haushalt. Er erklärt, dass die Höchstbegrenzung bezüglich der finanziellen Anforderungen, die Lindner ausgegeben hatte, von ihm autorisiert gewesen sei. In einer Vorabmeldung wird er mit den Worten zitiert:

„Der Finanzminister hat den Ressorts Limits genannt – das war mit mir abgesprochen.“

Ehe Anfang Juli „Wünsche und Wirklichkeit in Einklang gebracht“ worden sein sollten, setze er darauf, so Scholz, dass „sich alle ihrer Verantwortung bewusst sind und wir das gemeinsam hinkriegen“. Maßstab bleibe der Finanzrahmen für den Bundeshaushalt, der durch die Höhe der Steuereinnahmen und die Verfassung gebunden sei.

Anders als einige SPD-Spitzenpolitiker stellt sich Scholz auch bezüglich der Schuldenbremse hinter seinen Finanzminister:

„Wir sollten uns das Leben nicht zu leicht machen. Jetzt ist erst mal Schwitzen angesagt.“

Rentenpaket II soll am 22. Mai beschlossen werden

Am Montagabend hatte Minister Lindner wie schon in der Vorwoche eine weitere Verschiebung der Abstimmung über das sogenannte Rentenpaket II erwirkt. Damit wird der Zeitplan immer knapper. Ursprünglich sollte das Vorhaben schon am 24. April grünes Licht erhalten. Lindner befand sich an jenem Tag jedoch auf einer Türkei-Reise.

Deshalb sollte der Beschluss nun am Mittwoch der Vorwoche erfolgen. Dies hat der FDP-Chef unter Verweis auf die Höhe der Begehrlichkeiten aus den Ressorts verhindert. Schon das hatte massiven Unmut unter den Koalitionspartnern zur Folge.

Lindner hat die Beschlussfassung „noch im Mai“ zugesagt – aber auch am Montagabend schaffte es das Rentenpaket II nicht auf die Tagesordnung. In der Kabinettssitzung der kommenden Woche soll es jedoch so weit sein.

Durchwachsener Deal für die FDP

Am Ende werden die FDP-Minister dem gemeinsam von Lindner und Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) vorgestellten Rentenpaket trotz massiver Kritik auch aus der eigenen Partei zustimmen. Das Paket soll das derzeitige Rentenniveau von 48 Prozent eines Durchschnittslohns bis 2039 stabilisieren. Allerdings werden dafür die Rentenbeiträge in der Zeit von 2028 bis 2035 deutlich auf 22 Prozent steigen.

Die FDP erhält im Gegenzug eine „Aktienrente“, die allerdings keine individuellen Ansprüche der Versicherten begründet. Stattdessen soll der Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung (KENFO) mit drittfinanzierten Mitteln ESG-konforme Wertpapiere an der Börse erwerben. Das angesparte Kapital soll die Bundeszuschüsse zur Rentenkasse absichern.

Die Liberalen haben unterdessen ein Fünf-Punkte-Papier zum Umbau des Sozialstaats vorgelegt. Darin fordern sie unter anderem die Anpassung des Renteneintrittsalters an die Lebenserwartung, ein weitgehendes Ende der vorzeitigen Rente für besonders langjährig Versicherte („Rente mit 63“) und deutliche Verschärfungen beim Bürgergeld.

SPD lehnt Kürzungen bei der Rente kategorisch ab

Die SPD stellt sich kategorisch gegen Kürzungen bei der Rente. Auch weitere Verschärfungen beim Bürgergeld hält man in der Sozialdemokratie für populistische Muster ohne Wert. Parteichefin Saskia Esken betonte erst in der Vorwoche mit Blick auf den CDU-Bundesparteitag, dass die viel beschworenen „Fleißigen“ sich auch im Bürgergeldbezug befinden könnten.

Ein Fünftel der Bezieher seien Menschen, die das Bürgergeld in Anspruch nehmen müssten, um ihren zu geringen Arbeitslohn aufzustocken. Um ihnen einen Aufstieg zu ermöglichen, hätte die SPD bei der Einführung des Bürgergelds das „Hartz IV“-Prinzip der schnellstmöglichen Vermittlung in Jobs zugunsten von Weiterbildungsoptionen aufgeweicht.

Im „Stern“-Interview zeigte sich Scholz unterdessen entspannt mit Blick auf die Wahlen im nächsten Jahr. „Ich möchte auch über Herbst 2025 hinaus Bundeskanzler bleiben“, sagte er. Bereits zuvor hatte er gegenüber dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (RND) auf die Frage nach Friedrich Merz als möglichem Gegner im Kanzlerrennen mit den Worten „Nur zu“ geantwortet.

Stellt Scholz sich auf einen Schröder-Wahlkampf für die SPD ein?

Genauer hatte Scholz seine Präferenz für Merz jedoch nicht begründen wollen. Im „Stern“ wurde er etwas präziser. Er bezeichnete es als „sehr, sehr unwahrscheinlich“, dass ein „Millionär mit Privatjet“ in Deutschland Kanzler werde.

Dies deutet darauf hin, dass der Kanzler insgeheim darauf hoffen könnte, das Erfolgsrezept von Gerhard Schröder aus dem Jahr 2002 für sich zu adaptieren. Auch dieser sah sich mit Edmund Stoiber einem Gegenkandidaten gegenüber, der – zumindest außerhalb Bayerns – durchwachsene Sympathiewerte aufwies und als möglicherweise offen für militärische Abenteuer galt.

Scholz brachte auch eine perspektivische Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns auf 15 Euro ins Spiel. Soziales und Friedenspolitik könnten auf diese Weise zum Aufhänger für einen Wiederaufstieg der SPD werden.



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