Scholz fordert rasche Lösungen: Müssen Asylverfahren beschleunigen

Bei einem Besuch des Besamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) des Bundeskanzlers Olaf Scholz mahnt der Kanzler, die Geschwindigkeit bei der Bearbeitung der Fälle zu erhöhen. Für mehr Personal und Digitalisierung ist schon im neuen Haushalt mitgeplant worden. Ein Regierungssprecher äußerte sich zudem noch zum Ruanda-Modell, das noch nicht aufgegeben wird.
Bundeskanzler Scholz hat Bemühungen der Bundesregierung zugesagt, das Dublin-Verfahren zur Rücknahme von Flüchtlingen zu verbessern.
Bundeskanzler Scholz hat Bemühungen der Bundesregierung zugesagt, das Dublin-Verfahren zur Rücknahme von Flüchtlingen zu verbessern.Foto: Daniel Löb/dpa Pool/dpa
Epoch Times8. Juli 2024

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will mehr Tempo bei der Entscheidung über Asylanträge. Bei einem Besuch des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hat er aber auch politische Bemühungen zugesagt, etwa zur Verbesserung der Rücknahme von Asylbewerbern im Zuge des sogenannten Dublin-Verfahrens auf europäischer Ebene.

„Es muss so sein, dass wir da eine veränderte Praxis erreichen“, sagte Scholz in Nürnberg. Er sei mit seinem Kollegen in mehreren Ländern Europas im „Dauergespräch“.

Mitarbeiter bemängeln fehlende Aufnahmebereitschaft nach Dublin-Abkommen

Zuvor hatten Mitarbeiter des Bundesamtes dem Kanzler ihre Unzufriedenheit mit der bisherigen Praxis zum Ausdruck gebracht. Einige Länder, darunter Italien, akzeptieren derzeit keine oder nur eine geringe Zahl von Flüchtlingen, zu deren Aufnahme sie aber nach dem Dublin-Abkommen verpflichtet wären.

Der Dublin-Verordnung zufolge ist immer nur ein EU-Staat für die Prüfung und Abwicklung von Asylverfahren zuständig – in der Regel jenes Land, auf dessen Boden der Asylsuchende zuerst europäischen Boden betreten hat.

Insgesamt mahnte Scholz mehr Tempo bei der Bearbeitung von Asylanträgen an. Dies sei entscheidend, auch für die Akzeptanz in der Bevölkerung. „Wir müssen dafür Sorge tragen, dass wir State of the Art sind“, sagte der Kanzler mit Blick auf die Digitalisierung.

Es müsse dafür Sorge getragen werden, dass die digitale Geschwindigkeit hoch bleibe, auch Künstliche Intelligenz spiele eine Rolle. Eine entscheidende Frage sei die Ausstattung des Bundesamtes mit ausreichend Personal. Sowohl im zurückliegenden Bundeshaushalt als auch im neuen Haushalt sei dies berücksichtigt worden.

Scholz: Bei Gerichtsverfahren muss das Tempo von Rheinland-Pfalz das Ziel sein

Wichtig sei auch, dass Asylanträge auf Ebene der Bundesländer noch in den Erstaufnahmeeinrichtungen gestellt würden – vor der Verteilung auf die Kommunen. „Dass das flächendeckend so gelingt, ist ganz entscheidend“, sagte Scholz. Dies könne eine „dramatische Beschleunigung“ des Verfahrens zur Folge haben. Er sprach sich auch für mehr Tempo bei den Verwaltungsgerichtsverfahren aus.

In Rheinland-Pfalz sei die erste Instanz bei solchen Verfahren in weniger als sechs Monaten abgeschlossen. Der bundesweite Schnitt liege jedoch bei 20 Monaten. „Das Ziel muss sein, dass ganz Deutschland die Geschwindigkeit bei den Gerichtsverfahren hat, die in Rheinland-Pfalz jetzt Praxis ist.“

Regierung gibt Ruanda-Modell trotz Skepsis noch nicht auf

Weiterhin will die Bundesregierung ihre Prüfung der Drittstaatenregelungen nach dem sogenannten Ruanda-Modell für die Aufnahme von Migranten fortsetzen. „Wir verfolgen diese Prüfung weiter – so ist es auch in der Ministerpräsidentenkonferenz zugesagt worden“, sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums am Montag in Berlin.

Zugleich ließ er durchblicken, dass die Bundesregierung die Umsetzung eines solchen Modells sehr skeptisch bewerte.

Auf Drängen der Länderchefs hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bei dem Bund-Länder-Treffen im Juni zugesagt, im Dezember die Ergebnisse einer Prüfung zum sogenannten Ruanda-Modell vorzulegen.

Insbesondere Regierungschefs der Union hatten sich für eine Auslagerung von Asylverfahren in Drittstaaten außerhalb der EU – wie etwa Ruanda – ausgesprochen. Sie versprechen sich davon eine abschreckende Wirkung auf Migrationswillige.

Abschiebung nach Ruanda Vorzeigeprojekt von ehemaligem britischen Premierminister Rishi Sunak

Die Pläne, illegal über den Ärmelkanal nach Großbritannien eingereiste Asylsuchende nach Ruanda abzuschieben, sollten ein Vorzeigeprojekt des kürzlich abgewählten Tory-Premiers Rishi Sunak werden.

Dieser trieb seine Pläne trotz heftigen Widerstands von Menschenrechtsgruppen und Gerichten voran. Der neue britische Premierminister Keir Starmer stoppte das Vorhaben nur wenige Stunden nach Amtsantritt.

Der Ministeriumssprecher in Berlin verwies darauf, dass die Bundesregierung bereits die Bewertung zahlreicher Sachverständiger zu dem Modell eingeholt habe. Die Fachleute verwiesen dabei auf die „enormen Kosten, die ein Vielfaches das übersteigen, was es kostet, Flüchtlinge im eigenen Land unterzubringen“, sagte der Sprecher. Zudem gebe es Zweifel an der Rechtmäßigkeit sowie an der abschreckenden Wirkung des Modells.

Zahl der Asylanträge rückläufig

Die Zahl der Asylanträge ist in Deutschland im laufenden Jahr wieder rückläufig, allerdings auf hohem Niveau. Von Januar bis Juni wurden 121.000 Anträge auf Asyl gestellt – knapp 20 Prozent weniger als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Die meisten kamen aus Syrien, Afghanistan und der Türkei.

Entschieden wurde in diesem Jahr bereits über 150.000 Anträge. Die Schutzquote lag bei 47 Prozent. Im vergangenen Jahr wurden insgesamt 351.000 Erstanträge gestellt. Die Personalstärke des Bundesamtes von derzeit 8.000 Mitarbeitern ist auf 230.000 Anträge ausgelegt.

Im vergangenen Haushalt wurde bereits eine temporäre Aufstockung um 1.000 Personen bewilligt. Die Rekordzahl an Anträgen stammt infolge des Bürgerkriegs in Syrien aus dem Jahr 2016 mit 745.000.  (afp/dpa/red)



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