Schleswig-Holstein: Grünen-Fraktion will Religionsunterricht durch interreligiöse Religionskunde ersetzen
Die Grünen-Politiker wollen in Schleswig-Holstein einen „Religionsunterricht für alle“. Bei diesem Religionsunterricht sollen Imame und Rabbiner verpflichtend mit unterrichten.
Interreligiöse Religionslehrer sollen später – unabhängig ihrer eigenen Konfession – eine Art Religionskunde-Unterricht, die alle Religionen thematisiert abhalten, fordern die Grünen, berichten die „Lübecker Nachrichten“.
„Wir wollen den Religionsunterricht interreligiöser machen“, sagt Eka von Kalben Fraktionschefin der Grünen im schleswig-holsteinischen Landtag. Der Religionsunterricht soll ein Angebot an alle Schüler aller Religionen, Konfessionen und auch für Atheisten sein. „Denn es ist doch grundfalsch, Klassen gerade dann auseinanderzureißen, wenn im Unterricht über Werte gesprochen wird“, so die Grünen-Politikerin.
An Schleswig-Holsteins Schulen gibt es bislang ausschließlich evangelischen und katholischen Religionsunterricht oder einen beide Konfessionen verbindenden Religionsunterricht.
Die konfessionslosen Schüler (44 Prozent) können auf Antrag am Religionsunterricht teilnehmen. Diese Möglichkeit wird häufig an Grundschulen genutzt, wo ein großer Anteil (88 Prozent aller Schüler) den evangelischen Religionsunterricht besucht. Als Ersatz zum Religionsunterricht wird Philosophieunterricht angeboten, den bis zum 14. Lebensjahr die Eltern für ihr Kind auswählen können, später das Kind selbst.
Religionslehrer soll Moderator sein – Islamunterricht überflüssig
Der jetzige Religionsunterricht ist „in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Kirchen“, zu erteilen, heißt es im Schulgesetz. Die Lehrer studieren Religion als eines ihrer Unterrichtsfächer an den staatlichen Hochschulen, brauchen aber auch eine kirchliche Lehrerlaubnis. Auch dies möchte von Kalben gerne ändern. Sie will den zukünftigen Religionslehrer in erster Linie als Moderator verstehen, der den Schülern alle Religionen im Vergleich vorstellt.
Wenn dies politisch jetzt noch nicht umsetzbar sei, so sollten die evangelischen und katholischen Religionslehrer zunächst verpflichtend Imame und Rabbiner in den Unterricht mit einbeziehen müssen, den diese dann mitgestalten würden, fordert von Kalben.
Evangelische und katholische Pfarrer und Pastoren brauche es im Unterricht hingegen nicht, sagt die Grünen-Politikerin. „Die Rolle als Vertreter ihrer Kirche übernehmen die konfessionell ausgebildeten Religionslehrer.“ Damit wäre auch ein eigener Islamunterricht an den Schulen überflüssig.
Staatsverträge mit islamischer Gemeinschaft und islamischen Bündnissen
Wie man die entsprechenden Rabbiner und Imame, die teilweise sehr unterschiedliche Richtungen ihrer Religionen vertreten, auswählen wolle, stehe noch nicht fest, so von Kalben weiter. Allerdings sollten später die Regelungen mit den islamischen Gemeinschaften wie etwa der „Schura“ (Rat islamischer Gemeinschaften) oder dem „Bündnis der islamischen Gemeinden in Norddeutschland“ Bestandteil von Staatsverträgen werden, wie es jetzt schon für die evangelische und katholische Kirche sowie der jüdischen Gemeinde der Fall ist.
Was sagen die anderen Fraktionen der schleswig-holsteinischen Jamaika-Koalition dazu?
Bildungsministerin Karin Prien (CDU) sieht keinen Handlungsbedarf. „Unser Angebot von konfessionsgebundenem Religionsunterricht wird gut angenommen“, sagt die Ministerin. Zudem würde der jetzige Religionsunterricht den Kindern und Jugendlichen bereits einen Einblick in andere Religionen und Weltanschauungen bieten.
Die FDP-Bildungspolitikerin Anita Klahn ist zurückhaltend: Sie halte nichts davon, Konzepte für den Religionsunterricht einseitig durch die Politik vorzugeben. Die FDP werde in der Koalition anregen, dass zunächst Vertreter von Schulen und Religionsgemeinschaften und andere Beteiligte angehört würden, so Klahn.
Für sie seien häufigere Besuche von Kirchen, Moscheen oder Synagogen oder Gespräche mit Geistlichen im Unterricht denkbar. Das sollten dann Gespräche mit Geistlichen aller großen Religionen sein. Damit könnte der interkulturelle Dialog noch größeren Raum an der Schule bekommen, sagt Anita Klahn.
SPD unterstützt jede Initiative die den Religionsunterricht öffnet
Aus der Opposition seitens der SPD begrüßt man den Vorschlag der Grünen. Bildungspolitiker Martin Habersaat (SPD) unterstütze „jede Initiative, die den Religionsunterricht für Schülerinnen und Schüler aller Konfessionen oder ohne Konfession tatsächlich öffnet“. Er favorisiere ebenfalls einen religionskundlichen Unterricht für alle, „der die Geschichte, das Verbindende und das Trennende unterschiedlicher Religionen und Philosophien zum Gegenstand hat“.
Durchsetzen ließe sich das gegen die Kirchen allerdings kaum, solange das Anrecht der Kirchen auf Religionsunterricht im Grundgesetz verankert ist, glaubt der SPD-Politiker.
Dementsprechend hat die Kirche laut Grundgesetz ein Anrecht auf einen Religionsunterricht, in dem es um „Glaubensvermittlung“ geht. Habersaat hält dies für nicht mehr „zeitgemäß“ und wegen der Schulpflicht für schwierig. Ohne Grundgesetzänderung könnten die Kirchen aber zu keiner Reform gezwungen werden, so der SPD-Mann.
Kirchen lehnen einen Verzicht auf christlichen Religionsunterricht ab
Was sagt die Kirche dazu?
„Man kann den konfessionellen Unterricht auf der verfassungsrechtlichen Grundlage nicht einfach durch einen interreligiösen Unterricht ersetzen, auch wenn das immer wieder angeregt und diskutiert wird“, so Peter Schulze, Vize-Sprecher der evangelischen Nordkirche. Ohnehin würden im Rahmen des evangelischen Religionsunterrichts in Schleswig-Holstein schon lange auch die anderen Weltreligionen thematisiert. Sogar begrenzte Kooperationen mit anderen Religionsgemeinschaften seien üblich. Das reiche seiner Meinung nach völlig aus.
Beate Bäumer, die Leiterin des Katholischen Büros in Kiel, betont, dass man „niemals“ auf den eigenständigen katholischen Religionsunterricht verzichten werde. Er sei Ausdruck der Religionsfreiheit und „kein buntes Allerlei und keine Folklorekunde, wo es um etwas Ethik und Kultur geht“. Angesichts der gesellschaftlichen Pluralität bräuchten die Schüler, Bäumer zufolge, „eine fundierte religiös-konfessionelle Bildung, um sich selbst in religiösen Fragen positionieren und dialogfähig werden zu können“.
Bäumer sieht die Politik in der Pflicht. Diese sollte sich für die Erteilung von islamischen Religionsunterricht einsetzen, den sich viele muslimische Eltern wünschen würden. „Dann könnte der interreligiöse Austausch, der schon jetzt selbstverständlich auch im katholischen Religionsunterricht stattfindet, noch weiter ausgebaut werden“, so Bäumer. (er)
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