Schlagabtausch zu Konsequenzen aus Berliner Anschlag im Bundestag
Regierung und Opposition haben sich am Mittwoch im Bundestag einen Schlagabtausch über die Konsequenzen aus dem Berliner Anschlag vom Dezember geliefert. Linke und Grüne warfen der großen Koalition vor, zu schnell nach neuen Gesetzen zu rufen, die Union warf der Opposition eine Blockade notwendiger Neuregelungen vor. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) zufolge werden alle bekannten Gefährder noch einmal überprüft.
Es gebe genügend Sicherheitsgesetze in Deutschland, sie müssten nur angewandt werden, sagte Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch in einer Aktuellen Stunde des Bundestages. Es müsse geklärt werden, wie der Attentäter Anis Amri den Anschlag verüben konnte, obwohl er seit 2015 wöchentlich Thema bei den Beratungen des Sicherheitsbehörden gewesen sei.
Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz hielt de Maizière vor, er gehe nach dem Motto vor, „Schwamm drüber, Fehler haben nur die anderen gemacht“. Die große Koalition fange bereits an, zu operieren, obwohl es noch keine ordentliche Diagnose gebe. Der Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele forderte de Maizière und Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen auf, „Verantwortung“ zu übernehmen.
Unionsfraktionsvize Stephan Harbarth (CDU) sagte in der Debatte: „Das größte Sicherheitsrisiko in Deutschland ist die rot-rot-grüne Landesregierung in Berlin.“ Sie habe sich gegen die Abschiebehaft ausgesprochen, kritisierte Harbarth. Der Unions-Innenexperte Stephan Meyer (CSU) warf der Opposition, aber auch der SPD vor, Verschärfungen von Sicherheitsgesetzen blockiert zu haben.
Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) sagte, es dürfe zwar keinen „Automatismus“ für neue Gesetze geben. Zunächst müsse geprüft werden, ob die bestehenden Regelungen so angewandt würden, wie es möglich sei. Doch je größer die Gefahr sei, desto stärker müsse der Staat seine Bürger schützen.
De Maizière sagte, die zuständige Arbeitsgruppe im Gemeinsamen Terrorabwehrzentrum von Bund und Ländern nehme in mehreren Sondersitzungen „jeden ihr bekannten Gefährder unter die Lupe“. Die Expertenrunde prüfe nochmals, „ob Abschiebungen oder ähnliche Maßnahmen erforderlich sind“.
Er habe außerdem das Bundeskriminalamt (BKA) beauftragt, die Risikobewertung von Gefährdern und Gewaltstraftätern zu verbessern, sagte de Maizière. Der Innenminister forderte das BKA zudem auf, Pläne zur Vereinheitlichung der Gefährderbewertung voranzutreiben.
Zwar gebe es eine Definition von Gefährdern und bundesweite Leitlinien zum Umgang mit ihnen. „Aber die Bewertung von Gefährdern und die taktischen Maßnahmen nimmt immer noch jedes Bundesland sehr für sich alleine vor“, bemängelte de Maizière. „Wir brauchen eine bundesweit standardisierte Gefährderbewertung.“
Zuvor hatte sich am Mittwoch auch die Bundestagsausschüsse für Inneres und Recht mit dem Fall des Attentäters Amri und möglichen Konsequenzen befasst. Der Tunesier konnte den Anschlag auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz mit zwölf Toten am 19. Dezember begehen, obwohl er schon Monate zuvor als islamistischer Gefährder ins Visier der Sicherheitsbehörden geraten war. Seine Überwachung wurde allerdings vor dem Anschlag eingestellt. Auch wegen Straftaten war Amri aufgefallen, eine geplante Abschiebung scheiterte an bürokratischen Hürden. (afp)
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