Schlägerei unter Asylbewerbern: Polizei täglich mehrmals in Asylunterkünften

Gewaltvorfälle in den Asylunterkünften sind in Deutschland ein Dauerthema, auch in Oberfranken (Nordbayern). Insbesondere das Ankerzentrum in Bamberg stand dabei bereits mehrfach in den Schlagzeilen. Eine Regierungsantwort gibt nun einen tieferen Einblick in die dortige Lage.
Titelbild
Einsätzkräfte vor dem Bamberger Ankerzentrum für Flüchtlinge.Foto: Ferdinand Merzbach/dpa
Von 9. Juni 2023

Bei dem Thema Gewalt in Asylunterkünften in Deutschland geht es größtenteils um Gewalt unter den Asylbewerbern. Jedoch gibt es auch Angriffe von Asylbewerbern auf Sicherheitsmitarbeiter und Polizei. Seltener geht es um Vorwürfe von Gewalt durch Sicherheitsmitarbeiter gegen Asylbewerber. Insbesondere das Messer ist ein häufiges Tatmittel der Asylbewerber.

Um ein genaueres Bild für seine Region zu bekommen, stellte der oberfränkische AfD-Abgeordnete des Bayerischen Landtages Jan Schiffers eine Anfrage an die Landesregierung. Er wollte unter anderem wissen, wie häufig polizeiliche Einsätze in Asylunterkünften stattfinden, wie erheblich Gewaltvorfälle gegenüber Polizisten sind und welche Kosten für den Steuerzahler für den offenbar notwendigen Sicherheitsdienst dort entstehen.

Zwei Polizeieinsätze täglich

Laut Landesregierung mussten im letzten Jahr im Ankerzentrum in Bamberg allein 745 Polizeieinsätze (2021: 584 Einsätze) durchgeführt werden. In den übrigen Asyleinrichtungen waren es 860 Einsätze (2021: 690).

Somit gab es durchschnittlich zwei Polizeieinsätze pro Tag über das gesamte Jahr 2022 im Ankerzentrum Bamberg. Noch häufiger musste die Polizei in die übrigen Asyleinrichtungen ausrücken.

Dabei wurden sie auch zum Ziel von Gewalt. 2021 waren es insgesamt sieben Delikte im Sinne der §§ 113 bis 115 StGB, also Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte oder tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte. Für 2022 lagen laut Regierung noch keine Zahlen vor, man sprach aber von einer rückläufigen Tendenz.

Im Rahmen der sieben Delikte wurde in einem Fall von einer Strafverfolgung wegen Auslieferung und Ausweisung, in einem anderen Fall wegen Geringfügigkeit abgesehen. Zudem gab es einen Freispruch. In zwei Fällen wurde Anklage beziehungsweise ein Strafbefehl erhoben. Und in zwei Fällen wurde ein Strafbefehl über 900 beziehungsweise 950 Euro erteilt. In einem Fall schließlich gab es eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten.

27.467 Migranten und Flüchtlinge in Oberfranken

In Oberfranken sind aktuell 27.467 Migranten und Flüchtlinge untergebracht. Davon sind 13.895 aus der Ukraine, plus 11.591 andere Asylbewerber außerhalb des Ankerzentrums Bamberg und 1.981 Asylbewerber innerhalb des Ankerzentrums.

In 15 von den insgesamt 17 Asylunterkünften, auf die sich die Asylbewerber in Oberfranken verteilen, entstehen insgesamt für den Sicherheitsdienst Kosten von monatlich 244.545 Euro, geht aus der Regierungsantwort hervor.

Der Sicherheitsdienst scheint jedoch oftmals mit den Sicherheitsaufgaben überfordert zu sein, was die Zahlen zu den Polizeieinsätzen in Asyleinrichtungen zeigen.

„Handfeste Auseinandersetzung“ mit mehreren Verletzten

Beispielhaft sei hier eine Schlägerei unter mehreren Asylbewerbern im Ankerzentrum Bamberg und dem nahegelegenen Volkspark aufgeführt, die sich am 8. Dezember 2022 ereignete. Dadurch kam es gegen 19 Uhr in der Erstaufnahmeeinrichtung des Ankerzentrums zu einem größeren Polizeieinsatz.

Auf dem dortigen Unterkunftsgelände gerieten laut Polizei zwei größere Personengruppen unterschiedlicher Nationalitäten aneinander und lieferten sich eine „handfeste Auseinandersetzung“.

Am Ende gab es sieben leicht bis mittelschwer verletzte Personen sowie mehrere beschädigte, teils gänzlich zerstörte Einrichtungsgegenstände. Mehrere angeforderte Rettungsdienstbesatzungen mussten die Streitenden im Anschluss medizinisch versorgen.

Erst mit Unterstützung durch Kräfte der Bereitschaftspolizei sowie der umliegenden Dienststellen gelang es der Polizei, die Situation vor Ort zu beruhigen. Zum Auslöser für die Schlägerei konnte die Polizei damals keine Angaben machen.

15 teils schwer verletzte Menschen

Noch „handfester“ ging es am 11. Dezember 2018 im Ankerzentrum Bamberg zu, wo eine Männergruppe aus Eritrea nachts in der Aufnahmestation für Flüchtlinge nach einem Streit wegen zu lauter Musik Steine und Eisenstangen auf Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes und Polizeibeamte warfen. Danach setzten sie mehrere Matratzen in Brand.

Durch das Feuer brannten eine Wohnung und der Dachstuhl des Gebäudes aus. 15 Menschen wurden verletzt, wobei viele von ihnen Rauchgasverletzungen erlitten. Für einen Bewohner bestand laut Anklage damals Lebensgefahr. Insgesamt entstand ein Schaden von 135.000 Euro.

Zwei Männer verurteilte das Gericht damals zu Haftstrafen (einmal neuneinhalb Jahre und einmal ein Jahr und neun Monate). Für einen weiteren Angeklagten ordnete die Kammer die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an. Ein vierter wurde freigesprochen.

Dass die Gewaltprävention in bayerischen Asylunterkünften verbesserungswürdig ist, sehen offenbar auch die Landtagsfraktionen der in Bayern reagierenden CSU und der Freien Wähler.

In einem gemeinsamen Antrag fordern sie eine Verbesserung der Unterbringung und Betreuung sowie einen besseren Schutz von von Gewalt betroffenen Flüchtlingskindern, junger Flüchtlinge beziehungsweise von Flüchtlingsfamilien mit Kindern durch die Staatsregierung.

Bürger bilden „Sicherheitswacht“ zur Polizeiunterstützung

Dass die Gewalt in Zusammenhang mit den Asylunterkünften die Einwohner der betroffenen Städte und Gemeinden in Oberfranken verunsichert und sie Handlungsbedarf sehen, zeigt sich in einer dort eingerichteten ehrenamtlichen „Sicherheitswacht“ durch Bürger.

Insgesamt 127 Frauen und Männer sind dazu per „Fahrrad oder zu Fuß“ in elf oberfränkischen Städten unterwegs, um das „Sicherheitsgefühl der Bürger zu stärken“, berichtet die oberfränkische Polizei.

Sie weist darauf hin, dass es sich dabei um keine Hilfspolizei handele, sondern nur Bürger, die die Rechte nutzen würden, die jedem deutschen Bürger zustehen – also das Recht, auf frischer Tat angetroffene Straftäter festzuhalten, sowie Notwehr und Nothilfe für andere Bürger zu leisten.

„Darüber hinaus können sie Personen anhalten, sie befragen und die Personalien feststellen, wenn dies zur Gefahrenabwehr oder Beweissicherung notwendig ist, sowie bei akuter Gefahr Personen des Platzes verweisen“, berichtet die bayerische Polizei. Und sie ergänzt: „Sie kann und soll die Arbeit der Polizei nicht ersetzen, sondern ergänzen.“

Streit um die Zukunft des Ankerzentrums

Indes ist um die Zukunft des Ankerzentrums in Bamberg ein Streit entbrannt. Denn die Asylbewerberunterkünfte in Bayern sind wie in den anderen Bundesländern auch stark ausgelastet. Während Bambergs Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) darauf pocht, dass das Zentrum wie vereinbart zum 31. Dezember 2025 schließt, will das Innenministerium über weitere Pläne erst sprechen, wenn es so weit ist.

„Einen Weiterbetrieb werden wir nicht akzeptieren, weil wir dezentrale Strukturen bei der Flüchtlingsunterbringung fordern und die Stadtentwicklung fördern wollen“, erklärte Starke Ende letzten Jahres. Das bayerische Innenministerium erklärte hingegen: „Die Vereinbarung von 2015 gilt. Über die Lage nach 2025 wird zu gegebener Zeit gesprochen werden.“



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