Schäuble: Kein Rechtsanspruch auf Vizepräsidentenposten für AfD im Bundestag
Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble hat der AfD für ihre vehement vorgetragene Forderung nach einem Vizepräsidentenposten im Parlament eine Abfuhr erteilt.
„Es gibt keinen Rechtsanspruch“, sagte der CDU-Politiker dpa. Es gebe lediglich eine „Verabredung“ in der Geschäftsordnung des Bundestags, dass jede Fraktion einen Kandidaten vorschlagen könne.
Dann gelte:
Es wird immer nur Vizepräsident, wer in geheimer Wahl die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages erhält. Und wenn ein vorgeschlagener Kandidat diese Mehrheit nicht bekommt, dann ist er nicht Vizepräsident. Da ist nichts Unklares dran.“
Der AfD-Fraktionsvorsitzende Alexander Gauland reagierte empört: „Es ist schlimm, dass der Bundestagspräsident, der alle Fraktionen repräsentieren sollte, solche Äußerungen tätigt“, sagte er der dpa.
Letztendlich wird das Bundesverfassungsgericht dies klären.“
Gauland: „Von Drohung kann überhaupt nicht die Rede sein“
Bereits drei Bewerber der AfD sind für das Amt angetreten, keiner erhielt die erforderliche Mehrheit. Die Partei hat angekündigt, nun in jeder Sitzungswoche einen Kandidaten zur Wahl zu stellen. Dazu sagte Schäuble: „Warum soll ich mich durch Drohung als frei gewählter Abgeordneter des Bundestages zu einer Entscheidung zwingen lassen?“ Gauland erwiderte: „Von Drohung kann überhaupt nicht die Rede sein.“
In Paragraf 2 der Geschäftsordnung des Bundestags steht: „Jede Fraktion des Deutschen Bundestages ist durch mindestens einen Vizepräsidenten oder eine Vizepräsidentin im Präsidium vertreten.“ Dann wird das von Schäuble dargestellte Wahlverfahren beschrieben.
Der Präsident und seine Stellvertreter leiten die Sitzungen des Bundestags, rufen die Tagesordnungspunkte auf und erteilen den Abgeordneten das Wort. Sie wachen auch über die Einhaltung der parlamentarischen Ordnung. Dabei können sie Ordnungsrufe erteilen, Abgeordneten das Wort entziehen und diese sogar von Sitzungen ausschließen. Zudem vertreten der Präsident und – in geringerem Umfang auch seine Stellvertreter – den Bundestag nach außen.
Bei der Wahl braucht ein Bewerber in den ersten beiden Durchgängen eine Mehrheit von derzeit 355 Stimmen. Im dritten Wahlgang benötigt er nur noch mehr Ja- als Nein-Stimmen.
Fraktionen wollen AfD nicht in der Leitung des Bundestages sehen
Darauf hatte vor allem die zweite von der AfD-Fraktion aufgestellte Kandidatin, Mariana Harder-Kühnel, gesetzt. Die als gemäßigt geltende Abgeordnete appellierte vor dem dritten Wahlgang an die Abgeordneten, sich zumindest zu enthalten. In der Abstimmung gab es jedoch nur 43 Enthaltungen, dafür aber 423 Nein- und 199 Ja-Stimmen.
Den Bundestagsvizepräsidenten Wolfgang Kubicki erstaunt das nicht. „Wer wenige Tage vor der Abstimmung droht, was alles geschähe, wenn die eigene Kandidatin durchfiele, der muss sich nicht wundern, wenn sich einige Abgeordnete diese Frechheit nicht gefallen lassen“, sagte der FDP-Mann der „Welt am Sonntag“.
Viele Abgeordnete der anderen Fraktionen wollen die AfD grundsätzlich nicht im Leitungsgremium des Bundestags vertreten sehen. Das machte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt am Wochenende nochmals in den Zeitungen der Funke Mediengruppe klar. Begründung:
Wer die Rechtsaußen-Parteien in Europa beobachtet, der weiß, dass sie den Parlamentarismus mit seinen eigenen Mitteln von Innen heraus zerstören wollen. Der Deutsche Bundestag hat kein Interesse, einer solchen Entwicklung Vorschub zu leisten.“
Die Kritiker sehen sich nicht zuletzt durch die Parteispendenaffäre der AfD bestätigt, die jetzt auch zu Ermittlungen gegen Bundesschatzmeister Klaus Fohrmann geführt hat. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Berlin bestätigte am Samstag einen „Spiegel“-Bericht, nach dem es um möglicherweise falsche Angaben in den Rechenschaftsberichten der Jahre 2016 und 2017 geht.
Und auch durch diese Nachricht vom Osterwochenende dürften sich die Kritiker der AfD bestätigt sehen: Die Partei will im Reichstagsgebäude eine Konferenz für rechte Journalisten und Blogger veranstalten. Sie hat dazu auch Steve Bannon eingeladen, den Ex-Chefstrategen von US-Präsident Donald Trump und erklärten EU-Gegner – und das zwei Wochen vor der Europawahl. (dpa)
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