Sachsens Milliardenproblem: Rechnungshof warnt vor finanziellem Kollaps
Am Donnerstag, 6. Juni, stellte der Rechnungshof in Sachsen den Jahresbericht für 2022 vor. Aufgabe des Rechnungshofes ist es, die Haushalts- und Vermögensrechnungen des Freistaates Sachsen zu prüfen. Das umfasst die gesamte Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundeslandes. Im Jahresbericht erklärt der Rechnungshof sein Prüfungsergebnis. Wie schon in den vergangenen Jahren wurden auch dieses Mal wieder die ausufernden Personalausgaben des Freistaates kritisiert.
Personalkosten rund 40 Prozent des Staatshaushaltes
Aktuell arbeiten 96.000 Staatsbedienstete und Beamte für den Freistaat. Wie der Rechnungshof schreibt, belaufen sich die Personalkosten dafür auf inzwischen 5,2 Milliarden Euro. „Das ist ein neuer Höchststand“, stellte Rechnungshofpräsident Jens Michel bei der Vorstellung des Berichts fest. Das seien annähernd 40 Prozent des Staatshaushaltes des Bundeslandes. An diese Rekordsummen werde man sich in den kommenden Jahren gewöhnen müssen, betonte Michel, denn die Besoldung steige weiter.
Tatsächlich wird die Wunschliste der Ministerien mit jedem Landeshaushalt länger. Bereits kurz nach dem Start, so berichtet es die „Sächsische Zeitung“ (hinter einer Bezahlschranke), der sogenannten Kenia-Koalition aus CDU, Grünen und SPD im Jahr 2019 wurde mehr Landespersonal eingestellt – zur Absicherung der Arbeitsfähigkeit des neuen Regierungsbündnisses, wie es damals als Begründung hieß. Im Doppelhaushalt 2021/2022 wurden dann noch einmal 2.200 Stellen mehr geschaffen. Die Koalition sprach damals davon, dass man bei dieser Planung „bescheiden“ gewesen sei. Tatsächlich sah der Haushaltsentwurf am Anfang sogar 6.800 neue Stellen vor.
In den im Moment laufenden Verhandlungen für den Doppelhaushalt 2025/2026 haben die einzelnen Ministerien abermals zusätzliche Stellen eingefordert. Der anvisierte Personalmehrbedarf betrage so rund 6.000 Verwaltungsposten mehr. Die zuständige Rechnungshofdirektorin Isolde Haag mahnte deshalb am Donnerstag eine „Aufgabenkritik“ an und brachte „Schranken wie etwa eine Obergrenze für das Personal“ ins Spiel. In einem weiteren Schritt, so Haag, benötige man eine „aufgabenbasierte Personalbedarfsrechnung“.
Finanzminister sieht keinen Spielraum
Sachsens Finanzminister Hartmut Vorjohann (CDU) hatte wegen des angemeldeten Mehrbedarfs an Personal schon im Januar dieses Jahres deutlich gemacht, dass er für neues Personal keinen Spielraum sehe. Mehr als die aktuellen rund 96.000 Stellen seien nicht drin, sagte er damals der „Deutschen Presse-Agentur“ (dpa).
Ursprünglich hatte der Freistaat geplant, damals noch unter Kretschmers Vorgänger Stanislaw Tillich (CDU), bis 2020 die Zahl der Landesdiener auf eine Zielmarke von 70.000 Beschäftigten reduzieren zu wollen. Aus diesen Plänen wurde nichts. 2017 trat Tillich als Ministerpräsident zurück.
Der jetzige Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hatte schon im April Spekulationen um einen erheblichen Personalzuwachs in der Landesverwaltung eine Absage erteilt. „Es wird keine 6.000 zusätzliche Stellen geben“, sagte er damals laut dpa nach einer Kabinettssitzung in Schmilka (Sächsische Schweiz).
Wie die „Bild“ schreibt, seien aktuell Neubesetzungen von Führungspositionen, die wegen ihrer höheren Besoldung durchs Kabinett müssen, auf Eis gelegt. Das geschehe aus Rücksicht auf die angespannte Finanzlage und die im September stattfindende Landtagswahl, zitiert „Bild“ Regierungskreise. Denn der Haushalt und damit entstehende Mehrkosten für das Personal können erst vom neuen Landtag Ende des Jahres verabschiedet werden.
„Haushaltssperre light“ verhängt
Die Kritik des Rechnungshofes basiert hauptsächlich auf sinkenden Einnahmen und den daraus resultierenden angespannten Staatsfinanzen. Ende Mai verhängte der sächsische Finanzminister eine Art „Haushaltssperre light“ durch ein Schreiben an die Ministerien. Dadurch werden derzeit bereits zugesagte Finanzierungen für die kommenden Jahre nur teilweise freigegeben. Darüber hatte unter anderem die „Leipziger Volkszeitung“ Ende Mai berichtet.
Der Zahlungsstopp erfolgt im Kontext der Mai-Steuerschätzung, laut der der Freistaat Sachsen in diesem Jahr fast 400 Millionen Euro weniger einnimmt als ursprünglich geplant. Für die kommenden beiden Jahre prognostizieren die Steuerschätzer fast 800 Millionen Euro weniger Einnahmen.
Diese Entwicklung, so Rechnungshofpräsident Michel, sei nicht überraschend. Bereits im Jahr 2022 – dem aktuellen Berichtszeitraum – seien die Steuereinnahmen Sachsens zwar um 2,4 auf 16,5 Milliarden Euro gestiegen, aber die Ausgaben hätten mit 23,3 Milliarden Euro längst ein neues Rekordniveau erreicht.
„Der Freistaat hat ein strukturelles Defizit“, stellte Rechnungshofpräsident Michel deshalb am Donnerstag fest. Das bedeutet im Klartext: Wenn es so weitergeht, droht Sachsen ein finanzieller Kollaps.
Der Rechnungshof prüfte zudem Einsparpotenziale beim Denkmalschutz sowie bei den landeseigenen Schlösserbetrieben. Hier gebe es teilweise unnötige parallele Verwaltungsstrukturen.
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