Sachsen: Zähe Koalitionsbildung – BSW wittert mögliche Saboteure in den Reihen der CDU

In Sachsen gibt es nach wie vor noch keine Sondierungsgespräche zur Bildung einer Regierungskoalition. Ministerpräsident Kretschmer sieht das nicht als dramatisch. BSW-Chefin Zimmermann warnt hingegen vor möglichen Saboteuren in den Reihen der CDU.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) will keine Minderheitsregierung. (Archivbild)
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) will keine Minderheitsregierung.Foto: Michael Kappeler/dpa
Von 8. Oktober 2024

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Knapp fünf Wochen nach der Landtagswahl in Sachsen vollzieht sich der Prozess der Regierungsbildung weiterhin schleppend. Bis heute befinden sich CDU, BSW und SPD nach wie vor in der Phase der sogenannten Kennenlerngespräche. Dabei soll es nach dem Willen der Fraktionsspitzen auch noch für mindestens eine Woche bleiben.

Bis zum 14. Oktober soll es vorerst keine neuen Treffen geben. Bis dahin sollen alle potenziellen Partner ihre „Leuchtturmprojekte“ nennen, auf deren Umsetzung sie besonderen Wert legen. Daraus sollen die Unterhändler anschließend im Konsens mehrere Vorhaben auswählen. Erzielen sie eine Einigung, sollen die Sondierungen beginnen.

BSW-Chefin fordert „frischen Wind und neuen Ton“ in Sachsen

Die geplante Vorgehensweise hat auch den Segen von Ministerpräsident Michael Kretschmer. Dieser erklärte gegenüber der „Sächsischen Zeitung“, dass bei der Regierungsbildung im Freistaat „Gründlichkeit vor Schnelligkeit“ gehe. In der Vorwoche hatte Kretschmer gemeinsam mit seinem Brandenburger Amtskollegen Dietmar Woidke und Thüringens CDU-Chef Mario Voigt einen Friedensappell für die Ukraine verfasst.

Beobachter sehen darin eine vertrauensbildende Maßnahme gegenüber dem BSW, das aus dem Stand mit zweistelligen Resultaten in die drei Landtage eingezogen ist. Ohne die Wagenknecht-Partei ist auch in keinem der drei Bundesländer eine stabile Regierungsbildung möglich. Gleichzeitig ist das BSW für die potenziellen Koalitionspartner ein völlig unbeschriebenes Blatt.

Sachsens BSW-Chefin Sabine Zimmermann warnt vor einer Koalition, die das Schicksal der Ampel erleiden könnte und in der die Partner am Ende gegeneinander arbeiten. Es brauche dafür, so äußerte sie gegenüber der „Welt“, einen „frischen Wind und einen neuen politischen Ton“.

CDU-Kreise verweigerten BSW-Kandidat Jörg Scheibe im ersten Wahlgang die Stimme

Unterdessen hat das BSW vor allem CDU-Kreise unter Verdacht, die mögliche Zusammenarbeit sabotieren zu wollen. So musste der Kandidat der Wagenknecht-Partei für den Posten des Vizepräsidenten des Landtages, Jörg Scheibe, während der konstituierenden Sitzung in einen zweiten Wahlgang. Zuvor hatten ihm einige Abgeordnete aus CDU und SPD offenkundig die Stimme verweigert.

Zimmermann sprach mit Blick darauf von einem „überflüssigen Muskelspiel“ der CDU. Dies umso mehr, als die Unionsabgeordneten zuvor den AfD-Kandidaten André Wendt offenbar geschlossen mitgewählt hätten. Außerdem hätten anonyme Quellen gegenüber Medien erklärt, die BSW-Vertreter seien „nicht gut vorbereitet“ in die Gespräche gegangen. Zimmermann weist diese Darstellung zurück – und wirft die Frage nach einer möglichen „anderen Agenda“ auf, die manche offenbar verfolgten. Sie äußerte den Verdacht, dass einige CDU-Kreise eine Annäherung an die AfD bevorzugen würden.

Für weitere Misstöne sorgte, dass der Antrag des BSW, einen Corona-Untersuchungsausschuss einzurichten, ohne Mehrheit bleiben wird. Einen solchen wird es auf jeden Fall geben – allerdings setzt ihn nun die AfD durch, die allein über die erforderlichen Stimmen verfügt, einen solchen zu erzwingen.

Die Gespräche des BSW mit CDU und SPD verlaufen Zimmermann zufolge jedoch „konstruktiv, wir reden über Inhalte“. Man werde dies auch weiterhin so handhaben. Allerdings werde das BSW sich auch „nicht mit zwei Ministerien einkaufen lassen“, sondern inhaltliche Forderungen stellen.

Neuwahlen in Sachsen, wenn es bis 4. Februar kein Kabinett gibt

Laut Artikel 44 der sächsischen Verfassung muss bis spätestens vier Monate nach der ersten Zusammenkunft des neuen Landtages ein Ministerpräsident gewählt werden. Da der letzte Tag der Frist im Jahr 2025 ein Samstag wäre, bleibt Zeit bis zum 3. Februar. Tags darauf kann die Vereidigung des Kabinetts erfolgen – wobei Minister nicht zwingend auch Abgeordnete sein müssen.

Die Bildung eines Minderheitskabinetts hatte Kretschmer ausgeschlossen. Sollte es am 4. Februar 2025 keine neue Regierung im Freistaat geben, wird es eine Auflösung des Landtages und eine Neuwahl binnen 60 Tagen geben. Eine erste Civey-Umfrage für Sachsen nach der Landtagswahl sieht die AfD mit 34 Prozent der Stimmen wieder auf Platz 1, die CDU käme weiterhin auf 32 Prozent.

Stabil bliebe mit 12 Prozent auch das BSW, demgegenüber würde die SPD nur noch auf fünf Prozent kommen. Die Grünen legten leicht auf sechs Prozent zu. Die Linke bliebe bei vier Prozent, die FDP mit einem Prozent weiterhin hinter den Freien Wählern (2).



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