Sachsen: Sondierungsgespräche mit BSW ausgesetzt – CDU und SPD rechnen mit baldigem Aus

In Sachsen und Thüringen mehren sich die Anzeichen für ein Scheitern der Sondierungsgespräche zwischen CDU, SPD und BSW. Dies könnte aus wahltaktischen Gründen vonseiten aller Beteiligten auch gewollt sein – schon mit Blick auf die Bundestagswahl.
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Wahlplakate von CDU und BSW zur Landtagswahl in Sachsen (Archiv)Foto: via dts Nachrichtenagentur
Von 26. Oktober 2024

Am Freitag, 25.10., hat die SPD die Sondierungsgespräche mit der CDU und dem BSW in Sachsen ausgesetzt. Gleichzeitig drohen auch in Thüringen Differenzen im Zusammenhang mit außenpolitischen Erklärungen den Fortgang der Verhandlungen zu vereiteln. In den Samstagsausgaben der Medien des „Redaktionsnetzwerks Deutschland“ (RND) ist sogar davon die Rede, dass Union und SPD in beiden Ländern mit einem Scheitern rechnen. Dies sollen „Verhandlungskreise“ angedeutet haben.

SPD: BSW in Sachsen hat „Tribunal zugestimmt“

In Sachsen geriet das Abstimmungsverhalten des BSW im Hinblick auf Corona zum Anlass für die SPD, vorerst nicht mehr weiterzuverhandeln. Die meisten Abgeordneten der Wagenknecht-Partei hatten dem Antrag der AfD zugestimmt, einen Untersuchungsausschuss zur Corona-Politik einzusetzen. Ein solcher wäre in jedem Fall zustande gekommen, da dafür die Stimmen eines Fünftels der Landtagsabgeordneten ausreichen. Die AfD verfügt über ein Drittel der Sitze.

Die BSW hatte auch selbst einen Antrag auf Einsetzung eines U-Ausschusses zu Corona eingebracht. Diesem wollten die potenziellen Koalitionspartner jedoch nicht zustimmen. CDU und SPD hätten eine Enquete-Kommission einem solchen vorgezogen. Befürworter eines U-Ausschusses halten diesen im Vergleich zur Enquete-Kommission für ein schärferes Instrument.

Die SPD-Landesspitze aus Kathrin Michel und Henning Homann wirft dem BSW deshalb vor, einem „Tribunal“ zugestimmt zu haben. BSW-Fraktionschefin Sabine Zimmermann habe „im Landtag den Eindruck vermittelt, dass sie den Antrag der AfD auch inhaltlich unterstützt“. Zuvor hatte sie mit der Wahrung von parlamentarischen Minderheitenrechten argumentiert.

BSW-Fraktionschefin Sachsen: Verhalten der SPD „schadet dem Land“

In der SPD spricht man von einem „Vertrauensbruch“ und einer „schweren Belastung für die Sondierungsgespräche“. Am kommenden Montag sollen sich die Fraktionsspitzen treffen, um die Lage zu erörtern, bis dahin sind alle Fachgesprächsrunden abgesagt.

Sabine Zimmermann wirft den Sozialdemokraten hingegen ihrerseits vor, die Gespräche zu sabotieren. Am Freitag habe die SPD mit ihrem Verhalten verhindert, dass die Arbeitsgruppe zu den Themen Gesundheit und Soziales zusammentrete. Damit schade die Partei dem Land. Zimmermann forderte die SPD dazu auf, „schleunigst“ an den Verhandlungstisch zurückzukehren.

Die BSW-Fraktionschefin hatte bereits zuvor die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zu Corona als Ergebnis des Drucks ihrer Partei bezeichnet. Sie erklärte in ihrer Rede, Politiker sollten „souverän genug sein, eigene Fehler einzugestehen“. Es gehe nicht um Schuldzuweisungen, sondern darum, zu lernen. Weiter erklärte Zimmermann:

„Wir sind alle Menschen. Nur wenn man dazu [zur Selbstkritik; d. Red.] bereit ist, kann auch eine Heilung und Versöhnung stattfinden.“

Der AfD warf Zimmermann Trittbrettfahrerei vor. Erst als das BSW das Thema aufgebracht habe, sei diese aktiv geworden. Zuvor habe die AfD ihre Möglichkeit, einen Untersuchungsausschuss zu erzwingen, nicht genutzt. In der vergangenen Legislaturperiode hatte die Partei 38 von 119 Sitzen inne.

Bedenkzeit bis Montag auch in Thüringen

In Thüringen hatte zuvor BSW-Bundeschefin Sahra Wagenknecht auf den Entwurf einer außenpolitischen Positionierung des dort angestrebten Bündnisses mit einem Gegenvorschlag geantwortet. Zudem hatte sie CDU-Landeschef Mario Voigt dazu aufgefordert, zur Eskalationspolitik der Bundesspitze der Partei im Ukrainekonflikt auf Distanz zu gehen.

Dort hält man eine weitere bedingungslose Unterstützung der Ukraine allerdings für ein Gewinnerthema – ebenso wie in der SPD. Einem Beteiligten an den Sondierungen zufolge gebe es auch in Thüringen nun eine Bedenkzeit. Am Montag solle eine Entscheidung fallen, ob aus den Sondierungen tatsächlich Koalitionsverhandlungen würden.

Der Informant äußerte gegenüber dem RND, es sei an der Zeit, „Alternativen zu der angestrebten Koalition in Betracht“ zu ziehen. Dies sei „bedauerlich, denn die Sondierungen waren sehr erfolgversprechend verlaufen“. Verhandler werfen nun Wagenknecht vor, ihr gehe es „nicht um das Land Thüringen, sondern um ihre parteipolitischen Ziele“.

Bundestagswahl und Landtags-Neuwahlen könnten am selben Tag stattfinden

Das Ergebnis der Landtagswahlen war in einem erheblichen Maße von bundespolitischen Themen bestimmt. Ob es noch zu einer Einigung auf eine Fortsetzung der Sondierungsgespräche in beiden Ländern kommen wird, könnte ebenso von der Bundespolitik abhängen.

Die Bundestagswahlen sollten programmgemäß im September nächsten Jahres stattfinden. Sollte die Ampelkoalition zuvor zerbrechen, wäre auch ein Wahltermin im Frühjahr denkbar. Je nachdem, für wie wahrscheinlich man bei CDU und SPD dieses Szenario hält, könnte sich auch die Taktik in Sachsen und Thüringen verändern.

Endet die Ampel im Bund vorzeitig und scheitert eine Regierungsbildung in den ostdeutschen Bundesländern, könnten Neuwahlen in Bund und Ländern am gleichen Tag stattfinden. An instabilen und inhomogenen Koalitionen in Sachsen und Thüringen hätten dann weder CDU und SPD noch das BSW Interesse.

Polarisierung zwischen „Volksparteien“ und „Populisten“ im Bundestagswahlkampf

Ist das BSW bereit, zu große Kompromisse in substanziellen Fragen für Koalitionsbeteiligungen zu schließen, müsste es Stimmenverluste in Richtung der AfD oder der Nichtwähler befürchten. Scheitern die Gespräche, weil die Wagenknecht-Partei in Sachen Corona und Friedenspolitik hart geblieben ist, würde ihr das wohl kaum schaden.

Umgekehrt könnten jedoch Union und SPD ein gleichzeitiges Scheitern von Ampel und „Brombeer“-Projekten für sich nutzen. Die beiden früheren Großparteien könnten sich im Wahlkampf als Bollwerke gegen den Populismus inszenieren – mit dem Ziel, gemeinsame Mehrheiten zu erlangen.

Vor allem im Bund wäre nach derzeitigem Stand von einer soliden schwarz-roten Mehrheit auszugehen, wenn FDP und Linkspartei unter der Fünf-Prozent-Hürde bleiben. Auch dies würde ein Interesse an einer Polarisierung zwischen den „Volksparteien“ Union und SPD auf der einen und den „Populisten“ von BSW und AfD auf der anderen Seite schaffen.

 



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