Sachsen prüft Parteiverbot: „Freie Sachsen“ ziehen Parallelen zum COMPACT-Fall

Einem Medienbericht zufolge soll das Innenministerium des Freistaats ein Verbot der Partei Freie Sachsen prüfen. Die als gesichert rechtsextremistisch eingestufte Gruppierung hatte bei den Landtagswahlen 2,2 Prozent der Stimmen erhalten. Sie gilt seit der Corona-Zeit als „Mobilisierungsmaschine“.
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Mitglieder der Freien Sachsen am 5. September 2022 in Leipzig.Foto: Jens Schlueter/Getty Images
Von 19. September 2024

In Sachsen soll das Innenministerium ein Verbotsverfahren gegen die Partei Freie Sachsen prüfen. Dies berichtete „Bild“ am Donnerstag, 19. September. Eine offizielle Bestätigung vonseiten der Behörde blieb auf Anfrage jedoch aus. Der Vorgang soll nicht im Zusammenhang mit den Vorwürfen der Wahlfälschung zugunsten der vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuften Partei stehen.

Führende Funktionäre der Freien Sachsen auch in der ehemaligen NPD

Die 2021 gegründete Partei hatte bei der Landtagswahl in Sachsen am 1. September landesweit 2,2 Prozent der abgegebenen Zweitstimmen erhalten. Bei den Kommunalwahlen im Juni waren es landesweit 2,7 Prozent. In Kreistagen und kreisfreien Städten kamen die Freien Sachsen auf 32 von 1.101 Sitzen, in den übrigen Stadt- und Gemeinderäten waren es 46 von 6.552.

Laut dem Verfassungsschutzbericht des Sächsischen Landesamtes über das Jahr 2023 gehören der Partei 1.200 Mitglieder an. Damit ist sie aus Sicht des Verfassungsschutzes der größte rechtsextremistische Personenzusammenschluss im Freistaat hinter der in Sachsen ebenso eingestuften AfD. Anders als diese lassen die Freien Sachsen allerdings explizit Doppelmitgliedschaften zu. Mindestens fünf hochrangige Funktionäre der Partei Die Heimat, ehemals NPD, üben auch einflussreiche Funktionen bei den Freien Sachsen aus.

Der Bundeswahlleiter hat die Freien Sachsen bereits formell in das Verzeichnis der Parteien und politischen Vereinigungen aufgenommen. Für ein mögliches Verbotsverfahren wäre das Bundesverfassungsgericht zuständig. Allerdings ist die Partei organisatorisch auf den Freistaat beschränkt. Neben den üblicherweise dazu legitimierten Antragstellern Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung wäre deshalb auch die Sächsische Staatsregierung befugt, einen entsprechenden Antrag zu stellen.

„Säxit“ und Vergeltungsdrohungen gegen Politiker

Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen bieten die Freien Sachsen dem Verfassungsschutzbericht zufolge sowohl inhaltlich als auch in Auftreten und Agitation. Die Partei stellt demnach den Bestand der Bundesrepublik Deutschland durch die Forderung nach einem „Säxit“ infrage.

Das „Königreich Sachsen“, das die Partei wiederherstellen wolle, gehe über die Grenzen des heutigen Freistaats hinaus. So solle dieses einem Vorstandsmitglied zufolge auch weite Teile Thüringens, den Osten Sachsen-Anhalts, den Süden Brandenburgs sowie „einige heutige polnisch verwaltete Landstriche“ umfassen.

Darüber hinaus agitiere die Partei auch gegen die Menschenwürde Geflüchteter und richte sich mit Drohungen und Einschüchterungen gegen gewählte politische Verantwortungsträger. So hätten Funktionäre der Freien Sachsen Bürgermeistern „Besuche“ angedroht. Dazu stelle man Amtsträgern bis hinauf zu Ministerpräsident Michael Kretschmer gerichtliche „Abrechnungen“ und kommunalen Verwaltungen „Säuberungen“ in Aussicht.

Freie Sachsen als Telegram-Phänomen

Anders als herkömmliche Mitgliederparteien setzen die Freien Sachsen auf dezentrale Zusammenschlüsse. Als wichtige Plattform der „Mobilisierungsmaschine“ dient der Messengerdienst Telegram. Kanäle, die der Partei zuzuordnen sind, umfassen zum Teil bis zu 150.000 Abonnenten.

Ihren raschen Bedeutungszuwachs verdanken die Freien Sachsen vor allem den Corona-Protesten, von denen einige von der Partei selbst organisiert waren. In den meisten Fällen beteiligten sich die Freien Sachsen über ihre Kanäle jedoch in Form einer Mobilisierung zur Teilnahme über eigene Kanäle.

Die Partei versucht jedoch auch andere aktuelle Themen von Asyl über die Energiekrise bis hin zu Bauernprotesten zur Verbreiterung ihrer Basis zu nutzen. Anders als beispielsweise die AfD grenzen sich die Freien Sachsen nicht von anderen Akteuren auf der äußersten Rechten ab. Auf diese Weise streben sie eine Scharnierfunktion vom neonazistischen Spektrum bis hinein in die bürgerliche Mitte an.

Partei gibt sich gelassen

Ob ein Verbotsantrag gegen die Freien Sachsen Erfolgsaussichten hätte, ist ungewiss. Im Fall der NPD hatte das Bundesverfassungsgericht selbst im Fall eines nachgewiesenen aggressiv-kämpferischen Vorgehens gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung keinen Verbotsautomatismus bejaht.

Es kommt demnach auch auf die faktische Möglichkeit an, die eigenen verfassungswidrigen Ziele zu verwirklichen. Diese wurde mit Blick auf die politisch mittlerweile völlig bedeutungslose „Heimat“ verneint. Aber auch die Freien Sachsen stehen im Freistaat trotz ihres Mobilisierungspotenzials im Schatten der AfD. Es sind auch aus der Geschichte keine Fälle bekannt, in denen eine Landesregierung eine Partei verbieten ließ.

Die Partei selbst ließ auf Telegram verlauten, das kolportierte Vorhaben von Innenminister Armin Schuster sei „nach dem großen Erfolg zur Kommunalwahl und dem soliden Ergebnis bei der Landtagswahl“ zu erwarten gewesen. Man werde sich „natürlich juristisch und politisch gegen den neuerlichen Verbotsversuch wehren“. Die Partei gehe zudem davon aus, dass ein Verbotsantrag scheitern würde, „wie Faeser bei Compact gescheitert ist“.

Das Bundesverwaltungsgericht hatte im Eilverfahren das Verbot des Magazins durch das Bundesinnenministerium auf Grundlage des Vereinsgesetzes ausgesetzt. Im Hauptverfahren steht eine Entscheidung noch aus.

Weiterhin erhebliche Unklarheiten im Fall des mutmaßlichen Wahlbetrugs

Inwieweit die Freien Sachsen in die mutmaßliche Wahlfälschung in Dresden involviert sind, ist ebenfalls noch ungeklärt. Derzeitigen Erkenntnissen zufolge ermittelt die Staatsanwaltschaft Dresden derzeit wegen des Verdachts der Manipulation von 126 Briefwahlstimmen zur sächsischen Landtagswahl, die am 1. September stattgefunden hatte. Diese seien zugunsten der Freien Sachsen manipuliert worden. Mittlerweile wird auch wegen möglicher Ungereimtheiten bei den Kommunalwahlen in Dresden ermittelt.

Konkret steht mittlerweile ein 44-Jähriger aus dem Stadtteil Langebrück in Verdacht. Ob weitere Personen beteiligt waren, werde nach wie vor untersucht. Es sollen bei Briefwahlstimmen Kreuze im exakten Farbton und in einer auf das Format der Stimmzettel abgestimmten Weise überklebt worden sein. Anschließend seien Kreuze im Feld der Freien Sachsen gesetzt worden. Wie konkret dabei vorgegangen worden sein soll, ist nach wie vor offen.

Die Vorkehrungen zur Sicherung der Briefwahl in Deutschland sind streng. Der Umschlag mit den ausgefüllten Stimmzetteln muss zugeklebt werden, bevor er auf den Postweg gelangt. In den Rathäusern selbst werden die Briefwahlstimmen in versiegelten Urnen aufbewahrt und erst am Wahlabend ausgezählt.



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