Sachsen: Landtag wählt Ministerpräsidenten – Kretschmer im 2. Wahlgang gewählt

In Sachsen wählt der Landtag am Mittwoch den Ministerpräsidenten. Amtsinhaber Kretschmer erreichte im 2. Wahlgang die erforderliche Mehrheit. Dafür braucht er zehn Stimmen aus der Opposition.
Michael Kretschmer will sich zum dritten Mal zum Ministerpräsidenten von Sachsen wählen lassen (Archivbild).
Michael Kretschmer will sich zum dritten Mal zum Ministerpräsidenten von Sachsen wählen lassen (Archivbild).Foto: Hannes P. Albert/dpa
Von 18. Dezember 2024

+++ Update: Im zweiten Wahlgang wurde Michael Kretschmer gewählt. Der 49-Jährige erreichte im Landtag in Dresden im zweiten Wahlgang mit 69 Stimmen die erforderliche Mehrheit.

Im ersten Wahlgang erhielt der Amtsinhaber 55 Stimmen und verfehlte damit die nötige absolute Mehrheit von mindestens 61 Stimmen. Jörg Urban von der AfD kam auf 40 Stimmen. +++

Drei Kandidaten zur Auswahl

Sachsen wählt am Mittwoch, 18.12., den künftigen Ministerpräsidenten im Dresdner Landtag. Nachdem auch AfD-Landeschef Jörg Urban angekündigt hat, für das höchste Amt im Freistaat zu kandidieren, werden mindestens drei Kandidaten zur Auswahl stehen.

Amtsinhaber Michael Kretschmer, der seine Wiederwahl anstrebt, will mit einem Minderheitskabinett aus CDU und SPD regieren.

Um Gesetze beschließen zu können, benötigt er mindestens zehn Stimmen aus den übrigen Parteien. Am Mittwoch benötigt er diese auch, um im ersten Wahlgang als neuer und alter Ministerpräsident bestätigt werden zu können.

Erreicht keiner der Kandidaten auf Anhieb mehr als 60 Stimmen, können weitere Wahlgänge angesetzt werden. Um gewählt zu werden, reicht dann eine Mehrheit der abgegebenen Stimmen.

Jetzt live: Wahl des Ministerpräsidenten im Sächsischen Landtag

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BSW-Abgeordnete könnten unterschiedlich abstimmen

Die CDU verfügt im Landtag über 41 Sitze, der sozialdemokratische Koalitionspartner kommt auf zehn. Die AfD, die Urban ins Rennen schickt, verfügt über 40 Sitze.

Die fehlenden Stimmen für Kretschmer könnten aus den Reihen des BSW kommen, das mit 15 Sitzen im Landesparlament vertreten ist. Urban ließ offen, ob er bereits im ersten oder in einem späteren Wahlgang ins Rennen gehen wird.

Das Stimmverhalten der Wagenknecht-Partei ist schwer einzuschätzen, im Vorfeld war der Versuch, eine Dreierkoalition zu bilden, an der Uneinigkeit über eine „Friedenspräambel“ gescheitert. Fraktionschefin Sabine Zimmermann hat gegenüber der „Sächsischen Zeitung“ erklärt, es gebe keine Vorgabe für die Abgeordneten, wie sie ihre Stimme abzugeben hätten. Es sei denkbar, dass das BSW uneinheitlich abstimme.

Grüne und Linkspartei kommen zusammen auf 13 Sitze. Sie könnten ebenfalls bereits im ersten Wahlgang für Kretschmer stimmen und damit dessen Wiederwahl ermöglichen. In Thüringen hatte die Linke CDU-Kandidat Mario Voigt auf diese Weise die erforderlichen Stimmen gesichert.

Keine Stimme für Kretschmer von den Grünen

Ausschlaggebend dafür war in Erfurt jedoch die Überlegung, verhindern zu wollen, dass die AfD die entscheidenden Stimmen für die Wahl des Ministerpräsidenten abgibt. In Brandenburg könnten Stimmen aus der Partei Dietmar Woidke die Wiederwahl gesichert haben. Ein solches Szenario ist in Sachsen, wo die AfD selbst einen Kandidaten stellt, jedoch unwahrscheinlich.

Außerdem haben die Grünen bereits angekündigt, zumindest im ersten Wahlgang nicht für Kretschmer stimmen zu wollen. Grund dafür ist, dass dieser im Wahlkampf sehr deutlich zu dieser Partei auf Distanz gegangen war.

Ein weiterer Unsicherheitsfaktor ist die Kandidatur des früheren Bürgermeisters von Grimma, Matthias Berger. Er ist als einziger Bewerber der Freien Wähler über ein Direktmandat in den Landtag eingezogen – und will mit einer Expertenregierung und dem Schweizer Modell einer Einbindung aller Parteien regieren. Andere Parteien haben bereits abgewinkt, auch die AfD, die an Bergers Ansatz bemängelt, dass „Rot-Grün weiter Machtoptionen hat“.

Hartmann und Piwarz jetzt schon als mögliche „Plan B“-Kandidaten genannt

Dass Berger tatsächlich zum Ministerpräsidenten gewählt wird, ist so gut wie ausgeschlossen. Er könnte jedoch durchaus Kretschmer zu Fall bringen. Dies wäre dann möglich, wenn es ihm gelingt, einzelne Abgeordnete aus der CDU dazu zu bewegen, in geheimer Wahl dem amtierenden Ministerpräsidenten die Stimme zu verweigern.

Sollte Kretschmer im ersten Wahlgang weniger Stimmen erhalten, als die CDU Abgeordnete aufweist, oder gar hinter Urban landen, wäre es nicht ausgeschlossen, dass er sich nicht mehr zur Wiederwahl zur Verfügung stellt. Damit wären nicht automatisch Neuwahlen verbunden. Der Landtag hat bis 3. Februar 2025 um 24:00 Uhr Zeit, einen Ministerpräsidenten zu wählen.

Die CDU müsste jedoch in diesem Fall einen Kandidaten präsentieren, der Aussichten hat, die notwendige Landtagsmehrheit zu erlangen.

Als mögliche „Plan B“-Kandidaten gelten Fraktionschef Christian Hartmann oder Kulturminister Christian Piwarz. Dass ein Putsch gegen Kretschmer aus den eigenen Reihen nicht auszuschließen ist, liegt daran, dass es in Sachsens CDU Vorbehalte gegen dessen Vorgehen nach der Wahl gab.

AfD lockt CDU mit Tolerierung einer Alleinregierung

Erst nahmen einzelne Funktionäre Anstoß daran, dass er eine Koalition unter Einschluss des BSW angestrebt hatte. Dieses lag an der Vergangenheit zahlreicher Exponenten in der Linkspartei und der „altkommunistischen“ Herkunft von Parteichefin Sahra Wagenknecht.

Als das Bündnis mit dem BSW gescheitert war, handelte die CDU mit der SPD einen Koalitionsvertrag aus. Auch dieser stößt in Teilen der Union auf Unmut. Der Vorwurf lautet, Kretschmer habe den Sozialdemokraten zu stark nachgegeben – und dazu noch keine Antworten über die Finanzierung der von diesen geforderten sozialpolitischen Zielen geliefert.

Die AfD hatte der CDU bereits das Angebot gemacht, eine Alleinregierung zu tolerieren. Als Bedingungen nannte sie eine Beibehaltung der Schuldenbremse, die Abschaffung der Gleichstellungsbeauftragten in der Landesverwaltung, ein Ende der Finanzierung integrationspolitischer Maßnahmen und des steuerfinanzierten Ausbaus erneuerbarer Energien.

Allerdings könnten einige Abgeordnete der übrigen Parteien die Möglichkeit einer CDU-Alleinregierung von Gnaden der AfD antizipieren und deshalb schon im ersten Wahlgang Kretschmer wählen. Landtagspräsident Alexander Dierks wird die Sitzung um 10:00 Uhr eröffnen.



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