Sachsen: Koalitionsvertrag von CDU und SPD präsentiert – Konsolidierungsbedarf 2,3 Milliarden Euro
Am Mittwoch, 4.12., haben sich CDU und SPD in Sachsen auf einen Koalitionsvertrag geeinigt. Am 18. Dezember soll der Landtag Michael Kretschmer erneut zum Ministerpräsidenten wählen. Ob es dazu kommen wird, ist noch offen. Beide Parteien verfügen zusammen lediglich 51 von 120 Stimmen.
Michael Kretschmer möchte die politische Handlungsfähigkeit seiner Minderheitsregierung allerdings über einen neuen Konsultationsmechanismus sicherstellen. Dieser soll Mehrheitsfindungen durch Einigungen mit dem BSW (15 Sitze) oder mit Grünen und Linkspartei ermöglichen, die zusammen über 13 Sitze verfügen. Auch die AfD, die mit 40 Sitzen einen Sitz weniger als die Union aufweist, soll mittels des Mechanismus frühzeitig über Gesetzesvorhaben in Kenntnis gesetzt werden.
In den ersten Wochen nach der Landtagswahl am 1. September hatten CDU und SPD mit der Wagenknecht-Partei verhandelt. Die Gespräche scheiterten jedoch an Unstimmigkeiten über eine sogenannte Friedenspräambel.
Kretschmer: Koalitionsvertrag spricht an, was Sachsen bewegt
In einer Pressekonferenz im Landtag in Dresden präsentierten die Spitzen der künftigen Regierungspartner ihren 110-seitigen Koalitionsvertrag. Am Dienstag sollen bereits erste Gespräche beginnen, um den Zeitplan zur Aufstellung eines Doppelhaushalts abzustecken. Dieser soll im Frühjahr des kommenden Jahres beschlossen werden.
Ministerpräsident Michael Kretschmer lobte die Vereinbarung. Diese sei entstanden, weil „Menschen aus allen Teilen der Bevölkerung dazu beigetragen haben“. Herausgekommen sei eine Lösung, die Themen abbilde, die „die Gesellschaft bewegen“. Natürlich stehe alles unter einem Haushaltsvorbehalt, so der Ministerpräsident. Nicht alles werde sich realisieren lassen, die Gespräche und die daraus gewonnene Einigung seien jedoch „ungemein wertvoll“.
Angesichts der Minderheitssituation der künftigen Staatsregierung wolle Kretschmer mehr denn je eine Politik der „ausgestreckten Hand“ verfolgen. Der Konsultationsmechanismus, den das künftige Kabinett anstrebe, sei ein Ausdruck dessen, dass man „das Gemeinsame“ wolle.
Generationenfonds für Beamtenpensionen muss Gürtel enger schnallen
Wie der Bund sei auch der Freistaat Sachsen mit einer „finanziellen Notlage“ konfrontiert, machte Kretschmer deutlich. Es bestehe ein Konsolidierungsbedarf in Höhe von 2,3 Milliarden Euro – dies entspreche etwa einem Zehntel des Staatshaushalts. Die Hälfte davon wolle man über Einsparungen und Strukturveränderungen abdecken.
Die demografische Entwicklung solle sich auch in der Größe Verwaltung widerspiegeln – ein Wink mit dem Zaunpfahl, dass Personalabbau zum Thema werden könnte. Immerhin habe der Freistaat aber auch zuletzt sauber gewirtschaftet, weshalb es eine Haushaltsausgleichsrücklage gebe, auf die man zurückgreifen könne.
Darüber hinaus wolle man die Rückzahlung der Corona-Schulden strecken und die Zuführung aus dem Haushalt in den Generationenfonds für Beamte „maßvoll absenken“ Die Rede war von mehr als 250 Millionen Euro jährlich, was beim Deutschen Beamtenbund für Unmut sorgte.
Sachsen baut auf Ende der Rezession in Deutschland
Außerdem setze man „darauf, dass Deutschland aus der Rezession herauskommt“, was ebenfalls den Haushalt entlasten würde. Die künftige Staatsregierung gehe zudem mit gutem Beispiel voran, indem sie einen Minister und mehrere Staatssekretäre einspare.
Kretschmer lobte das Verhandlungsergebnis dafür, dass es auch konkrete Maßnahmen zum Bürokratieabbau gebe. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung solle es nur noch dort geben, wo diese zwingend erforderlich sei. Zudem wolle man das Vergabegesetz reformieren und von unnötigem Aufwand sowie vermeidbaren Verzögerungen befreien.
In Bereichen wie innere Sicherheit und Migration, die in der Bevölkerung besonders große Sorgen ausgelöst hätten, konnten CDU und SPD ebenfalls eine Einigung erzielen. Es werde mehr Polizeibeamte sowie eine eigene sächsische Grenzpolizei geben. Zudem plane man ein Pilotprojekt, das die Ausschaffung ausreisepflichtiger Personen beschleunigen soll.
Sozialdemokraten wollen „Land aus der Mitte heraus verändern“
SPD-Landeschef Henning Homann sprach von einer „riesengroßen Herausforderung“, vor der Sachsen in einer Zeit politischer Unsicherheit stehe. Dabei seien es die Volksparteien, die Verantwortung übernähmen. Das Kabinett wolle eine neue politische Kultur in Sachsen etablieren und das Land „aus der Mitte heraus verändern“.
Die Situation einer Minderheitsregierung betrachtet Homann jedoch als Chance für den Kompromiss. Dieser könne bewirken, dass man „im Land wieder zueinander findet“.
Inhaltlich strich Homann als einen der wichtigsten Punkte im neuen Koalitionsvertrag heraus, dass der Freistaat „trotz knapper Kassen in die Zukunft investieren“ werde. Die Strompreise wolle man über einen Ausbau der erneuerbaren Energien nach unten bringen. Um strategische Zukunftsprojekte finanzieren zu können, solle es einen „Sachsenfonds“ geben. Wie dieser bestückt werde, hänge jedoch vom jeweiligen Spielraum ab, den der Haushalt lasse.
Verpflichtendes Vorschuljahr ab 2028 – drei Tage Bildungsfreistellung
Die SPD verbucht für sich, dass es ab nächstem Jahr „ordentliches Geld für staatliche Aufträge“ geben werde, weil die Staatsregierung einen „Vergabemindestlohn“ einführe. Diesen müssten Unternehmen mindestens bezahlen, um in Sachsen an öffentliche Aufträge gelangen zu können. Auch eine bezahlte Freistellung zur Qualifizierung in Beruf und Ehrenamt soll es für bis zu drei Tage im Jahr künftig geben.
Weiterhin soll die Bildung als Schwerpunkt der Landespolitik in Sachsen erhalten bleiben. Die Koalitionsparteien wollen ab 2028 ein verpflichtendes Vorschuljahr einführen. Dazu soll es verstärkte Maßnahmen zur Anwerbung von Lehrkräften und Schulsozialarbeitern geben. Im Gesundheitsbereich wolle man alle Krankenhausstandorte erhalten und die Anwerbung von Landärzten intensivieren.
Die CDU soll künftig die Ministerien für Inneres, Finanzen, Kultus, Landwirtschaft und Umwelt sowie ein neu geschaffenes Infrastrukturministerium erhalten. Auch soll die Union das Ministerium erhalten, in dem Wissenschaft, Kultur und Tourismus zusammengefasst sind. Die SPD behält das Sozial- und das Wirtschaftsministerium. Ein Parteitag der CDU und die Mitglieder der SPD müssen dem Vertrag noch zustimmen.
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