Saale-Orla-Kreis: Flüchtlinge müssen ab März gemeinnützige Arbeiten leisten

Mit der Wahl des CDU-Kandidaten Christian Herrgott in der Stichwahl haben die Bürger des Saale-Orla-Kreises einen weiteren Landrat der AfD verhindert. Eine der ersten Handlungen des neuen CDU-Amtsträgers: Er verpflichtet Flüchtlinge zu gemeinnützigen Arbeiten – zum Billigstlohn.
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Landrat Christian Herrgott will Flüchtlinge im Saale-Orla-Kreis für gemeinnützige Tätigkeiten heranziehen.Foto: Bodo Schackow/dpa-Zentralbild/dpa/dpa
Von 28. Februar 2024

Mit 52,4 Prozent der Stimmen hatte der thüringische CDU-Generalsekretär Christian Herrgott im Januar die Stichwahl um das Amt des Landrats im Saale-Orla-Kreis für sich entschieden. Viele Wähler hatten ihn gewählt, um einen Sieg seines Gegenkandidaten Uwe Thrum von der AfD zu verhindern. Seit 9. Februar ist Herrgott nun im Amt, und zu seinen ersten Amtshandlungen gehört ein Schritt, den man eher seinem Gegenkandidaten zugetraut hätte: Flüchtlinge im Landkreis müssen künftig gemeinnützige Arbeiten verrichten. Pro Stunde sollen sie dafür 80 Cent erhalten.

Herrgott sucht nach potenziellen Einsatzmöglichkeiten für Flüchtlinge

Seine harte Linie gegen Asylsuchende hatte Herrgott bereits im Wahlkampf angekündigt. Er warb unter anderem mit Forderungen nach „konsequentem Abschieben“. Nun will er die Migranten in seinem Kompetenzbereich auch für Tätigkeiten wie Schnee schaufeln, Heckenschneiden oder Straßenreinigung mobilisieren.

Wer mitmacht, darf sich Hoffnungen auf 64 zusätzliche Euro auf seiner Bezahlkarte machen. Vorgesehen ist ein Einsatz über mindestens vier Stunden pro Tag. Herrgott will jedoch auch Sanktionen gegen Asylsuchende verhängen, die sich einem entsprechenden Arbeitsauftrag verweigern.

Wie „news.de“ berichtet, sollen die ersten Asylsuchenden bereits in Kürze ihre Tätigkeiten aufnehmen. Derzeit befinde sich der Landrat noch auf der Suche nach Einsatzmöglichkeiten bei Vereinen und kommunalen Unternehmen.

Landrat kann sich auf Beschluss des Kreistags stützen

Der Anordnung von Landrat Herrgott liegt auch ein Kreistagsbeschluss zugrunde. Dieser sieht finanzielle Sanktionen für Asylsuchende vor, die sich dem Auftrag verweigern. Konkret ist die Rede von einer Kürzung der finanziellen Unterstützung um bis zu 180 Euro. Derzeit erhält ein alleinstehender Asylsuchender 460 Euro zur Abdeckung des Regelbedarfs.

Dieser setzt sich aus 256 Euro an „notwendigem Bedarf“ und 204 Euro am „notwendigem persönlichem Bedarf“ zusammen. Der entsprechende Betrag wird auf die Bezahlkarte geladen. Gegenüber „Bild“ äußerte Herrgott:

„Es geht um ein Signal, dass die Menschen, die mit Steuergeld bezahlt werden, etwas an die Gesellschaft zurückgeben müssen und nicht den ganzen Tag auf einer Parkbank sitzen.“

Herrgott verspricht sich Starthilfe bei Integration in den Arbeitsmarkt

Grundlage für die Arbeitsaufträge ist Paragraf 5 des Asylbewerberleistungsgesetzes. In dessen Absatz 4 heißt es:

„Arbeitsfähige, nicht erwerbstätige Leistungsberechtigte, die nicht mehr im schulpflichtigen Alter sind, sind zur Wahrnehmung einer zur Verfügung gestellten Arbeitsgelegenheit verpflichtet.“

Die unbegründete Ablehnung einer solchen Arbeitsgelegenheit habe zur Folge, dass nur noch Anspruch auf „Leistungen zur Deckung ihres Bedarfs an Ernährung und Unterkunft, einschließlich Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege“ bestehen. Diese sollten dem Gesetzestext zufolge nach Möglichkeit als Sachleistung erbracht werden.

Herrgott betont, dass es sich um Arbeit handele, für die keine Sprachkenntnisse erforderlich seien. Er hoffe auf eine bessere Akzeptanz der Asylsuchenden in der Bevölkerung und eine leichtere Integration.

Flüchtlinge sollen nicht als 80-Cent-Kräfte lokalen Unternehmen Aufträge wegnehmen

Zudem solle die Arbeitsgelegenheit helfen, besser Deutsch zu lernen und sich auf reguläre Arbeit oder eine Berufsausbildung vorzubereiten. Herrgott erklärt, die Maßnahme sorge bereits jetzt für „Bewegung“. Sozialarbeiter berichteten ihm, dass Verpflichtete bereits nach regulärer Arbeit fragten.

Das Vorgehen des Saale-Orla-Kreises zeigt, dass die von einigen Politikern geforderte Verpflichtung von Geflüchteten zu gemeinnütziger Arbeit bereits jetzt eine Gesetzesgrundlage hätte. Dass davon nicht Gebrauch gemacht wird, hat einen ähnlichen Grund wie die Zögerlichkeit von Jobcentern, 1-Euro-Jobs zu vergeben.

Die Beschäftigung soll keinen Unternehmen schaden, die die gleiche Tätigkeit für ein reguläres Entgelt verrichten könnten. Unternehmen, Verbände, aber auch gemeinnützige Träger und Vereine legen dabei offenbar auch eine höhere Sensibilität an den Tag. Man wolle sich nicht selbst und man wolle keinen regulären Dienstleistern in der Kommune Aufträge durch Billigarbeiter wegnehmen.

Dazu komme ein bürokratischer Aufwand, kritisieren Praktiker. Ein Sprecher des Senats in Bremen erklärte gegenüber „t-online“, es sei „eine komplexe Herausforderung“, einen Arbeitsmarkt für solche Tätigkeiten zu schaffen. Immerhin solle dieser nicht mit Angeboten der Privatwirtschaft oder der freien Wohlfahrtspflege konkurrieren.

Ähnliche Erfahrungen machen auch andere Länder und Kommunen. Aus diesem Grund fordert beispielsweise der stellvertretende Fraktionschef der Grünen im Bundestag, Andreas Audretsch, eine Abschaffung des temporären Arbeitsverbots für Asylsuchende.



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