Rundfunkbeitrag zahlen muss auch, wer kein ARD und ZDF schaut

Wer mit dem Programm der Öffentlich-Rechtlichen nicht zufrieden ist oder dieses nicht schaut, muss trotzdem den Rundfunkbeitrag zahlen. Dazu verpflichtet allein die Möglichkeit des Rundfunkempfangs. Die Entscheidung fällte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Der Rundfunkbeitrag könnte bald steigen.
Jeder Haushalt muss zahlen.Foto: Nicolas Armer/dpa
Von 26. August 2023

„Die Möglichkeit des Rundfunkempfangs“ ist laut dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ausreichend, um die Beitragspflicht zu begründen. „Mangelnde Meinungsvielfalt“ oder das „strukturelles Versagen“ des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sei kein Argument, den Rundfunkbeitrag nicht zu bezahlen.

Das Gericht wies die Berufung einer Frau aus dem bayerischen Landkreis Rosenheim zurück, die aus diesen Gründen die zwangsweise erhobene Gebühr nicht zahlen wollte. Die Frau muss nach dem Urteil den ihrer Wohnung zugrundeliegenden Rundfunkbeitrag trotzdem zahlen. (Az: 7 BV 22.2642)

Mangelnde Ausgewogenheit kein Grund für „Gebühren“-Verweigerung

Mit dieser am Dienstag veröffentlichten Entscheidung bestätigte der bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) die vorherige Entscheidung des Münchner Verwaltungsgerichts. Der BayVGH wies somit die Berufung zurück und begründete dies damit, dass der Rundfunkbeitrag ausschließlich als Gegenleistung für die Möglichkeit des Rundfunkempfangs erhoben werde. Der Rundfunkbeitrag muss auch gezahlt werden von denen, die das Angebot der Öffentlich-Rechtlichen für unausgewogen halten.

Bemängelung der Qualität oder der Vielfalt der öffentlich-rechtlichen Programminhalte könnten die Erhebung des Rundfunkbeitrags nicht infrage stellen. Eine Revision zum Bundesverwaltungsgericht ließ das Gericht nicht zu. Gegen das Urteil kann die Klägerin innerhalb eines Monats Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht einlegen.

Ziel des Rundfunkbeitrags sei es, so die Erklärung des Verwaltungsgerichts, eine staatsferne bedarfsgerechte Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sicherzustellen. Die im Grundgesetzt garantierte Programmfreiheit setze die institutionelle Unabhängigkeit der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten voraus. Die Kontrolle, ob diese die verfassungsmäßigen Vorgaben erfüllen, obliege deren plural besetzten Aufsichtsgremien. Den Beitragspflichtigen stünden für die Kritik an Programminhalten die Eingabe- und Beschwerdemöglichkeiten zu den gesetzlich vorgesehenen Stellen der Rundfunkanstalten offen.

Das Gericht erkannte somit eine allgemeine Unzufriedenheit über das Programmangebot der öffentlich-rechtlichen Sender nicht als Grund an, den Rundfunkbeitrag nicht zahlen zu müssen. Jeder Haushalt ist verpflichtet dazu, monatlich 18,36 Euro zur Finanzierung der Programme zu bezahlen.

Zwei Drittel der Deutschen finden Höhe der Gebühren unangemessen

Damit sind immer weniger Menschen in Deutschland einverstanden. Das ergab eine aktuelle, repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey: Über zwei Drittel der Befragten empfinden die Höhe der zwangsweise erhobenen Gebühren unangemessen.

Auf die Frage, ob man die aktuelle Höhe der GEZ-Gebühr angemessen finde, stimmte nur jeder Vierte zu. 68 Prozent antworteten hingegen mit „Nein“, sieben Prozent waren unentschlossen.

Bei den Ergebnissen gab es ein klares Gefälle nach Partei-Präferenzen, wobei Grünen-Wähler mit 42 Prozent noch am meisten Verständnis für den Rundfunkbeitrag angab, gefolgt von der SPD mit 39 Prozent. Bei den Wählern von FDP, CDU und AfD zeichnet sich eine klarere Ablehnung der Beitragshöhe ab: Hier lagen die CDU-Wähler bei 75 Prozent, FDP-Wähler sind mit 78 Prozent knapp drüber, bei den Wählern der AfD sind es sogar 94 Prozent. Nur vier Prozent der AfD-Wählerschaft finden das Ausmaß des Rundfunkbeitrags angemessen. Das ergab die von „Business Insider“ in Auftrag gegebene Umfrage, an der 5004 Menschen teilnahmen.

Gebührenrekord bei ÖR-Sendern und über 3 Millionen Nichtzahler in Deutschland

Dabei erleben die Öffentlich-Rechtlichen gerade ein finanzielles Allzeithoch. So viel Geld wie 2022 ist noch nie zuvor geflossen. Fast 8,6 Milliarden Euro nahmen die Öffentlich-Rechtlichen über den Rundfunkbeitrag ein, während ARD-Chef Kai Gniffke im Juni ankündigte, „um eine weitere Beitragserhöhung kämpfen“ zu wollen. Dem entgegen kämpfen immer mehr Menschen dafür, genau diese Gebühr nicht mehr zu bezahlen: Ende 2022 waren deutschlandweit sieben Prozent „in Verzug“, bezahlten also zu wenig oder keine Zwangsgebühren. Das sind gut 3,2 Millionen Deutsche. Bei rund einer Million Bürgern tauchte daraufhin der Gerichtsvollzieher auf.

Gesetzesänderung: Gerichtsvollzieher nicht mehr legitimiert?

Genau dort setzt der Ansatz der Initiative „Beitragsblocker“ an. Die Rechtsanwältin Karolin Ahrens hat hier nach eigener Aussage zusammen mit weiteren Experten eine rechtlich wohldurchdachte Lösung entwickelt, mit der keine Rundfunkbeiträge mehr von einem Gerichtsvollzieher durchgesetzt werden können. Dabei wird nicht die Tatsache angegriffen, dass Beitrage erhoben werden, sondern das Eintreiben der Beiträge, also die Vollstreckung derselben, unter die juristische Lupe genommen. Auf der Beitragsblocker-Website steht dazu:

„Gerichtsvollzieher können seit einer Gesetzesänderung nicht mehr legal Forderungen des Beitragsservices – so nennt sich die GEZ heute – eintreiben. Seit der Abschaffung der Gerichtsvollzieherregelung sind Gerichtsvollzieher keine Beamten mehr und sie dürfen keine hoheitlichen Aufgaben mehr wahrnehmen. Damit kann der Rundfunkbeitrag zwar weiterhin festgesetzt, aber nicht mehr wirksam vollstreckt werden.“

Nicht die Rechtslage, sondern die Gerichte sind das Problem

Wer mit beitragsblocker.de aus dem Gebührensystem aussteigen möchte, muss aber selber erst Mal zahlen. Das Portal berechnet 55,08 Euro für den Erhalt von anwaltlich erarbeiteten Schreiben, um sich „in drei Schriftsatz-Wellen wirksam zu befreien“. Weitere Kosten, auch bei juristischen Rückfragen, so steht es auf der Website, würden nicht mehr entstehen. „Falls in Einzelfällen eine dritte Welle notwendig wird, stellt beitragsblocker.de zusätzlich die nötige anwaltliche Unterstützung bereit. Damit wird ein wohlüberlegtes, juristisches Vorgehen ermöglicht, um das erklärte Ziel zu erreichen: Keine Zwangsgebühren mehr für Inhalte zu bezahlen, die man nicht mehr haben möchte.“

Die Rechtsanwältin fügt noch im „Auf1“-Interview hinzu, dass sie Erfolge durchaus als realistisch einschätze, „sonst hätten wir uns nicht diese Aufgabe vorgenommen“. Als Juristin gucke sie natürlich ausschließlich aus diesem Blickwinkel, „und da wundert es mich nach der Prüfung insbesondere, dass es sich überhaupt schon so lange hält, weil es eigentlich von der Festsetzung bis hin zur Vollstreckung eigentlich überall rechtsfehlerhaft ist“.

Neben der Gesetzesänderung, die dazu führe, dass der Rechtsvollzieher nicht mehr vollstrecken darf, nicht mehr hoheitlich tätig werden darf, hätten sie „alles durchgeprüft, angefangen von der Festsetzung, von der Zustellung, dann die formellen Fehler, die materiellen Fehler, und da kommen wir (…) zu dem Ergebnis, dass kein Gebiet rechtsfehlerfrei ist.“ Das große Problem, was sich auch in der Corona-Krise gezeigt habe, seien aber vor allen Dingen „die Gerichte, die das legitimieren, obwohl es die Rechtslage gar nicht mehr hergibt“.



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