Rundfunkbeitrag soll wieder steigen: Woher die Empfehlung kommt und wer sie finanziert

Erneute Erhöhung der Zwangsgebühr: Der vorläufigen Empfehlung der zuständigen Expertenkommission zufolge soll die monatliche Rundfunkgebühr ab dem übernächsten Jahr um 58 Cent auf einen monatlichen Betrag von 18,94 Euro steigen. Doch woher kommt die Empfehlung zur Erhöhung? Lesen Sie hier die zu wenig bekannten Hintergründe.
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Es soll wieder aufwärts gehen für die Rundfunkgebühr.Foto: Arno Burgi/Illustration/dpa
Von 22. November 2023

Die kürzlich bekannt gewordene erste Empfehlung der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF) für eine Erhöhung der Rundfunkabgabe für den öffentlichen-rechtlichen Rundfunk sieht eine Erhöhung um 58 Cent pro Monat vor. Diese Erhöhung soll ab 2025 für vier Jahre gelten.

Staatsferne der Entscheidungskommission über Gebührenhöhe

Die Kosten der KEF und ihrer Geschäftsstelle werden auch aus dem Rundfunkbeitrag, über dessen Höhe sie letztlich entscheiden, finanziert. Auch wenn das eine strukturelle Gemeinsamkeit mit den Öffentlich-Rechtlichen ist, mag jetzt noch nicht unbedingt aussagekräftig in Bezug darauf sein, ob die KEF jetzt auch wirklich unabhängige Entscheidungen trifft. Beim genaueren Hinsehen zeigt sich, dass auch die KEF ihre Skandale ganz im Stile der Öffentlich-Rechtlichen hat, auch wenn diese nicht so sehr mediale Aufmerksamkeit erlangen, wie die Affären von Schlesinger und Co. 

Beispiel: Die saarländische Landesregierung hat den CDU-Politiker Ulli Meyer in die KEF berufen. Somit vertritt Meyer in der Kommission ein Bundesland, dessen Landesregierung er bis vor einem Jahr noch angehörte und für die er jahrelang gearbeitet hat. Auch als Kritik aufkam, sah die Landesregierung darin keinen Interessenkonflikt oder gar die Unterwanderung der „Unabhängigkeit“ oder „Staatsferne“ der KEF.

Das weitere KEF-Mitglied Ralf Seibicke schrieb für 60.000 Euro drei durch Zwangsgebühren finanzierte Gutachten für den MDR, während er zugleich in führender Position in der Gebührenkommission saß. Eine diesbezügliche Klage wurde abgewiesen, der ehemalige Chef des Rechnungshofes durfte am Ende sein komplettes Ruhegehalt behalten.

So viel bringt der „Beitragsservice“ ein

Was die Durchsetzung des Rundfunkbeitrags im Jahr 2022 angeht, teilte der „Beitragsservice“ mit, habe man im vergangenen Jahr 19,5 Millionen Maßnahmen im sogenannten „Forderungsmanagement“ vorgenommen – ein moderner Begriff für das Eintreiben offener Rechnungen.

Die Zahl der Beitragskonten hat der „Beitragsservice“ für das Jahr 2022 mit 46 Millionen angegeben. Per Rundfunkbeitrag für die öffentlich-rechtlichen TV-Sender und das Deutschlandradio kommen so beachtliche Summen zusammen: Im Jahr 2021 allein 8,42 Milliarden Euro, im Jahr 2022 wurde sogar ein Allzeithoch von rund 8,57 Milliarden Euro eingetrieben. Die Einnahmen sind von Jahr zu Jahr kontinuierlich gestiegen. Zum Vergleich lagen sie im Jahr 2017 noch bei 7,97 Milliarden Euro.

Bis zur letzten Instanz durchfinanziert aus Gebühren

Auch der „Beitragsservice“ – also der Service rund um die Beitragszahlungen – finanziert sich aus den zwangsweise erhobenen Gebühren und lag im Jahr 2022 bei einem Budget von 178,1 Millionen Euro. Allein das Gehalt des Geschäftsführers des „Beitragsservice“, Michael Krüßel, liegt bei 203.818,86 Euro plus Altersversorgung sowie Dienstwagen mit privater Nutzung.

Noch bekannter geworden ist der Rundfunk Berlin-Brandenburg mit einem vormals ungeahnten Ausmaß an Verschwendung, Ausgaben-Intransparenz und Selbstbedienungsmentalität. Dessen Ex-Intendantin Patrizia Schlesinger und ihre Kollegen erlaubten sich unter anderem Massagesitze im Luxus-Dienstwagen, vetternwirtschaftliche Gebührenumverteilung sowie sich selbst zugestandene Zusatzvergütungen zum bereits exorbitanten Gehalt.

ÖRR-Senderchefs fordern stärkere Erhöhung

Die öffentlich-rechtlichen Sender führen in ihren Anträgen für die Erhöhung unter anderem die Inflation und damit verbundene höhere Kosten ins Feld.

Bis zur neuen Entscheidung über die Erhöhung gelten weiter die bisherigen 18,36 Euro, für deren Festsetzung im August 2021 sogar eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts notwendig war. Das Land Sachsen-Anhalt schlug damals quer und hatte zuvor eine Unterzeichnung eines Staatsvertrages zur Beitragshöhe abgelehnt.

Jetzt beabsichtigt die Kommission, Anfang 2024 eine endgültige Empfehlung an die Bundesländer abzugeben. Die Länder sind anschließend aufgefordert, sich eng an dieser KEF-Empfehlung zu orientieren. Die Beitragshöhe muss von allen Ländern einstimmig abgesegnet werden.

Seit 2013 (unter Angela Merkel verabschiedet) muss jeder Haushalt die Zwangsgebühr bezahlen, auch wenn er weder Fernseher noch Radio besitzt.

Wenn es nach den Intendanten der öffentlich-rechtlichen Anstalten gegangen wäre, hätte der Zwangsbeitrag auf bis zu 25 Euro steigen sollen – um etwa ein Drittel also. Die Finanzierungskommission KEF bleibt mit ihrer jetzigen Empfehlung damit unter dem von den Senderchefs für das Programm von ARD, ZDF und Deutschlandradio angemeldeten Finanzbedarf.

Die Frage, wie unabhängig die KEF mit ihrem 16-köpfigen Gremium ist, die über die Gebührenhöhe und damit über deren Budget bzw. Finanzierung entscheidet, kann durchaus zur Disposition gestellt werden:

Mehrheit der Deutschen lehnt Erhöhung ab

Wenn Anfang 2024 diese KEF-Empfehlung zur Erhöhung des Rundfunkbeitrags ausgesprochen werden wird, steht jetzt schon ein Konflikt im Raum: Denn die Ministerpräsidenten mehrerer Länder haben bereits im Vorfeld klargemacht, dass sie eine Erhöhung nicht mittragen werden, weil sie dafür keine Akzeptanz in der Bevölkerung sehen. Wenn diese Länder ihre Ablehnung der Erhöhung amtlich machen sollten, wird der Streit voraussichtlich vor dem Bundesverfassungsgericht landen.

In die Entscheidung der KEF einbezogen zu werden, schaffen es die Stimmen all jener nicht, die zwangsweise verpflichtet werden, mittels Gebühren für die öffentlich-rechtlichen Medien zu zahlen. Nach einer Umfrage der „Bild“ vom Juni 2023 lag die Anzahl der Neinsager zu einer Erhöhung der Rundfunkgebühr bei 78 Prozent. Das ist erneut eine Steigerung zum Vorjahr, noch vor einem Jahr ermittelte „Business Insider“ bei einer repräsentativen Umfrage 68 Prozent in dieser Frage.

Laut „Bild“-Erhebung sind nur sieben Prozent der Deutschen überhaupt gewillt, den aktuellen Betrag von 18,36 Euro auch weiterhin zu bezahlen. Dagegen hält jeder Dritte maximal zehn Euro im Monat für angemessen und 35 Prozent der Befragten würden dagegen am liebsten gar keine Gebühren mehr zahlen. Der Umfrage nach schätzt die deutliche Mehrheit der Deutschen die Rundfunkgebühr als zu hoch ein.

„ARD und ZDF müssen nicht neutral sein“

Von den Beiträgen hinüber zur Unabhängigkeit der Berichterstattung: Auch hier wird die Kritik zunehmend lauter und ist längst im sogenannten Mainstream angekommen. So fragte der „Focus“ schon 2021: „Wie nah sind ARD und ZDF den Grünen wirklich?“

Wie reagieren die Öffentlich-Rechtlichen selbst auf diese Kritik? Der Südwestrundfunk (SWR) fragte vor wenigen Tagen: „Müssen ARD und ZDF ‚neutral‘  sein?“ Und beantwortete die Frage selbst: „Es wird manche überraschen, aber das steht so nirgends.“

Der SWR geht so weit, seinen Kritikern den Ursprung des Wortes „neutral“ zu erklären:

„Liest man sich aber die juristischen Grundlagen für die Berichterstattung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk durch, dann taucht das Wort ‚neutral‘ gar nicht auf. Aus guten Gründen, weil das Wort ‚neutral‘ auch ein wenig nebulös ist. Es kommt ja aus dem Lateinischen ‚Ne utrum‘, zu Deutsch: ‚keins von beidem‘.“

Weiter heißt es: „Darüber kann man lang philosophieren, muss man aber in dem Fall gar nicht, weil die Staatsverträge und Gesetze, die den Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks definieren, den Begriff ‚Neutralität‘ nicht verwenden.“



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