Rügener LNG-Pipeline vorerst auf Eis – Umweltschützer: „Das Kartenhaus bricht zusammen“
Eine Klage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) samt Eilantrag führte nun dazu, dass der Gasnetzbetreiber GASCADE seine Arbeiten im Zusammenhang mit dem Rügener LNG-Terminal im Greifswalder Bodden vorläufig einstellte.
Nach Informationen des Bundesverwaltungsgerichts kam es bei dem Fall noch zu keiner Entscheidung, wie ntv berichtet. Der Eilantrag der DUH gegen eine Ausnahmegenehmigung vom Bergamt Stralsund sei erst am Dienstag, 9. Januar, eingegangen. Am Donnerstag habe das Gericht die Beteiligten gebeten, mit den Bauarbeiten „erstmal zu warten“, bis eine Einigung zustande kommt. Laut einer Sprecherin ist dies eine übliche Verfahrensweise bei Eilverfahren.
Wächst die ökologische Belastung?
Der gerichtlich angewiesene Baustopp betrifft etwa die Bauarbeiten an der Anschlusspipeline für das LNG-Terminal. Wie aus einer Pressemitteilung der DUH hervorgeht, wollte GASCADE an mehreren Unterwasserbaustellen die Pipeline mit Sediment und Steinen abdecken.
Für den Zeitraum von Januar bis Mai gilt wegen der Laichzeit des Herings sowie der Vogelrastzeit jedoch normalerweise ein Bauverbot. GASCADE hatte deshalb im Vorfeld beim Bergamt Stralsund eine Ausnahmeregelung beantragt und erhalten. Die DUH ging deswegen vor dem Bundesverwaltungsgericht mit einem Eilantrag vor.
Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH, zeigte sich zufrieden mit der Entscheidung des Gerichts. „Der vorläufige Baustopp ist ein Etappensieg für Natur- und Klimaschutz. Die gewonnene Zeit muss nun genutzt werden, das Projekt grundsätzlich zu überdenken.“ Weiter sagte er laut dem „Umwelt+Energie-Report“:
Das Kartenhaus bricht zusammen: Das LNG-Terminal Rügen kann in diesem Winter nicht fertiggestellt werden.“
Demnach sei nach Ansicht von Müller-Kraenner klar, dass das LNG-Terminal Rügen keinen Beitrag zur Versorgungssicherheit leistet. „Dagegen wächst die ökologische Belastung aus dem Projekt stetig. Wir fordern die Bundes- und Landesregierung auf, dieses unnötige LNG-Terminal endlich abzusagen.“
DUH will „weitere Überkapazitäten stoppen“
Die von GASCADE geplanten Bauarbeiten hätten umfangreichen Schiffsverkehr sowie Schütt- und Baggerarbeiten mit einer erheblichen Trübung des Wassers bedeutet, so die DUH. Und dies in dem Bereich, den der Ostseehering für die Einwanderung in sein wichtigstes Laichgebiet im Greifswalder Bodden durchqueren muss.
Unterstützung erhielt die DUH vom bundeseigenen Thünen-Institut für Ostseefischerei. Laut diesem kann allein ein Baustopp negative Auswirkungen auf das Laichgeschehen des Herings ausschließen. GASCADE hatte bereits vor einigen Tagen mit den Bauarbeiten begonnen.
Constantin Zerger, Leiter für Energie und Klimaschutz der DUH, forderte vor allem, dass die Bundesregierung in der Energieversorgung das richtige Maß halten soll. Denn die deutschen Gasspeicher seien derzeit gut gefüllt und das erste LNG-Terminal an der Nordsee bereits in Betrieb. „Die Planung weiterer Überkapazitäten muss gestoppt und weitere LNG-Projekte abgesagt werden. Dies gilt an erster Stelle für das unsinnige Projekt auf Rügen.“ Daher wolle die DUH auch bei zusätzlichen LNG-Projekten die rechtlichen Mittel ausschöpfen, sofern die Bundesregierung ihre Pläne nicht anpasst.
Sassnitz lehnt Bürgerbegehren ab
In den vergangenen Monaten haben auch viele Bürger der Stadt Sassnitz auf Rügen immer wieder verlangt, beim LNG-Terminalbau Mitspracherecht zu haben. Nun entschied eine knappe Mehrheit der Stadtvertreter bei einer Sondersitzung am Donnerstag, 11. Januar, dass ein Bürgerbegehren unzulässig sei, wie der NDR berichtete. Sie bemängelten nach mehrmonatiger Prüfung, dass die Fragestellung manipulativ sei und dass die Nachteile für Tourismus und Natur nicht ausreichend belegt seien.
Norbert Dahms, der Initiator des Bürgerbegehrens, sagte am 8. Januar der „Berliner Zeitung“. „Seit Monaten wird die Messlatte immer höher gelegt. Es muss einem einfachen Bürger doch möglich sein, einen Antrag einzubringen, ohne immer neue Schikanen.“
Wenn ohne unsere Zustimmung gebaut wird, werden wir faktisch enteignet. So, wie die Stadt sich bisher verhalten hat, wird die Kommunalverfassung ausgehebelt. Wir bewegen uns in Richtung Diktatur.“
Die Initiatoren wollten per Entscheid erreichen, dass Stadt Sassnitz als Eigentümerin des Fährhafens keine Geschäfte abschließt, die das Ziel der Errichtung und des Betriebes von LNG-Infrastruktur auf dem Betriebsgelände verfolgen.
Baldige Fertigstellung des Terminals scheint unrealistisch
Der Ablauf des LNG-Projekts Mukran hat sich bereits stark verzögert, auch wegen des Jahrhundertsturms an der Ostsee im Oktober. Dieser hatte laut „Wallstreet Online“ zu Verzögerungen bei den Bauarbeiten an der Anbindungsleitung geführt. Diese rund 50 Kilometer lange Leitung verbindet den Gasleitungsknotenpunkt in Lubmin auf dem Festland mit dem geplanten Terminal in Mukran auf Rügen.
Die ursprüngliche Genehmigung erlaubte nur Bauarbeiten auf dem ersten Abschnitt in und vor dem Greifswalder Bodden bis Ende 2023. Die Leitung ist bisher nicht fertiggestellt, ebenso wie die Baggerarbeiten zur Vertiefung des Hafens und der äußeren Hafeneinfahrt. Ebenso sind die landseitigen Anlagen im Hafen noch in Arbeit.
Zudem steht laut Bergamt noch aus, den Oberboden am Meeresgrund in zwei Bereichen von insgesamt 3,3 Kilometern Länge sowie der Steinbedeckung in einem Bereich von etwa 3,5 Kilometer Länge wiederherzustellen.
Die DUH hatte am 20. Dezember 2023 Drohnenaufnahmen veröffentlicht, die möglicherweise nicht genehmigte Arbeiten im Hafen zeigen. Eine Realisierung des Projektes noch in diesem Winter hält die Umwelthilfe kaum für möglich. Neben der DUH haben in den vergangenen Monaten auch Greenpeace und der NABU gegen das LNG-Terminal auf Rügen demonstriert. Auch der WWF Deutschland zeigte sich auf X/Twitter erfreut.
Eine gute Nachricht zum Start ins Wochenende:
Ein Gericht hat die Bauarbeiten an der Anschlusspipeline für das #LNG-Terminal #Rügen vorläufig gestoppt!
Dank geht raus an die @Umwelthilfe für diesen Etappensieg für Umwelt- und Klimaschutz 🎉https://t.co/398h81HimQ
— WWF Deutschland (@WWF_Deutschland) January 12, 2024
Von der Bundesregierung gab es noch keine Reaktion auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Wirtschaftsminister Habeck (Grüne) hatten sich mehrfach für das Projekt ausgesprochen. Unter Verweis auf die Versorgungssicherheit treiben sie das Vorhaben einer Anlandestelle für zwei LNG-Terminalschiffe sowie deren Anbindung per Pipeline an das Gasfernleitungsnetz in Lubmin entschieden voran. Mittelfristig soll über die Anlage sogenannter grüner Wasserstoff importiert werden.
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