Rückschlag für Merz: Grüne wollen schnelle Grundgesetzänderung zur Schuldenbremse stoppen

Die geplante Aufweichung der Schuldenbremse für Rüstungs- und Infrastrukturprojekte steht vor dem Aus. Friedrich Merz wollte die Grundgesetzänderung noch mit dem alten Bundestag beschließen – doch die Grünen lehnen das Vorhaben ab. Damit droht das Schuldenpaket zu scheitern. Generalsekretär Linnemann will noch einmal Gespräche führen.
Die Grünen machen Druck auf Union und SPD.
Die Grünen machen Druck auf Union und SPD.Foto: Michael Kappeler/dpa
Von 10. März 2025

Am Montag, 10.3., haben Partei- und Fraktionsspitzen der Grünen dem CDU-Chef Friedrich Merz eine Absage erteilt. Das macht das Zustandekommen der dafür erforderlichen Zwei-Drittel-Mehrheit deutlich unwahrscheinlicher.

Der Plan von Union und SPD, die derzeit über die Bildung einer Regierungskoalition verhandeln, war, den Änderungsantrag am 13. März in den Bundestag einzubringen. Am 18. März solle das Parlament in seiner alten Besetzung darüber abstimmen. Für beide Tage ist eine Sondersitzung anberaumt. Es geht unter anderem um eine Lockerung der Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben und ein Sondervermögen von 500 Milliarden Euro für die Infrastruktur.

Union braucht Grüne oder FDP für Grundgesetzänderung

Aus Sicht von Union und SPD erscheint es als taktisch sinnvoll, eine Entscheidung über die geplante Änderung der Schuldenregel noch vor Konstituierung des 21. Bundestages zu suchen. Dort kommen die wahrscheinlichen künftigen Koalitionsparteien zusammen mit Grünen oder FDP jeweils auf mehr als zwei Drittel der Stimmen.

Im neuen Bundestag wird die FDP nicht mehr vertreten sein, und für Grundgesetzänderungen reichen CDU/CSU und Sozialdemokraten Leihstimmen der Grünen nicht aus. Es müssten auch Abgeordnete aus der AfD oder der Linksfraktion diese mittragen. Um diesem Szenario zu entgehen, drängte Merz auf eine Entscheidung durch den im Dezember aufgelösten 20. Bundestag.

AfD und Linksfraktion hatten angekündigt, das geplante Vorgehen überprüfen lassen zu wollen. Sie zitieren verfassungsrechtliche Bedenken dahingehend, dass ein aufgelöster Bundestag in letzter Minute dem neu gewählten durch weitreichende Bindungen den haushaltspolitischen Spielraum einenge.

Paketabstimmung über Schuldenregel schafft „Alles oder nichts“-Situation

Verfassungsrechtsexperten wie Volker Boehme-Neßler von der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg sehen darin eine Verletzung des Demokratieprinzips nach Artikel 20 GG. Demgegenüber hat der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, keine Bedenken gegen das Vorhaben. Er verweist auf Artikel 39, aus dem deutlich werde, dass der alte Bundestag bis zur Konstituierung des neuen noch vollständig handlungsfähig sei.

Aus prozesstechnischen Gründen wollen Union und SPD die geplanten Änderungen zur Schuldenregel in einem einzigen Gesetzesantrag zur Änderung des Grundgesetzes zusammenfassen. Es wäre deshalb nicht möglich, für Einzelaspekte getrennte Zwei-Drittel-Mehrheiten zu suchen.

Das macht eine Zustimmung vonseiten der FDP wenig wahrscheinlich. Sie stünde zwar hinter den Änderungen zur Finanzierung der Rüstungsvorhaben. Allerdings hatte sie eine Aufweichung der Schuldenbremse durch die Bildung kreditfinanzierter Sondervermögen stets abgelehnt. Neben dem Bundestag muss auch der Bundesrat der Grundgesetzänderung mit Zwei-Drittel-Mehrheit zustimmen.

Dröge: Union und SPD wollen Wahlgeschenke statt Infrastruktur finanzieren

Die Grünen haben nun am Montag erklärt, den Grundgesetzänderungen nicht zustimmen zu wollen. Stattdessen hat die Vorsitzende der Bundestagsfraktion, Katharina Dröge, auf eine grundlegende Reform der Schuldenregel im neuen Bundestag gedrängt. Es gehe der Partei um eine „nachhaltige Reform“, nicht um die Finanzierung von „Wahlgeschenken“.

Die Partei nahm unter anderem Anstoß am Sondierungspapier von Union und SPD, das am Samstag vorgestellt wurde. Darin ist unter anderem von Steuerentlastungen die Rede, von einer Erhöhung der Pendlerpauschale und einer weiteren Förderung von Agrardiesel. Die Grünen hatten sich in der Ampel gegen eine höhere Pendlerpauschale gesperrt und die Agrardiesel-Förderung abgeschafft.

Dröge warf den beiden Traditionsparteien vor, das Sondervermögen nicht für die Infrastruktur, sondern für die Finanzierung dieser Vorhaben nutzen zu wollen. Zudem sei in dem Paket zu wenig vom Klimaschutz die Rede. Inwieweit auch Kritik von CSU-Chef Markus Söder an den Grünen am Politischen Aschermittwoch oder die anfängliche Weigerung von Friedrich Merz, sich mit ihnen zu verständigen, zum Nein der Grünen beigetragen hat, ist ungewiss.

Grüne fühlen sich von Merz vor vollendete Tatsachen gestellt

Nun möchte CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann retten, was zu retten ist. In einer Pressekonferenz am Montag kündigte er an, mit den Grünen „heute noch“ Gespräche zu führen. Diese müssten in einem „konstruktiven Klima“ erfolgen. Betrachte er die Vorschläge der Grünen, gehe er auch von einem solchen aus. Mit der FDP wolle man ebenfalls reden. Mit der Linken, deren Stimmen im alten Bundestag wenig entscheidend für eine Zwei-Drittel-Mehrheit sind, seien keine Gespräche geplant.

Dröge erklärte, sie halte eine generelle Reform der Schuldenbremse im neuen Bundestag für sinnvoll. Auch die Linke habe ihre Zustimmung zu einem solchen Vorgehen signalisiert. Sie machte jedoch auch deutlich, dass ihre Partei „auch zu schnelleren Entscheidungen bereit“ sei.

Die Co-Vorsitzende Britta Haßelmann und Parteichef Felix Banaszak wiederum warfen CDU-Chef Merz vor, die Grünen vor vollendete Tatsachen stellen zu wollen. Merz, so Haßelmann, habe erklärt, er wolle das Paket unverändert in den Bundestag einbringen. Die Grünen brauchten „keine Belehrung“ hinsichtlich ihrer Verantwortung. Banaszak wiederum äußerte:

Wir stehen nicht zur Verfügung für einen politischen Stil, der wiederholt darauf setzt, gemeinsam etwas zu vereinbaren, es im Nachgang denen vorzulegen, die man braucht, um es umzusetzen und dann zu sagen, die Grünen müssen ja am Ende sowieso zustimmen.“



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