Roth kritisiert „fatale Abhängigkeit“ der EU von Erdogan
Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth (Grüne) wirft der Europäischen Union (EU) vor, sich in der Flüchtlingskrise dem Diktat des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan zu unterwerfen: „Die EU hat sich in eine fatale Abhängigkeit von Präsident Erdogan begeben und ist nun in der Hand dieses Autokraten“, sagte Roth im Interview der „Welt“. „Weil die EU um jeden Preis den Flüchtlingszuzug aus der Türkei eindämmen will, geht es ihr überhaupt nicht mehr darum, in der Türkei Rechtsstaatlichkeit einzufordern. Die EU ist erpressbar geworden“, kritisierte die Grünen-Politikerin.
„Wenn aus innenpolitischem Interesse heraus Außenpolitik gemacht wird, geraten Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit ins Hintertreffen.“ Roth zeigte sich besorgt, dass der Kurden-Konflikt in der Türkei nach Deutschland herüberschwappen könnte. Erdogan erhöhe massiv den Druck auf Oppositionelle und auf Minderheiten in der Türkei und führe einen brutalen Krieg gegen die Kurden im Südosten. „Dazu kommt von der EU keine hörbare Kritik“, bemängelte Roth. „Auch mache ich mir Sorgen, dass der Kurden-Konflikt aus der Türkei wieder nach Deutschland hineingetragen wird. Ich kann mich noch gut an die 1990er-Jahre erinnern, als sich kurdische Frauen bei uns auf den Autobahnen verbrannt haben“, sagte die frühere Grünen-Parteichefin. „In Hannover, Berlin und Hamburg leben die alten Konflikte zwischen Kurden und Türken vereinzelt schon wieder auf. Deshalb dürfen wir nicht die Augen davor verschließen, was in der Türkei passiert.“ Auf dem EU-Türkei-Gipfel am Montag müsse mehr Geld für eine bessere Versorgung der Flüchtlinge in der Türkei und in der gesamten Region bereitgestellt werden, forderte die Bundestagsvizepräsidentin. Erdogans Beteiligung an der Eskalation im Syrien-Konflikt müsse ebenso angesprochen werden wie die Menschenrechtslage in der Türkei. „Aber es muss auch ein klares Signal für die Aufnahme von Geflüchteten in ganz Europa geben“, verlangte Roth. Die Grenzschließungen entlang der Balkan-Route widersprächen sowohl EU-Recht als auch der Genfer Flüchtlingskonvention und der europäischen Menschenrechtskonvention. „Mit den Grenzschließungen gibt Europa seine Seele auf“, kritisierte Roth. „Ein Europa der Vaterländer wäre das Ende der Gemeinschaft.“ Europa müsse zu einer gemeinsamen humanitären Schutzverantwortung zurückkehren.
(dts Nachrichtenagentur)
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion