Rostock erinnert an ausländerfeindliche Ausschreitungen vor 25 Jahren
In Rostock ist an die ausländerfeindlichen Ausschreitungen vor 25 Jahren erinnert worden.
Die „schrecklichen Ereignisse“ vom August 1992 im sogenannten Sonnenblumenhaus „mahnen und verpflichten uns bis heute auf besondere Weise“, sagte Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) laut Redetext am Dienstag bei einer Gedenkveranstaltung in der Marienkirche. Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl und die Linkspartei forderten ein Bleiberecht für die Opfer rassistischer Gewalt.
Am Abend des 22. Augusts 1992 hatte vor der überfüllten zentralen Aufnahmestelle für Asylbewerber in Rostock-Lichtenhagen ein Pogrom begonnen. Ein Mob von Randalierern und Rechtsextremen attackierte tagelang den elfgeschossigen Plattenbau, der als Erstaufnahme und Unterkunft für vietnamesische Arbeiter diente, mit Steinen und Brandsätzen. Aus der Menge der Schaulustigen bekamen sie dafür immer wieder Applaus. Die Polizei war völlig überfordert. Die Ausschreitungen sorgten weltweit für Entsetzen.
Die „furchtbaren Bilder“ hätten die Wahrnehmung von Rostock und Mecklenburg-Vorpommern auf Jahre geprägt, erklärte Schwesig. „Der Schock, dass so etwas in unserem Land passieren konnte, hat uns alle lange begleitet.“ Es sei daher besonders wichtig, dass die Politik diejenigen unterstütze und stärke, die sich für Demokratie einsetzen.
Die vielen Anschläge auf Flüchtlingsunterkünfte in ganz Deutschland und die Aufmärsche von Pegida zeigten, wie wichtig dieses Engagement sei. „Ziel unseres Engagements muss es sein, die Menschen vor Ort zu erreichen, gerade auch junge Menschen, die sich abgehängt fühlen, die dann leicht empfänglich sind für radikale Ideologien“, betonte Schwesig.
Auch der Rechtsextremismusforscher David Begrich vom Verein „Miteinander“ sagte im Südwestrundfunk, die wichtigste Lehre von damals sei, die Zivilgesellschaft zu stärken. Demokratie und Rechtsstaat dürften keinen Schritt zurückweichen.
Der Vorsitzende des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, Romani Rose, betonte: „Das Rostocker Pogrom ist nicht vergessen.“ Er kritisierte im Rückblick nochmals das damalige Versagen des Rechtsstaats und die Kapitulation vor dem rechtsextremen Mob auf der Straße. All dies habe die Nazis gestärkt.
Rostock sei aber „ein bemerkenswertes Beispiel dafür, dass wir aus der Geschichte, auch aus der jüngsten Zeitgeschichte, lernen können“, erklärte Rose. Auch Sinti und Roma waren 1992 angegriffen worden.
Pro Asyl forderte Schutz und Sicherheit für die Opfer rassistischer Gewalt. Ein Bleiberecht wäre „ein starkes politisches Signal gegen rechte Gewalt“, erklärte die Menschenrechtsorganisation.
Überdies würden sie dadurch in die Lage versetzt, in Strafverfahren gegen die Täter mitzuwirken. Gerichtsprozesse gegen Gewalttäter scheiterten heute bisweilen daran, dass Opfer und Zeugen nicht aussagen könnten, weil sie abgeschoben wurden.
Ähnlich äußerte sich die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Ulla Jelpke. Opfer rassistischer Gewalt abzuschieben, „wäre ein fatales Signal für ein Zusammenwirken von Behörden und rechten Gewalttätern“, erklärte sie.
Noch bis Samstag wird in Rostock mit zahlreichen Veranstaltungen an die rassistischen Ausschreitungen vor 25 Jahren erinnert. In den kommenden Tagen werden auch an verschiedenen Orten der Stadt, etwa vor dem Polizeirevier und am „Sonnenblumenhaus“, Kunstprojekte aufgestellt. (afp)
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